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Sport

Mehrere Rippenbrüche, Verletzungen im Lungenbereich: So steht es um die Gesundheit von Marc Gisin

Nach dem schweren Sturz von Marc Gisin fällt die Diagnose weniger schlimm aus als befürchtet. Der Engelberger hat an Kopf und Rücken keine gravierenden Verletzungen.
Marc Gisin befindet sich immer noch auf der Intensivstation des Luzerner Kantonsspitals.  (Bild: Sven Thomann/Freshfocus (Beaver Creek, 28. November 2018))

Claudio Zanini

Stürze gehören im Skirennsport zum «Berufsrisiko». Das schreibt Marc Gisin in seiner Kolumne der Freitagsausgabe der NZZ. Am Samstag zur Mittagszeit wird der Engelberger mit dem Helikopter von der Saslong-Piste in Gröden abtransportiert. Das Berufsrisiko ist wieder eingetreten. Nach einem Verschneider kurz vor den Kamelbuckeln kommt er zu Fall. Der knapp zwei Meter grosse Athlet wird durch die Luft geschleudert. Mit voller Wucht prallt er auf die steinharte Piste.

Am Samstagabend ist Gisins Zustand bereits so stabil, dass er mit der Rega ins Luzerner Kantonsspital geflogen werden kann. Am Sonntag folgt die offizielle Medienmitteilung von Swiss-Ski und die Gewissheit: Gisin hat Glück gehabt.

Im Schädelbereich wurden keine schwerwiegenden Verletzungen diagnostiziert. Auch der Rücken ist bis auf «einige, nicht gravierende Frakturen an der Wirbelsäule», unbeschädigt, heisst es. Der am Samstag kolportierte Beckenbruch hat sich nicht bewahrheitet. Das Becken ist bis auf eine leicht eingedrückte Hüftpfanne unverletzt – es ist eine Blessur, die konservativ behandelt wird. «Sehr schmerzhaft» seien für Gisin jedoch mehrere Rippenbrüche auf der rechten Seite, die Verletzungen in der Lunge zur Folge hatten. Darum wird Gisin nach wie vor künstlich beatmet. Kommunizieren mit Ärzten und engsten Angehörigen könne er aber. Vorerst wird der 30-Jährige noch auf der Intensivstation des Luzerner Kantonsspital bleiben. Die Familie Gisin stand am Sonntag nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung. Schwester Dominique teilte mit, die Kommunikation laufe über Swiss-Ski.

Schlafstörungen während sechs Monaten

Die Diagnose fällt weniger gravierend aus, als beim anderen üblen Sturz von Gisin. Es war im Januar 2015, als er im Super-G von Kitzbühel beim Absprung an der Hausbergkante die Kontrolle verlor. Auch dort prallte er fürchterlich auf und war anschliessend bewusstlos. Er trug ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Hirnblutung davon. Das Comeback gab er bereits in der nächsten Saison, das war im November des gleichen Jahres.

Überraschend kam darum die Mitteilung des Skiverbands im Dezember 2016, also knapp zwei Jahre nach dem schweren Sturz auf der Streif. Gisin musste nach nur zwei Rennen die Saison beenden. Er kämpfte seit Längerem mit Schlafstörungen. Später wird er sagen, er habe sechs Monate keine einzige Nacht richtig schlafen können. Und die Medikamente, die ihm die nötige Ruhe bringen sollten, wirkten sich in den Rennen schlecht auf die Körperspannung aus. Er hatte schlicht keine Energie im Tank.

Es waren die diffusen Spätfolgen des Sturzes von Kitzbühel. Man redet in der Psychologie von einer posttraumatischen Belastungsstörung. Betroffene erleben das belastende Erlebnis etwa durch Körperempfindungen und Gefühle wieder und wieder. Der Körper befindet sich dadurch in einem permanenten Alarmzustand. Diese Überregung führt wiederum typischerweise zu Schlafstörungen. Gisin sagte damals gegenüber unserer Zeitung: «Das war eine schwierige Geschichte. Im ersten Moment wusste ich nicht, wie ich damit umgehen muss. Ich habe verschiedenste Therapien ausprobiert, aber nichts hat mir wirklich geholfen. Es hat einfach Zeit gebraucht.»

Im Frühling 2017 fühlte er sich wieder richtig fit. Im Januar 2018 sicherte sich Gisin mit dem fünften Platz in der Abfahrt von Kitzbühel die Olympia-Teilnahme. Beim Fernseh-Interview kamen ihm die Tränen. Es schien fast so, als wäre die Sache mit den Stürzen für immer abgeschlossen. Aber eben, das Berufsrisiko, es lässt sich nicht beseitigen.

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