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Fussball, Nations League

Nach dem EM-Titel 2012 folgten für Spanien drei enttäuschende Turniere. Trainer Luis Enrique soll das Team wieder an die Spitze führen. Das Nations-League-Spiel gegen die Schweiz am Samstag gilt als Hauptprobe im Hinblick auf die WM in Katar.

Die Spanier sind nicht nur auf dem Fussballplatz kreativ. Für die Bekanntgabe seines Kaders zog sich Trainer Luis Enrique ein Bike-Dress in den Nationalfarben an und fuhr mit dem Rennrad durchs hügelige Hinterland von Madrid. Das auf Twitter veröffentlichte Video entstand als Hommage an die am 10. September zu Ende gegangene Vuelta. Begleitet von stimmungsvoller Musik - und teils sogar im Regen strampelnd - nannte der 52-Jährige die Spieler, die Spanien in den letzten beiden Runden der Nations League zum Erfolg führen sollen. Deren Namen erschienen auch auf den kurvigen Strassen, die Enrique hochfuhr.

Die inszenierte Aktion zeigt, welche Bedeutung die Spiele gegen die Schweiz (am Samstag in Saragossa) und Portugal (am Dienstag in Braga) haben. Einerseits möchten die Spanier ihren Spitzenplatz in der Tabelle verteidigen und wie im letzten Jahr um den Titel in der Nations League spielen. Vor allem aber ist es die Hauptprobe für die im November beginnende WM in Katar. Dort zählt die Furia Roja einmal mehr zu den Mitfavoriten.

Rekordspieler Ramos aussortiert

Später gab Enrique noch eine klassische Pressekonferenz, an der er seine Auswahl erklärte. Im Zentrum des Interesses standen zwei Abwesende, die sich in völlig unterschiedlichen Phasen ihrer Karrieren befinden: Der 19-jährige Ansu Fati fehlt ebenso wie der 36-jährige Sergio Ramos.

Fati, der sich im September 2020 zum jüngsten Torschützen in der Geschichte des spanischen Nationalteams machte, gilt als grosser Hoffnungsträger. Doch der Barcelona-Stürmer, der nach Messis Abgang dessen Rückennummer 10 erbte, war zuletzt mehrmals verletzt. Deshalb muss er im Klub derzeit mit der Rolle als Joker vorliebnehmen. "Er wird zurückkehren, wenn er das Niveau der Nationalmannschaft hat", sagte Enrique.

Weniger wahrscheinlich scheint das Nationalmannschaft-Comeback von Sergio Ramos. Der Rekordspieler Spaniens (180 Partien) und langjährige Captain hatte nach seinem 2021 vollzogenen Wechsel von Real Madrid zu Paris Saint-Germain ebenfalls lange mit Blessuren zu kämpfen. In dieser Saison spielt er aber wieder regelmässig über 90 Minuten. Er freue sich, Ramos wieder auf dem Platz zu sehen, sagte Enrique. "Aber ich denke, dass ich die besten Innenverteidiger aufgeboten habe." Dass er in die Reihe hinter Eric Garcia (Barcelona), Diego Llorente (Leeds United), Pau Torres (Villarreal) und Hugo Guillamon (Valencia) versetzt wurde, muss dem erfahrenen Ramos wie ein Schlag ins Gesicht vorgekommen sein.

An der EM "ungeschlagen" ausgeschieden

Dass Enrique lieber auf sich selbst als auf grosse Namen setzt, ist bekannt. Bei der AS Roma verbannte er Publikumsliebling Francesco Totti mehrmals auf die Bank, und bei Barcelona gestand er Spielmacher und Leitfigur Xavi nur noch wenige Einsätze zu. Unpopuläre Entscheide, die ihm aber zumindest im zweiten Fall vergeben wurden. Denn Enrique führte Barça 2015 zum zweiten Triple der Vereinsgeschichte und gewann in drei Spielzeiten insgesamt neun Titel.

Deshalb hat man Enrique zum spanischen Nationalteam geholt. Im Verband hoffen sie nach drei enttäuschenden Turnieren - an der WM 2014 scheiterte Spanien in der Gruppenphase, an der EM 2016 und der WM 2018 im Achtelfinal - auf den ersten Titel seit 2012.

Unter Enrique blieb Spanien an der EM 2021 "ungeschlagen", das Team scheiterte jedoch im Halbfinal im Penaltyschiessen am späteren Europameister Italien. Gleichzeitig zeigte sich im Turnier, dass Spanien nur noch selten so zu brillieren vermag wie während der Titeljahre 2008 bis 2012. Die Mannschaft verlor zwar nie nach 90 Minuten, sie gewann aber auch nur einmal in der regulären Spielzeit. Nach zwei Unentschieden gelang den Spaniern im dritten Gruppenspiel gegen die Slowakei der einzige "richtige" Sieg. Im Achtelfinal gegen Kroatien reüssierten sie in der Verlängerung, im Viertelfinal gegen die Schweiz im Penaltyschiessen.

Das Bild des sich im Regen hochkämpfenden Enrique hat denn auch Symbolkraft. Nach wenig erfolgreichen Jahren befindet sich Spanien wieder im Anstieg. Kontinuierlich und mit Disziplin möchte der Trainer seine Mannschaft zum Gipfel führen, wo vielleicht sogar die Sonne scheint. (sda)

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