In der letzten Woche meldete sich der Nidwaldner Ruderer Jan Schäuble mit seiner WM-Kolumne regelmässig in unserer Zeitung und online zu Wort. Am Tag vor dem A-Final schrieb er: «Ich will mir nach dem Finalrennen sagen können, dass wir das beste Rennen gerudert haben.» Nun: Ob ihm und seinem Teamkollegen Raphaël Ahumada das beste Rennen gelungen ist, kann kaum abschliessend beantwortet werden. Tatsache ist: Ihre Leistung reichte am Samstag nicht für einen Platz in den Medaillenrängen.
Eigentlich war im tschechischen Racice alles bereit für ein grosses Schweizer Ruderfest: Vier Boote im A-Final, fairste Verhältnisse, bestes Wetter. Mit Jan Schäuble und Raphaël Ahumada hatte man ein Duo mit besonders aussichtsreichen Chancen am Start. Die beiden gewannen an der EM in München Bronze und beim Weltcup in Belgrad Gold.
Es ist ein spektakuläres Team, das in dieser Saison mit einer jugendlichen Leichtigkeit beeindruckte. Am Samstag hatten die beiden aber etwas Mühe. Nach dem Rennen sagte Ahumada: «Die ersten 1000 Meter verliefen nicht ganz so leichtfüssig, wie wir uns das vorgenommen hatten.»
Ahumada macht einen folgenschweren Fehler
Die Italiener Stefano Oppo und Pietro Ruta stiegen am schnellsten ins Rennen. Das Schweizer Boot ruderte im Gleichschritt mit den irischen Olympiasiegern von Tokio Paul O’Donovan und Fintan McCarthy auf der benachbarten Bahn. Als Irland im zweiten Streckenviertel Tempo aufnahm, reagierten die Schweizer umgehend. «Es war unser Ziel, die Iren nie wegziehen zu lassen», sagte Ahumada.
Das Schweizer Boot blieb auf Kurs. 500 Meter vor dem Ziel lagen sie auf dem zweiten Zwischenrang, die Medaille schien in Reichweite. Der knappe Vorsprung auf Italien schmolz aber rasch. Und hinter den Schweizern nahm die Ukraine Fahrt auf. Ahumada erklärte rückblickend:
«Ich machte in dieser Phase den Fehler, kurz aus dem Boot zu schauen.»
Igor Khmara und Stanislav Kovalov gelang es, die Schweizer auf den letzten 200 Metern zu überholen. Eine weitere Steigerung lag für die Schweizer nicht mehr drin.
Es blieb beim undankbaren vierten Rang. Das Ergebnis dürfte die beiden noch mehr anspornen auf dem Weg zur Ruder-WM in Belgrad im nächsten Jahr. Dann werden die Olympiastartplätze vergeben. Der Ruderverband scheint jedenfalls besonders angetan zu sein von Schäuble und Ahumada. In einer Verbandsmitteilung heisst es: «Der leichte Doppelzweier hat auf beeindruckende Weise demonstriert, dass er aus Olympiaholz geschnitzt ist.»
Der Frauen-Doppelvierer legt stürmisch los
Nebst dem Leichtgewichts-Doppelzweier schafften es drei weitere Teams in olympischen Bootsklassen in den A-Final. Eine historische Note hatte die Qualifikation des Frauen-Doppelvierers mit Célia Dupré, Pascale Walker sowie den beiden Luzernerinnen Lisa Lötscher und Salome Ulrich. Nie zuvor schaffte es ein Schweizer Frauen-Grossboot ins Feld der weltbesten sechs Equipen.
Sichtbar motiviert nahm das Quartett den Final in Angriff und stürmte mit beachtlichem Tempo kurz nach dem Start an die Spitze. Doch je länger das Rennen dauerte, desto mehr übernahmen die Favoritinnen aus China, den Niederlanden und Grossbritannien das Zepter. Die Schweizerinnen fielen zurück bis auf den letzten Platz, konnten diesen aber nach einem Schlussspurt noch an Australien abgeben.
Hochkarätige Gegner für den Frauen-Doppelzweier und den Riemenvierer
Mit dem fünften Platz mussten sich auch der Frauen-Doppelzweier (Patricia Merz/Frédérique Rol) und der Vierer ohne Steuermann (Roman Röösli, Joel Schürch, Andrin Gulich, Tim Roth) begnügen. Der Doppelzweier mit der Zugerin Patricia Merz trat in einem stark besetzten Rennen unter anderem gegen die Weltcup-Siegerinnen aus den USA und die Europameisterinnen aus Grossbritannien an.
Die Britinnen zogen bald vorneweg und feierten einen Start-Ziel-Sieg. Dahinter schoben sich die USA Rang um Rang nach vorne zu Silber, Bronze ging an Irland. Patricia Merz sagte:
«Wir ruderten frech und mutig. Unser Feuer brennt, das haben wir in dieser WM-Woche deutlich gespürt.»
