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Ex-Patron Blatter: "Dicke Post und stillos"

Der frühere FIFA-Präsident Sepp Blatter legt in einem Round-Table-Gespräch seine Sicht der Fussball-Wahrheit dar. Für die Vorwürfe der aktuellen FIFA-Führung bringt er keinerlei Verständnis auf.
Der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter auf einer Aufnahme vom Februar 2016
Bild: KEYSTONE/AP

Blatter geht auch im hohen Alter trotz baldiger Knieoperation einigermassen beschwingt durchs Leben. Im Rahmen einer Runde mit internationalen Nachrichten-Agenturen parliert der frühere FIFA-Stratege im Restaurant Sonnenberg in Zürich über seinen Alltag ausserhalb des Weltverbands: "Es geht mir gut, ich bin glücklich mit meinem Leben. Ich arbeite noch immer, weil ich nicht aufhören kann."

Er habe ein neues Buch in der Pipeline, verrät Blatter. In Zusammenarbeit mit einem französischen Autor ist eine weitere Aufarbeitung seiner über 40-jährigen Laufbahn im Weltfussball geplant. Er werde (ein weiteres Mal) seine persönliche Sicht der Vergangenheit schildern. Im März 2018 ist die Veröffentlichung von "brisanten News" geplant, kündigt der 81-Jährige an, der sich im vorletzten Juni unter politischem Druck aus seinem Präsidenten-Amt zurückzog und wenige Monate später weltweit bis 2021 gesperrt wurde.

Aufzuarbeiten gibt es nach wie vor viel. Die aktuelle FIFA-Führung hatte für das Geschäftsjahr 2016 - das erste seit dem Rückzug und der nachmaligen Sperre Blatters - ein Defizit von 369 Millionen Franken auszuweisen. Zeitgleich endeten nach 22 Monaten die Untersuchungen gegen den Weltverband. Die FIFA hat den Behörden eigenen Angaben zufolge mehr als 20'000 Seiten neues Beweismaterial übergeben.

"Wir haben Geld verdient"

Im Raum stehen erhebliche Vorwürfe. Frühere Führungskräfte sollen gegen 80 Millionen Dollar zu eigenen Gunsten abgezweigt haben. Die zuständigen Stellen würden jene verfolgen, die "ihre Position im Fussball missbraucht haben". Blatter weist jegliche Anschuldigungen und Verdachtsmomente aus dem Home of FIFA zurück: "Ich habe nichts genommen, das mir nicht zustand. Ich habe mich im Fussball nicht bereichert. Alle Zahlungen sind dokumentiert." Einzig für das Turnier in Afrika 2010 habe er einen Bonus erhalten. "Die Zahlen, die jetzt zirkulieren, entsprechen nicht der Wahrheit!" Er habe keine Prämie in der Höhe von zwölf Millionen kassiert, hält Blatter im Gespräch mit der SDA fest.

Den negativen Geschäftsgang habe er nicht zu verantworten, er könne Aussagen, wonach die neue FIFA-Führung den Verband in einer schlechten Finanzlage übernommen hätten, nicht nachvollziehen: "Als ich gehen musste, haben wir Geld verdient und ein gutes Ergebnis erzielt. Unter meiner Führung hatte die FIFA 1,5 Milliarden Dollar Reserven und eine Milliarde cash." Ihm nun wirtschaftliche Versäumnisse vorzuhalten, empfinde er als "dicke Post und stillos".

"Ich war kein Administrator, ich war ein Unternehmer." So entgegnet Blatter im Zusammenhang mit der kritischen Haltung zum FIFA-Museum, das in zweistelliger Millionenhöhe Geld verliert. "Ein Museum ist nicht dazu da, Gewinne zu machen. In diesem Zusammenhang zählen andere Werte: soziale, kulturelle, historische." Die Besitzer sollten mehr Sorge tragen, so Blatter, anstatt das Projekt öffentlich infrage zu stellen.

Apropos Sorgen - die beschlossene Aufstockung der WM (2026) ist nicht im Sinn des ehemals ranghöchsten Fussballers: "Das Format mit 32 Teams war ein gutes. 1982 machten wir mit den Dreier-Gruppen keine guten Erfahrungen, weil eine Mannschaft immer Zuschauer ist. Aber die Veränderungen sind ein Entscheid der neuen Führung, das gilt es so zu akzeptieren."

Mit Statements über seinen Nachfolger hält sich Blatter spürbar zurück. Die Beziehung zwischen den beiden Wallisern ist abgekühlt. Unmittelbar nach seinem Aufstieg an die FIFA-Spitze habe sich Infantino bei ihm bedankt, erzählt Blatter. "Wir haben ein Glas Rotwein getrunken und Salami gegessen." Zu einem weiteren Treffen kam es nicht, der Kontakt riss ab. "Aus, fertig, fini."

Die Vergangenheit nicht verdaut

Nicht nachvollziehbar ist aus der Warte Blatters ist weiterhin der bereits über einjährige Schuldspruch der Ethikkommission. Er habe sich nach Schweizer Recht nichts zu Schulden kommen lassen. Die Zwei-Millionen-Überweisung an seinen früheren Partner Michel Platini sei keine illegale Transaktion. "Ich habe von der Bundesanwaltschaft seit September 2015 nichts mehr gehört", sagt Blatter. "Aber mein Fall ist wohl nicht der wichtigste auf dem Schreibtisch der Behörden."

Im Kontext mit seiner Verbannung spricht Blatter auch mit einem gewissen zeitlichen Abstand von "schlechten Verlierern". Er meint jene US-Kreise, die seinen Sturz vom FIFA-Thron beschleunigt hatten, und denkt dabei an die spektakuläre Verhaftungsaktion im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac. "Auf mich wurde ein gewaltiger Druck ausgeübt." (sda)

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