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Fechten

Nationalcoach Didier Ollagnon fördert Biss

Nationaltrainer Didier Ollagnon führte das Schweizer Männer-Team schon in seinem ersten Amtsjahr mit dem Gewinn von WM-Silber zu einem Grosserfolg.
Der frühere deutsche Männerdegen-Bundestrainer Didier Ollagnon (im Vordergrund) ist seit Anfang Jahr Schweizer Chef-Nationalcoach
Bild: KEYSTONE/EPA DPA/JAN WOITAS

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur sda spricht der 54-jährige Franzose, der bis 2007 schon als Nachwuchscoach und als Assistent des Nationaltrainers für Swiss Fencing tätig war, von den erweiterten Perspektiven bei den Männern. Zudem kündet er einen Aufschwung bei den derzeit darbenden Schweizer Degenfechterinnen an.

Didier Ollagnon, wie sehr trauern Sie dem knapp verpassten WM-Titel und dem ersten WM-Titelgewinn eines Schweizer Teams überhaupt nach?

"Es ist wie überall im Sport. Solange der letzte Punkt nicht auf dem Konto ist, ist nichts gewonnen. Georg Kuhn hatte noch 43:40 geführt. Trotzdem sind wir sehr glücklich. WM-Silber ist eine schöne Sache."

Wie erlebten Sie das Drama um das verletzungsbedingte Out von Schlussfechter Max Heinzer im Final?

"Ich bin traurig, dass Max diese gesundheitlichen Probleme gehabt hat. Ich hätte ihn aber nie weiterfechten lassen, weil man nicht davon ausgehen konnte, dass dies gefahrlos für ihn gewesen wäre. Der Arzt sagte mir noch auf der Bahn, dass Max im Alltag in diesem Zustand zwar noch selber eine Strasse hätte überqueren können. Doch Hochleistungssport wäre nicht mehr möglich gewesen. Für mich war schnell klar, dass ich mit Georg Kuhn einen gesunden Athleten einwechsle, zumal dieser ja im Einzel den Weltranglisten-Ersten Yannick Borel bezwungen hatte."

Sie sprechen auch von neuen Perspektiven, die Ihnen die nachrückenden Jungen wie Georg Kuhn und Michele Niggeler bieten.

"Kuhn und Niggeler haben Aufgaben bekommen. Sie haben nicht nur Verantwortung getragen, sie haben sie auch erfolgreich umgesetzt. Wir hatten beide in dieser Saison schon bei Weltcup-Turnieren erprobt und ihnen die Rolle als Schlussfechter übertragen. Wir haben unsere taktischen Möglichkeiten im Laufe der Saison erweitert und den Jungen gezeigt, dass Max Heinzer als Schlussfechter nicht gegen alle Gegner gesetzt ist und jedem Verantwortung übertragen werden kann."

Dass der Neuaufbau aber so reibungslos verlaufen würde, haben Sie wohl selber kaum für möglich gehalten?

"Wir hatten uns schon Gedanken gemacht, was man ändern könnte. Deshalb habe ich Kuhn und Niggeler im Teamwettbewerb im Verlaufe der Saison immer mehr in die Verantwortung gezogen. Zudem machte ich mich für die Rückkehr von Benjamin Steffen stark. Hinzu kam, dass ich von der starken Vorarbeit meiner Vorgänger und der Ausbildner eines Steffen oder Heinzer profitieren konnte. Sie oder auch Fabian Kauter besassen sehr gute Ausbildner."

Ist nach diesem Grosserfolg eine Rückkehr von Fabian Kauter oder von Peer Borsky ins Team überhaupt noch ein Thema?

"Sie sind mit ihren Wirtschafts-Studien eingespannt. Wir sind so verblieben, dass sie sich wieder melden, wenn sie zurück möchten. Aber sie müssten bereit sein, den Aufwand mitzugehen. Sie müssten auch zu den Trainingszusammenzügen kommen. Wir fragen momentan sicher nicht Fabian Kauter oder Peer Borsky an, sondern zuerst Alexis Bayard oder Alexandre Pittet, sollte jemand verletzungsbedingt ausfallen. Diese beiden nehmen den Aufwand auf sich. Für mich ist das persönliche Engagement wichtiger als die Reihenfolge in einer nationalen oder internationalen Rangliste."

Wie schafft man es als routinierter Fechter wie Heinzer oder Steffen, top zu bleiben?

"Man muss sich ständig erneuern als Fechter. Man muss behalten, was man gut macht. Und finden, was man noch besser machen könnte. Die Synthese ist gefragt."

Bei den Schweizer Degenfechterinnen scheint es eine Stagnation zu geben. Für die WM wurde mangels Resultaten kein Team, sondern wurden nur zwei Einzelstarterinnen nominiert. Ausserdem macht die aktuelle Nummer 1, Pauline Brunner, resultatmässig seit Jahren kaum Fortschritte.

"Pauline Brunner hat als Teenager nicht genug Ausbildung im Fecht-Repertoire erhalten. Es ist schwer, dies noch auf die Reihe zu kriegen. Doch sie verfügt über Qualität und macht Fortschritte. Es gibt aber durchaus auch guten Nachwuchs. Wir haben einige wirklich gute Juniorinnen." (sda)

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