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Ski alpin

"Plaschy habe ich sehr viel zu verdanken"

Ramon Zenhäusern spricht nach dem Gewinn von Olympia-Silber im Slalom unter anderem über die Gründe seines rasanten Aufstiegs, über sein Studium und die Rolle seines Vaters Peter.
Ramon Zenhäusern schwingt im Ziel nach dem zweiten Lauf jubelnd ab
Bild: KEYSTONE/APA/APA/EXPA/JOHANN GRODER

Ramon Zenhäusern, haben Sie so kurz nach dem Ende des Slaloms schon realisiert, was Sie da gerade vollbracht haben?

"Überhaupt nicht. Das werde ich wohl erst in Tagen, Wochen oder gar Monaten begreifen, was da eben passiert ist. Im Moment ist das alles noch unglaublich für mich."

Im Vorfeld des Slaloms hatten Sie gesagt, dass viele Puzzle-Teile zur eklatanten Steigerung in den letzten Wochen beigetragen haben. Welches sind konkret diese Teile?

"Das sind alle in unserem Slalom-Team. Trainer, Fahrerkollegen, Betreuer, aber auch mein Mentaltrainer, mit dem ich seit letztem Frühjahr zusammenarbeite. Ich mag jetzt nicht alle namentlich aufzählen. Sonst vergesse ich noch einen. Das will ich vermeiden."

Zwei Namen sprechen wir trotzdem an - jene ihrer Mentoren Didier Plaschy und Silvan Zurbriggen.

"Didier Plaschy habe ich sehr viel zu verdanken. Er war mein Jugendtrainer und hat neben meinem Vater am meisten an mich geglaubt. Dazu gibt es eine lustige Geschichte. Plaschy sagte voraus, dass ich im Alter von 26 oder 27 Jahren Rennen gewinnen werde. Er täuschte sich. Ich werde erst im Mai 26 Jahre alt (lacht). Silvan Zurbriggen gibt mir Inputs vor allem betreffend Material. Mit ihm habe ich praktisch vor jedem Weltcup-Rennen Kontakt. Hier in Yongpyong habe ich noch vor dem zweiten Lauf mit ihm gesprochen."

Für Aussenstehende kam der Gewinn der Silbermedaille natürlich völlig unerwartet. Innerhalb des Slalom-Teams war das aber keine Überraschung. Sie würden jetzt ganz einfach Ihre Trainingsleistungen in den Rennen umsetzen, hiess es.

"In den Trainings bin ich schon seit vier, fünf Jahren schnell. Ich selber habe auch nie gezweifelt, dass ich es eines Tages auch in den Rennen runter bringen werde. Ich habe weitergearbeitet und gehofft, dass sich das Blatt dreht. Ich habe halt auch zuerst meine Erfahrungen sammeln müssen. Ich bin einer, der alles intensiv aufnimmt. Als ich in den Weltcup kam, wusste ich, dass ich schnell fahren kann, habe mich aber blenden lassen. Am Start habe ich oft nicht gewusst, ob ich nun vorwärts oder rückwärts losfahren soll (lacht)."

Ihre Entwicklung in den vergangenen gut zwei Monaten war grandios.

"In Val d'Isère war ich am Tiefpunkt angelangt. Da qualifizierte ich mich nicht einmal für den zweiten Lauf. Von da an habe ich mich aber auch aufgebaut. Es ging Schritt für Schritt vorwärts. In Adelboden hatte ich die Qualifikation für die Olympischen Spiele geschafft, in Wengen habe ich nach dem vierten Platz gemerkt, dass jetzt meine Zeit kommt, in Stockholm dann der Sieg im Parallel-Rennen und jetzt diese Medaille. Unglaublich."

Sie waren mit dem Schweizer Slalom-Team schon im vergangenen Frühjahr hier in Yongpyong.

"Unmittelbar nach dem Weltcup-Finale in Aspen im März sind wir hierher geflogen. Während einer Woche haben wir uns in Trainings und bei zwei FIS-Slaloms mit den Verhältnissen vertraut gemacht."

Dachten Sie im Hinblick auf Olympia schon damals, dass diese Piste etwas für Sie sein könnte?

"Nein, dem war nicht so. Ich hatte nicht geglaubt, dass dies mein Terrain sein könnte. Ich hatte die Piste steiler in Erinnerung. Das Gelände kam mir von der Topografie her eher langweilig vor."

Kommen wir zurück zu Ihrem Vater Peter. Sie sagen, Sie hätten ihm ebenfalls sehr viel zu verdanken.

"Er war mein Klubtrainer und hat am meisten Stunden in mich investiert. Er wäre wohl selber ein sehr guter Rennfahrer geworden. Seine Familie verfügte aber nicht über die finanziellen Mittel, um seine Karriere entsprechend fördern zu können. Er hat dann mir ermöglicht, was er nicht haben konnte."

Ihr Vater war vor einem Jahr in Korea. Allerdings in Nord- und nicht in Südkorea.

"Er hat mit Trainern Weiterbildung betrieben und so Entwicklungshilfe geleistet. Unsere Mutter war zwar mit der Reise nicht einverstanden. Es ging aber alles gut. Er kam wieder nach Hause (lacht)."

Sie sind nicht nur Skifahrer, sondern auch Student.

"Ich absolviere ein Fernstudium in Wirtschaft. Im Juni hoffe ich das Studium mit dem Bachelor abzuschliessen. Die Schlussarbeit werde ich zum Thema "Sion 2026" verfassen. Das vereint Sport und Wirtschaft. Das ist perfekt für mich."

Sie waren früher auch ein begabter Musiker. Spielen Sie noch ab und zu auf Ihrer Klarinette?

"Dazu fehlt mir die Zeit. Höchstens an Weihnachten spiele ich noch mit meinem Opa." (sda)

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