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Biathlon

Hartweg mit einem Coup aus dem Nichts

Das Gefühl hat ihn nicht getäuscht. Niklas Hartweg sprach vor der Saison von grossen Fortschritten. Von einem Leistungszuwachs, der ihm einen Weltcup-Podestplatz beschert, ging er aber nicht aus.
Bild: KEYSTONE/EPA/KIMMO BRANDT

Insbesondere in der schiesslastigen Disziplin Einzel, in der ein Fehlschuss mit einer Minute bestraft wird, fällt die Entscheidung um die Podestplätze im Schiessstand. Und doch sticht bei Hartweg beim Weltcupauftakt in Kontiolahti neben Platz 2 mit den 20 Treffern die Laufleistung ins Auge. Auf den Cut nach den Top Ten verliert der Schweizer in der Loipe über 20 km bloss 45 Sekunden - ein Wert, der ihm am Ende des Olympia-Winters kaum einer zugetraut hätte.

Der 22-Jährige bewies bei erster Gelegenheit, dass die Verpflichtung von Kein Einaste der richtige Entschied war. Der ehemalige Trainer von Dario Cologna wurde dem Langlauf-Team in Davos entrissen und der Biathlon-Equipe in Lenzerheide zugewiesen, um die Laufschwäche der Schweizer Skijäger zu beheben.

"Kein hat neue Impulse gebracht. Er hält auf den technischen Schwächen den Daumen drauf, er gibt nach jeder Einheit Rücksprache und er geht auch auf das Körpergefühl des Athleten ein", umschrieb Hartweg vor dem Abflug in den Hohen Norden die Arbeit des Esten. "Dank ihm ist beispielsweise mein asymmetrischer Schritt am Berg klar besser geworden. Ich kann nun die Power aus dem Athletik-Training umsetzen."

Sorgenfrei durch den Sommer

"Es hat sich viel verändert. Ich habe den nächsten Schritt gemacht, es ist etwas gegangen, das Gefühl ist sehr gut, ich verspüre grosse Vorfreude", fasste der erst vierte männliche Schweizer Podestläufer im Biathlon die Eindrücke des Sommertrainings zusammen. Der Junioren-Weltmeister von 2019 - schon damals gelang Hartweg der Coup im Einzel - kam verletzungsfrei und abgesehen von zwei, drei Erkältungen ohne Sorgen durch den Aufbau.

Auf eine konkrete Zielsetzung gemessen an Resultaten liess sich der Hobby-Musiker, der unter dem Pseudonym "Nik Perry" veröffentlicht, im Vorfeld nicht ein. Aber die Aussage "Ich kann ein gutes Rennen zeigen und 40. werden und tags darauf mit einem mittelmässigen Auftritt 30. werden" offenbart, dass er sich nicht in den Top Ten und schon gar nicht in den Podestplätzen sah. "Ich bin zufrieden, wenn ich eine Entwicklung feststelle und der Abstand zu den Besten Jahr für Jahr kleiner wird", formulierte er als Saisonziel.

Niklas Hartweg, dessen Vater und Unternehmer Michael Hartweg den Biathlon-Sport in der Schweiz wie kein anderer fördert, wohnt inzwischen in Lenzerheide. Der Sohn fühlt sich nicht unter Druck, die grossen finanziellen Aufwendungen seiner Familie mit Resultaten belohnen zu müssen. "Sonst würde ich mich ja schlecht fühlen", sagte er noch vor einem Monat. In Kontiolahti wird er gleichwohl die Genugtuung spüren, erstmals auf Elite-Niveau seinen Eltern mit einem Podestplatz danken zu können.

Das gibt Mumm

Der Coup von Kontiolahti zeigt, was auch für das Schweizer Team im Biathlon möglich ist. Mit dem sonst im Schiessstand schwachen Schweden Martin Ponsiluoma und den Aussenseitern Hartweg (er war bei der TV-Übertragung gar nie richtig im Bild) und dem Deutschen David Zobel stand ein Überraschung-Trio auf dem Podest. Dies gibt auch mit Blick auf die Heim-WM in Lenzerheide im Februar 2025 Mumm. Hartweg hat trotz Platz 2 die Lücke zu den Weltbesten noch nicht geschlossen. Aber sie ist ein grosses Stück kleiner geworden. (sda)

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