notifications
Swiss League

Von Fehleinschätzungen um die Swiss League

"National League beerdigt Swiss League!", titelt der Blick am 3. November. Gibt es die Swiss League, wie wir sie kennen, wirklich nur noch diese Saison? Eine Auslegeordnung.
Bild: KEYSTONE/MARCEL BIERI

Dienstagabend, Kleinholzhalle Olten. Über 3600 Zuschauer kommen ans Derby Olten - Langenthal (4:2). Auch in Sierre, Visp und La Chaux-de-Fonds kommen 2000 Zuschauer. Die Spiele sind spannend. Im zweiten Drittel in Olten: ein Fan-Protest gegen die "Liga-Mafia", die schuld sei an der aktuellen, tristen Situation der Swiss League.

Die Fans machen es sich jedoch etwas gar einfach, die Schuld an allen Problemen der Ligaführung und vor allem der National League in die Schuhe zu schieben.

Ein Rückblick. Anfang Dezember 2020, ebenfalls in Olten. Fünf Monate nach der National League wagt die Swiss League ebenfalls den Alleingang. Sie löst sich vom Verband und gründet eine eigene Aktiengesellschaft. Die EVZ Academy ist in dieser neuen Swiss League nicht mehr erwünscht. Die Klubs wollen sich selbst vermarkten und hoffen, mehr Geld als die jährlich rund 380’000 Franken zu generieren, die sie aus der zentralen Vermarktung mit der National League erhalten haben.

Dieses Vorhaben scheitert indes grandios. Der Alleingang in der Vermarktung abseits von National League und Verband brachte nichts ein. Und: "Der Alleingang der Swiss League bei der Vergabe der TV-Rechte war eine Fehleinschätzung des TV-Marktes", sagt Denis Vaucher, der CEO der National League.

Schaden ist angerichtet

Mittlerweile wurden Fehler korrigiert. Die Swiss League kehrte unter das Dach des Verbandes SIHF zurück. Der Schaden ist aber angerichtet. Die EVZ Academy gibt es nicht mehr. Den meisten der zehn verbliebenen Klubs fehlen die Gelder aus der zentralen Vermarktung, die bis zu 20 Prozent des Budget ausmachten.

Winterthur will in den nächsten zwei Monaten entscheiden, ob es sich zurückzieht. Und mit Rückzug meinen die Winterthurer den Gang in die 1. Liga und nicht in die MyHockey-League, denn "die ist immer noch zu kostenintensiv", sagt Geschäftsführer Mario Antonelli. Wie es um die Biasca Ticino Rockets steht, weiss niemand. Der SC Langenthal teilte im Sommer mit, dass er "alle Optionen prüfe" (Präsident Gian Kämpf). Und mit allen Optionen meint der Meister von 2012, 2017 und 2019 den Rückzug des Profiteams und die Konzentration auf den Nachwuchs und die Frauen-NLA-Equipe.

Verband in der Pflicht

Aber: Die Swiss League muss überleben. Da sind sich alle einig. Am Verband liegt es nun, den Scherbenhaufen wegzuräumen und ein neues Konstrukt aufzustellen. Eine Taskforce wurde gebildet. Patrick Bloch, der CEO des Verbandes, soll mit Pascal Signer (Liga-Direktor Swiss League) und Vaucher (Liga-Chef National League) Lösungen und vor allem Geld finden. Das dringlichste Ziel für nächste Saison: wieder eine Meisterschaft mit mindestens zehn Teams. Ausserdem soll sich die Swiss League auch organisatorisch wieder der National League annähern. "Wir würden dafür Hand bieten", sagt Vaucher, "aber der Anstoss muss von der Swiss League kommen."

Die Swiss-League-Klubs hoffen nun auf Bloch. Er soll für die Liga wieder ruhige Gewässer finden. Blochs Ansätze sind klar: "Wichtig ist, dass wir das Schweizer Eishockey als Ganzes betrachten. Wir müssen interessante Spiele bieten, die vermarktet werden können. Wir müssen einen klaren Modus definieren für Auf- und Abstieg. Und wir müssen dafür sorgen, dass der Nachwuchs optimale Bedingungen vorfindet, um sich zu entwickeln und später auch international zu brillieren. Nur wenn wir gezielt in den Nachwuchs investieren, werden wir auch in Zukunft erfolgreich sein und über erfolgreiche Nationalteams verfügen. Nur so schaffen wir die Voraussetzung, auch die Swiss League erfolgreich zu vermarkten."

Derzeit laufen Abklärungen. National-League-Klubs wie die Rapperswil-Jona Lakers und der SC Bern machen sich für die Swiss League stark. Die MyHockey-League diskutiert am nächsten Wochenende anlässlich eines Workshops die neue Ausgangslage. Aus der "MHL" liebäugeln Chur, Martigny und Arosa mit der Swiss League.

Sprungbrett

Klar ist: Die Swiss League ist nicht tot. Es wird immer eine zweithöchste Liga geben. "Es geht weniger um die Frage, ob die Swiss League weiterbestehen soll, als vielmehr darum, wie sie weiterbesteht", sagt Bloch. "Wichtig ist, dass die Swiss League eine Profiliga bleibt. Innerhalb des Verbandes ist sie die höchste Liga und damit von zentraler Bedeutung. Sie ist ein wichtiges Entwicklungsgefäss für Spieler, Trainer und Schiedsrichter."

Wie wichtig die Liga ist, belegt der Blick zurück. Mit Kilian Mottet und Joel Genazzi schafften spätere Nationalspieler den Sprung in die National League erst nach dem Umweg über die Swiss League. Bei den Goalies ist es noch extremer: Leonardo Genoni, Reto Berra, Sandro Aeschlimann, Niklas Schlegel, Philipp Wüthrich und Melvin Nyffeler hatten die Swiss League als Sprungbrett genutzt. (sda)

Kommentare (0)