notifications
England

José Mourinho meldet sich zurück

José Mourinho ist wieder bereit, die Konkurrenz mit bewährten Methoden herauszufordern. Der portugiesische Trainer hat den Premier-League-Leader Tottenham Hotspur zum Titelkandidaten geformt.
Vereint im Erfolg: José Mourinho (rechts) und sein koreanischer Top-Stürmer Son Heung-min
Bild: KEYSTONE/EPA/Glyn Kirk / POOL

Wenn in diesen Tagen in der Champions League die letzten Achtelfinal-Plätze verteilt werden, ist José Mourinho abwesend. Der 57-Jährige spielt mit Tottenham Hotspur jeweils am Donnerstag im kleinen Europacup, der so gar nicht zu ihm und seinem Selbstverständnis passt. Passend ist es trotzdem, weil Mourinho zuletzt nicht mehr zur ersten Trainer-Garde gehörte. Er sah alt aus im Vergleich zu jenen, die den europäischen Fussball in den letzten Jahren bewegt haben - im Vergleich zu Pep Guardiola und seinem Kombinationsspiel oder zu den Deutschen um Jürgen Klopp, Hansi Flick oder Julian Nagelsmann mit ihrem Gegenpressing.

Während bei der Konkurrenz alles schnell geht, das Spiel von Intensität und Risikobereitschaft geprägt ist, ist Mourinho der Vorsicht und Stabilität verpflichtet. Seine Spielweise als veraltet anzuschauen, drängte sich nach den insgesamt enttäuschenden Saisons bei Manchester United auf. Der frühere Stürmer Peter Crouch meinte vor einigen Monaten, Mourinho demoralisiere seine Spieler mit dem "negativen" Ansatz. Wenn die Taktik von Mourinho nicht aufgeht, bleibt nichts Positives. Die B-Note hat ihn nie interessiert und tut es auch heute nicht. Alles ist auf das Resultat ausgerichtet.

Mourinho abzuschreiben, war aber voreilig. Im Norden von London konnte er die Spieler von seiner Philosophie überzeugen, so wie es ihm beim FC Porto, Chelsea und Inter Mailand gelungen war. "Mourinho ist ein Siegertyp. Seine tägliche Motivation ist das Gewinnen. Er weiss, wohin der Weg geht", sagt Goalie und Captain Hugo Loris über seinen Trainer.

Zuletzt gewann Tottenham in der Meisterschaft gegen Manchester City, Chelsea und Arsenal sieben Punkte mit der gleichen, effektiven Taktik. Jeder arbeitet im defensiven Korsett für den Sieg, angefangen bei den beiden Stürmern Harry Kane und Son Heung-Min. Am Sonntag beim 2:0 gegen Arsenal waren sie nach der Pause so gut wie nur mit Verteidigen beschäftigt. "Wir hätten höher pressen können, aber dann hätten wir ihnen Räume geöffnet. Weshalb sollten wir das tun?", fragte Mourinho nach dem Spiel rhetorisch. Er überlässt dem Gegner gern den Ball, wenn er im Gegenzug die Ordnung in seiner Mannschaft beibehalten kann. Arsenal hatte zwei Drittel der Zeit den Ball und machte über 40 Flanken, zwang Loris aber nur zu einer Parade.

Tottenhams hungrige Kämpfer

Bei Tottenham hat Mourinho vorgefunden, was speziell bei Real Madrid und Manchester United fehlte: Hochkarätige Spieler, die bereit sind, sich ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen, um Erfolg zu haben. Mit Kane und Son besitzen die Londoner die statistisch beste und harmonischste Sturmreihe der Premier League, mit Pierre Emile Höjbjerg und Moussa Sissoko ein beeindruckendes Duo im zentralen Mittelfeld und mit Eric Dier und Toby Alderweireld zwei Innenverteidiger, die in den Kopfballduellen schwer zu bezwingen sind.

Im Vergleich zur zwiespältigen letzten Saison mit dem 6. Platz in der Premier League habe sich die Mentalität und Persönlichkeit der Mannschaft total gewandelt, freut sich Mourinho. Wie er sich die Einstellung seiner Spieler vorstellt, machte er im letzten Juli klar, nachdem Loris und Son in der Pause einer Partie vor laufenden TV-Kameras aneinandergeraten waren. Danach sagte er: "Es sollte in der Kabine passieren. Aber ich kann ihnen sagen, meine besten Teams hatten immer grosse 'Fights'. Ich bin nicht interessiert an einer Mannschaft mit lieben Jungs, die nur die Fairplay-Trophäe gewinnen können. Ich habe diesen Titel noch nie gewonnen und bin auch nicht daran interessiert."

Mourinho scheint mit seinem beeindruckenden Palmarès, das unter anderem zwei Champions-League-Siege und acht Meistertitel beinhaltet, wieder einmal am richtigen Ort gelandet zu sein. Er hat den Hunger nach Erfolgen geweckt, was bei Tottenham einfacher war als in Madrid oder Manchester. Der Klub wartet seit 1961 auf einen Meistertitel und viele Spieler, unter ihnen Kane, Son, Sissoko oder Dier, haben in ihrer Karriere noch keine Trophäe gewonnen. Andere Teams sind in dieser Saison in England personell noch besser gerüstet als Tottenham, aber der Hunger spricht für Mourinho und die Londoner. (sda)

Kommentare (0)