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Fussball, Conference League, Marseille

Olympique Marseille, der kommende Gegner des FC Basel in der Conference League, kämpft gegen den Beginn einer Krise an. Die ersten Pfiffe sind ertönt.

Für den FC Basel ist es wenige Tage vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Conference League eine gute Neuigkeit: In Marseille ist es vorbei mit der Ruhe. Mit untypischer Geduld hatten die Anhänger die Enttäuschungen der letzten Wochen geschluckt. Nach dem 0:1 gegen Monaco und dem Verlust des 2. Platzes in der Ligue 1 machten sie aber am Sonntagabend ihrem Ärger Luft.

Die Spieler wurden mit Pfiffen und Beleidigungen in die Kabine verabschiedet. Selbst der bis anhin unantastbare Trainer Jorge Sampaoli musste sich die bösen Gesänge anhören. Die gute Klassierung in der Meisterschaft kann nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass seit mehreren Wochen vieles nicht wie gewünscht läuft. Da war die Relegation von der Europa- in die Conference League im Dezember, das Out in den Cup-Viertelfinals im Februar und jetzt auch noch eine anhaltende Schwächephase in der Meisterschaft.

Die Nerven sind strapaziert in Marseille. Das Spielkonzept des Argentiniers Sampaoli, der zwischen 2012 und 2016 mit Erfolg die Nationalmannschaft Chiles trainierte, trägt zur steigenden Anspannung bei. Was sich in einer ersten Phase der Saison als Offensivspektakel angekündigt hatte, ist heute ein mühsam anzusehender Ballbesitz-Fussball geworden. Zu selten springt aus den vielen Passkombinationen eine Torchance heraus. Die 60 bis 70 Prozent Ballbesitz, die Marseille oft hat, sind eher ein Ärgernis als ein Trost.

Geliehene Qualität

An Qualität mangelt es nicht. Obwohl der Verein wegen seiner zu hohen Ausgaben im Fokus der UEFA steht, hat er ein gutes Kader mit einigen namhaften Spielern. Auf 250 Millionen Euro und damit mehr als viermal höher als jener des FC Basel schätzt "transfermarkt.de" den Wert der Mannschaft. Eine ganze Reihe Spieler kam allerdings auf Leihbasis, wie Matteo Guendouzi und William Saliba von Arsenal oder Cengiz Ünder von der AS Roma. Der Wertvollste im Klub, der 22-jährige Boubacar Kamara, wird wahrscheinlich im Sommer ablösefrei gehen.

Nachhaltig ist wenig, was Olympique Marseille in den letzten Jahren unter seinem milliardenschweren amerikanischen Besitzer Frank McCourt macht. Man hangelt sich von Saison zu Saison, wechselt regelmässig den Trainer - zuletzt vor einem guten Jahr von André Villas-Boas zu Sampaoli - und organisiert manchmal die sportliche Führung neu. Als Fixpunkt im Klub dient momentan Spielmacher Dimitri Payet, der auch in seiner sechsten Saison zuverlässig seine Skorerpunkte macht.

"Pfiffe sind normal"

Über ein Jahr lang hielt der Frieden zwischen Fans und Mannschaft. Der temperamentvolle Sampaoli trug mit seiner Spielidee und seiner unbändigen Energie an der Seitenlinie dazu entscheidend bei. Er schlägt zwar fast in jedem Match einmal mit seinen Ausbrüchen über die Stränge, aber er stellte oft eine Mannschaft auf, die ähnlich enthusiastisch auftrat wie er selber. Da wurden auch die individuellen Fehler und die vereinzelten Enttäuschungen verziehen.

Nun ist die Zeit der Ruhe vorbei. Sampaoli zeigte dafür Verständnis: "Die Pfiffe sind normal. Die Fans wollen, dass wir gewinnen." Die Hoffnung war gross, dass in dieser Saison endlich wieder einmal ein Titel herausspringt, der erste grössere seit dem Meistertitel 2010 unter Didier Deschamps. Nun ist die Conference League die einzige verbleibende Möglichkeit dazu. In der Meisterschaft geht es einmal mehr nur darum, sich im besten Fall einen Platz in der Champions League zu sichern.

Am Donnerstag steht für Marseille einiges auf dem Spiel. Den Reaktionen vom Sonntagabend zu urteilen, steht das Team gegen den FC Basel unter Bewährung. Rasch kann das in dieser Saison immer gut gefüllte Stade Vélodrome auch für die eigene Mannschaft unwirtlich werden, wenn die ersten Pfiffe von den Rängen kommen. (sda)

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