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Rad Strasse, WM, Stefan Küng

Schon bald nach dem knapp verpassten WM-Titel im Zeitfahren spricht sich der "bitter enttäuschte" Stefan Küng wieder Mut zu. Zugleich blickt der Thurgauer mit Vorfreude auf das besondere Rad-Jahr 2024 voraus.

Um 2,95 Sekunden verpasste Stefan Küng im australischen Wollongong die Goldmedaille in seiner Spezialdisziplin. Gerade weil er um seinen guten Formstand wusste, er sich gänzlich auf das Zeitfahr-Regenbogentrikot fokussiert und auch wirklich daran geglaubt hatte, dass er an diesem Tag alle anderen Favoriten würde bezwingen können, war Küngs Frust unmittelbar nach dem Rennen trotz WM-Silber sehr gross. "Nicht schon wieder", ging es ihm nach dem knapp verpassten Gold-Coup durch den Kopf. Er habe doch alle Fahrer, die auf seinem Favoriten-Zettel gestanden hätten, geschlagen, so der 28-Jährige, "dann aber kommt einer (der Norweger Tobias Foss - Red.), den du nicht darauf hattest. Das macht es so frustrierend."

"Die Uhr lügt nicht"

Schnell reifte beim Ostschweizer auch die Erkenntnis, dass er wie beabsichtigt sehr mutig und offensiv gefahren ist und er sich "gar nichts" vorwerfen muss: "Ich habe alles gegeben." Das zeigten ihm auch seine Leistungswerte, die er nach dem Zeitfahren über 34,2 km umgehend konsultierte. Er sei zudem keineswegs eingebrochen, hält Küng fest, vielmehr seien halt "andere Fahrer am Schluss etwas stärker gewesen". Er gab allerdings zu, dass er schon überrascht gewesen sei, "wie viel ich von der letzten Zwischenzeit bis ins Ziel noch eingebüsst habe. Doch die Uhr lügt nicht. Der Schnellste hat gewonnen."

Noch am Tag der Enttäuschung ("Ich habe nicht Silber gewonnen, sondern Gold verloren.") nahm sich Küng vor, die "positiven Sachen" mitzunehmen. Eine solche sei das Wissen, "dass ich auf lange Sicht noch besser werde. Obwohl ich nicht mehr der Allerjüngste bin, habe ich mich bis jetzt noch jedes Jahr verbessert." Deshalb gebe er nicht auf, "bis ich es nicht wirklich mal geschafft habe". Küng sieht auch absolut keinen Grund, künftig weniger Zeit in seine Fähigkeiten als Zeitfahrer zu investieren. "Schliesslich bin ich eines der besten - wenn nicht das beste - Zeitfahren meiner Karriere gefahren. Es fehlten mir nur drei Sekunden zum Titel."

Als Fahrer diversifiziert

Der Thurgauer war nach seinem Übertritt zu den Profis vor allem in der Kategorie der Zeitfahrer eingeordnet worden. Dadurch sah er sich - keineswegs zu seiner Freude - früh direkten Vergleichen mit Fabian Cancellara ausgesetzt. Doch genau gleich wie der 2016 zurückgetretene Berner Zeitfahr-Olympiasieger und -Weltmeister ist auch Küng mehr als "nur" ein Spezialist in der Prüfung gegen die Uhr. Er hat als Fahrer stark "diversifiziert", wie er es selber formuliert. Dies zeigen seine Topleistungen im Frühjahr, mit unter anderem Rang 3 bei Paris-Roubaix und dem 5. Platz bei der Flandern-Rundfahrt. Und nicht unmöglich, dass ohne das Coronavirus, welches ihn ganz zum Ende der Tour de Suisse "erwischte", Küng nicht vielleicht sogar Gesamtsieger der diesjährigen Landesrundfahrt geworden wäre - als erster Schweizer seit 2009, als ein gewisser Fabian Cancellara triumphiert hatte.

Nach der ebenfalls durch Corona beeinträchtigten Tour de France, bei welcher er seinen Captain David Gaudu in vielen Etappen-Endphasen stark unterstützte, fand Küng im August wieder auf sein hohes Level vom Frühjahr zurück. Der Thurgauer gehört zwar nicht der Kategorie der Ausnahmekönner wie beispielsweise Tadej Pogacar, Wout van Aert und Mathieu van der Poel an. Doch bei kleineren Rundfahrten ist der höchst konstante Allrounder ein jederzeit valabler Siegeskandidat.

Medaillenkandidat auch im WM-Strassenrennen?

Auch im WM-Strassenrennen am kommenden Sonntag ist mit Küng zu rechnen. Zwar stehen die Gespräche mit Nationaltrainer Michael Albasini über die Strategie der sechs Schweizer Fahrer noch aus. Doch der WM-Dritte von 2019 in Yorkshire meldet seine Ambitionen an: "Ich bin wirklich in Form. Meine WM-Vorbereitung war nicht nur auf das Zeitfahren ausgerichtet. Ich habe auch die Distanz (von fast 267 km - die Red.) in den Beinen."

Küng ist aber nicht nur für die nähere, sondern auch für die weitere Zukunft positiv gestimmt. "Wenn ich so weiterarbeite und weiter Gas gebe, dann klappt es irgendwann." Und ungefragt kommt Küng bereits auf das Jahr 2024 zu sprechen: "Wenn dannzumal mit der Heim-WM in Zürich und mit Olympia in Paris alles auf meine Seite fällt, dann unterschreibe ich sofort, wenn ich nächstes Jahr an EM oder WM auch nochmals Zweiter oder Dritter werden muss." (sda)

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