Mit einem hochkarätigen Teilnehmerfeld hatte auch der Riemenvierer zu kämpfen. Grossbritannien setzte auf der zweiten Streckenhälfte zur Weltmeisterfahrt an, die Australier wurden Zweite, die Niederlande Dritte. Mit einem starken Endspurt ruderte das Schweizer Team noch auf den fünften Rang.
Die Equipe, die sich erst im vergangenen Juli formierte, bewies mit den beiden fünften Plätze bei WM und EM, dass der eingeschlagene Weg in Richtung Paris 2024 stimmt. Doch die WM in Tschechien hat aber auch ihnen vor Augen geführt, dass in diesem Olympiazyklus noch viel Arbeit ansteht.
Resultate vom Samstag:Frauen. Doppelzweier Frauen Leichtgewichte (LW2x).A-Final. 1. Imogen Grant / Emily Craig (GBR) 06:54,78; 2. Michelle Sechser / Mary Reckford (USA) 06:57,92; 3. Margaret Cremen / Aoife Casey (IRL) 07:00,62; 4. Claire Bove / Laura Tarantola (FRA) 07:02,98; 5. Frédérique Rol / Patricia Merz (SUI) 07:04,96; 6. Evangelia Anastasiadou / Dimitra Eleni Kontou (GRE) 07:07,53.Doppelvierer Frauen (W4x).A-Final. 1. China 06:17,49; 2. Niederlande 06:18,68; 3. Grossbritannien 06:21,25; 4. Ukraine 06:24,05; 5. Schweiz (Célia Dupré, Pascale Walker, Lisa Lötscher, Salome Ulrich) 06:26,01; 6. Australien 06:26,02.Einer (W1x). B-Final. 1. Alexandra Föster (GER) 07:35,99; 2. Jeannine Gmelin (SUI) 07:38,29 (8. WM-Rang); 3. Emma Lunatti (FRA) 07:40,75; 4. Jovana Arsic (SRB) 07:42,28; 5. Lenka Antosova (CZE) 07:42,80; 6. Desislava Angelova (BUL) 07:43,62. Doppelzweier Frauen (W2x).B-Final 1. Diana Serebrianska / Anastasiia Kozhenkova (UKR) 06:57,46; 2. Saskia Budgett / Kyra Edwards (GBR) 06:59,66; 3. Shuangmei Shen / Yingying Xu (CHN) 07:01,03; 4. Jenny Marie Rorvik / Thea Helseth (NOR) 07:02,68; 5. Marilou Duvernay Tardif / Elisa Bolinger (CAN) 07:06,00; 6. Fabienne Schweizer / Nina Wettstein (SUI) 07:08,85 (12. WM-Rang).Männer. Doppelzweier Männer Leichtgewichte (LM2x).A-Final. 1. Paul O’Donovan / Fintan Mc Carthy (IRL) 06:16,46; 2. Stefano Oppo / Pietro Ruta (ITA) 06:19,11; 3. Igor Khmara / Stanislav Kovalov (UKR) 06:19,53; 4. Raphaël Ahumada / Jan Schäuble (SUI) 06:21,10; 5. Miroslav Vrastil / Jiri Simanek (CZE) 06:23,24; 6. Ferdinand Ludwig / Hugo Beurey (FRA) 06:28,25.Vierer ohne Steuermann Männer (M4-).A-Final. 1. Grossbritannien 05:48.29; 2. Australien 05:50.48; 3. Niederlande 05:51.85; 4. Rumänien 05:57:85; 5. Schweiz (Tim Roth, Andrin Gulich, Joel Schürch, Roman Röösli) 05:58.21; 6. Ukraine 05:58.89Doppelvierer Männer (M4x).B-Final. 1. Ukraine 05:47,85; 2. Frankreich 05:49,43; 3. Litauen 05:49,52; 4. Norwegen 05:49,57; 5. Schweiz (Patrick Brunner, Kai Schätzle, Nils Schneider, Dominic Condrau) 05:52,35 (=> 11. WM-Rang); 6. China 05:53.36 (=> B-Final, Ränge 7–12)Zweier ohne Steuermann Männer (M2-).C-Final. 1. Jonah Plock / Maurin Lange (SUI) 06:40,48 (13. WM-Rang); 2. Anton Loncaric / Patrik Loncaric (CRO) 06:41,52; 3. Nik Krebs / Jaka Cas (SLO) 06:43,37; 4. Nelson Ritsema / Bjorn Van Den Ende (NED) 06:44,37; 5. Wai Chun Wong / San Tung Lam (HKG) 06:48,35; 6. Bela Simon / Adrian Juhasz (HUN) 06:50,81.