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WM in Finnland

Trotz Enttäuschung viel Positives

Das Schweizer Nationalteam hat an der WM in Finnland mit dem Scheitern im Viertelfinal gegen die USA (0:3) eine grosse Chance verpasst. Dennoch wäre es falsch, alles zu hinterfragen.
Bild: KEYSTONE/AP/Martin Meissner

Nach herrlichen Tagen mit viel Sonnenschein in Helsinki regnete es am Donnerstagmorgen. Zwar wurde das Wetter im Verlauf des Tages besser, aber die Analogie zu den Schweizer Auftritten passt. Das Team von Trainer Patrick Fischer wurde im Viertelfinal nach teilweise begeisternden Leistungen in der Gruppenphase, in der sämtliche sieben Partien gewonnen wurden, jäh aus den Medaillenträumen gerissen.

Fischer ist ein Trainer, der gross denkt. Er ist überzeugt, dass die Schweiz eines Tages Weltmeister wird. Seit dieser Saison lautet die offizielle Zielsetzung an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften Halbfinalqualifikation. Daran gilt es die Schweizer zu messen. Insofern ist die Bilanz eindeutig: zweimal nicht erfüllt.

Erstes Drittel wirft Fragen auf

Das Scheitern am Donnerstag im Viertelfinal macht umso bitterer, als die Ausgangslage mehr als vielversprechend war. Im Halbfinal wären die Schweizer als bestes Team der Vorrunde auf die alles andere als übermächtigen Tschechen getroffen. Als es jedoch darauf ankam - Fischer sagte vor dem Viertelfinal selber, dass das Turnier erst jetzt beginne - schöpften die Eisgenossen ihr enormes offensives Potenzial nicht aus. Die Leistung im ersten Drittel, in dem die Schweizer bloss vier Torschüsse verzeichneten, wirft Fragen auf.

Klar lief mit zwei kuriosen Gegentreffern in den ersten 17 Minuten alles gegen sie, kämpften sie danach aufopferungsvoll, am Ende zählt aber nur das Resultat. Fischer sagte danach in der Mixed Zone: "Das gibt es immer wieder. Es gibt viele Partien, in denen man drückt und der Puck einfach nicht ins Tor geht. Heute war eines dieser Spiele." Nationalmannschaftsdirektor Lars Weibel ergänzte: "Wir können uns nicht wahnsinnig viel vorwerfen. Wir hatten mehr Torchancen und blieben bis am Schluss aktiv."

Selber zu viel Druck gemacht?

Dass Eishockey unberechenbar ist, kleine Details entscheiden, ist ein Fakt und macht den Sport so interessant, allerdings besteht die Kunst darin, das Glück in entscheidenden Begegnungen auf seine Seite zu zwingen, und das gelang den Schweizern einmal mehr nicht. Es war das dritte bittere Scheitern in Serie in WM-Viertelfinals. 2019 fehlten gegen Kanada 0,4 Sekunden zum Einzug in die Halbfinals, 2021 gegen Deutschland 44 Sekunden. Gegen die USA nun war die Mannschaft im ersten Drittel nicht bereit. Weshalb muss analysiert werden. Wie schon im Jahr zuvor gegen die DEB-Auswahl traten die Schweizer als Favorit an. Setzten sich die Spieler deshalb zu viel Druck auf?

Eine grosse Chance wurde auch deshalb vergeben, weil die Konstellation gut war. Einerseits standen Fischer nicht weniger als sieben Akteure aus der besten Eishockey-Liga der Welt zur Verfügung, unter ihnen Nico Hischier und Timo Meier, die in der NHL-Qualifikation brillierten. Andererseits fehlten die wegen des Ukraine-Krieges ausgeschlossenen Russen, die regelmässig an Weltmeisterschaften zu den Top 4 gehören.

Positives Gesamtbild

Von den Teams aus der Schweizer Gruppe A ist einzig Kanada in der Weltrangliste vor der Fischer-Equipe (6.) klassiert, das darf, wenn die Vorrunde betrachtet wird, nicht ausser Acht gelassen werden. Nichtsdestotrotz wurden definitiv die richtigen Schlüsse gezogen nach der missglückten Olympia-Kampagne in Peking, die Mannschaft war nicht nur jünger, sondern auch extrem hungrig, das war zu spüren. Die Art und Weise, wie die Schweizer spielten, liess wenig zu wünschen übrig.

"Wir müssen das gesamte Bild anschauen und das ist positiv", sagt Weibel denn auch. "Wir haben nach Peking sicher die Hausaufgaben gemacht, sprachen die Schlüsselpunkte an. Wir trafen mutige Entscheide, nun müssen wir noch den Beweis antreten, auch wichtige Partien gewinnen zu können, das ist so."

Zum grossen Bild gehören die gemachten spielerischen Fortschritte unter Fischer. Die erfrischend agierenden Schweizer können mittlerweile jedem Gegner ihr Spiel aufdrücken, so verzeichneten sie in Helsinki in allen acht Partien mehr Torschüsse (total 281:156). Das sagt einiges aus, die Balance zwischen Offensive und Defensive stimmt. Zudem hat Fischer eine Atmosphäre geschafft, die dazu führt, dass die Spieler gerne kommen.

Nach wie vor am Wachsen

Positiv stimmt auch der junge Kern der Mannschaft, Captain Nico Hischier beispielsweise ist erst 23 Jahre alte. Der Schweizer Topskorer Denis Malgin 25, wie auch Meier und Jonas Siegenthaler. Janis Moser ist erst 21. Allerdings gibt zu denken, dass ab der nächsten Saison in der National League sechs Ausländer erlaubt sind. "Das ist definitiv der falsche Weg", sagt Weibel. Vielmehr wäre wichtig, dass unsere Talente früher mehr Verantwortung erhalten würden, "das sieht man bei anderen Nationen. Wir halten dagegen, wo wir können."

Stolz ist Weibel darauf, dass es gelungen ist, in den nächsten zwei Jahren als Ersatz für die Russen ein Teil der Euro Hockey Tour zu sein. Diese beinhaltet pro Saison vier Turniere mit den Top-Nationen Finnland, Schweden und Tschechien als Gegner. "Das wird uns enorm viel bringen, darüber freuen wir uns", so Weibel.

Von daher stimmen die Perspektiven durchaus, nun gilt es, den Killerinstinkt zu implementieren, dass dann die beste Leistung abgerufen wird, wenn es zählt. Das unterscheidet sehr gute von guten Mannschaften oder wie sich Weibel ausdrückt: "Wir sind als Nation nach wie vor am Wachsen." (sda)

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