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Ein Tor, das sich anfühlt wie ein Sieg: Der FC Littau verliert gegen die Young Boys nur mit 1:4

Littau spielt in der sechsthöchsten Schweizer Liga. Spielt keine Rolle: Der Serienmeister tut sich auf dem Ruopigen-Platz schwerer als gedacht.
Littauer Jubel nach dem Ehrentreffer zum 1:4. (Bild: Claudio De Capitani/Freshfocus)
YBs Wilfried Kanga (rechts) scheitert an Littaus Torhüter Ramon Grüter. (Bild Philipp Schmidli/ Keystone)
Die Spieler der Young Boys lassen sich feiern. (Philipp Schmidli/ Keystone)

René Barmettler

René Barmettler

René Barmettler

Die zahlreich angereisten Fans der Berner Young Boys riefen nach Ablauf der 75. Minute ihre obligate YB-Viertelstunde aus. Zu diesem Zeitpunkt führte ihr Team 4:0 und es wäre eigentlich nur normal gewesen, hätte der Playoffteilnehmer der Champions League noch den einen oder anderen Treffer draufgepackt. Doch nichts dergleichen geschah, im Gegenteil: Kurz vor Ablauf der 90. Minute tauchte Littau-Stürmer Stefano Izzo vor YB-Goalie Guillaume Faivre auf und schob den Ball in das tiefe, aus Izzos Sicht linke, Eck. Die Fans auf der Tribüne hinter diesem Tor und die Stehplatzzuschauer auf der Seite flippten nun total aus, der Treffer wurde gefeiert wie ein Sieg.

Es war der Schlusspunkt einer Cuppartie, die aus der Sicht des Unterklassigen das war, was man im Vorfeld eigentlich nicht erwarten durfte. Das 1:4 ist eine Überraschung, nie und nimmer hätten sich die Fans des FC Littau ausgemalt, dass dieser nur so viele Gegentore erhält, wie der grosse Nachbar FC Luzern beim 3:4 zum Saisonauftakt in die Super League. Möglich war das dank des grossartigen Torhüters Ramon Grüter.

Der 26-Jährige stellte sich schliesslich freudestrahlend vor die Fernsehkameras und liess das soeben Erlebte noch einmal Revue passieren. Dabei unterlief ihm die Untertreibung des Jahrhunderts:

«Es war ein unglaubliches Erlebnis, ein Hammerspiel, eine Hammererfahrung. Zum Glück gelangen mir zwei bis drei erfolgreiche Aktionen.»

Wie bitte? Es müssten mindestens 20 Abwehraktionen gewesen sein, immer wieder verhinderte Grüter dank seinem beherzten Eingreifen ein leichteres Spiel der übermächtigen Gäste. «Hauptsache wir konnten mit unserem Tor die Fans glücklich machen. Es machte mir Riesenfreude, uns hier vor dieser Kulisse zeigen zu können.» 2100 Fans stark war diese – Stadionrekord.

Auch Fans der Young Boys sorgen für gute Stimmung

Die Young Boys gingen nach einem Konter in der 17. Minute dank Wilfried Kanga und Passgeber Felix Mambimbi in Führung. Kurz vor der Halbzeit erzielte Vincent Sierro mit einem Lupfer das 2:0. Littau hatte in der 32. Minute die viel versprechendste Gelegenheit. Doch der Ball, getreten von der rechten Seite durch Alessio Colatrella, landete auf dem Netzdach. Nach dem Seitenwechsel schien es, als ob die Luft der Littauer etwas draussen wäre. Fast mühelos gingen die Berner bis zur 57. Minute 4:0 in Front, und es sah aus, als ob die Partie nun den Verlauf nehmen würde, den man allgemein erwartet hätte. Doch YB schien die Lust nicht zu haben, um den Luzernern richtig einzuschenken und vergab mehrere Chancen leichtfertig, oder da war eben dieser Ramon Grüter immer wieder zur Stelle. Und dann passierte eben noch das Unerwartete, das die Partystimmung so richtig anheizte. Izzo traf, Izzo war die gefeierte Figur. Izzo sagte, als er endlich vor die Kameras treten konnte:

«Grandios, ich habe so viel Freude. Die Stimmung ist super, und das Fest noch lange nicht fertig. Wir drehen jetzt total durch.»

Der Abschluss dieses Cupknüllers rundete einen gelungenen Abend ab. Die YB-Fans sorgten für gute Stimmung und sie feierten nach Spielschluss nicht nur ihre Mannschaft ab, sie liessen auch das Team des FC Littau hochleben. Genau so stellt man sich solch schöne Geschichten vor, die nur der Cup schreiben kann.

Vater Baumann vepasst Einsätze seiner Söhne

Vor 39 Jahren, als Littau im Cup mit Aarau letztmals einen Vertreter aus der höchsten Liga empfangen durfte, verlor es ebenfalls 1:4. Den Treffer zum 1:4 erzielte Edgar Fuchs. Auf dem Platz stand auch Herbert Baumann, der spätere Meister mit dem FC Luzern 1989. Am Samstag standen seine beiden Söhne Luca und Nicola auf dem Platz. Papa Baumann verpasste den Auftritt seiner Sprösslinge. Er weilte an der Hochzeit von Sandro Marini, dem Sohn von Stefan, der damals mit «Hebi» Baumann den FCL zum Meistertitel führte. Die Söhne Baumanns feierten ebenfalls noch lange nach Spielschluss. Aber durchdrehen, wie es Stefano Izzo angedroht hatte, so weit kam es dann doch nicht. Den FC Littau erwartet nämlich bald wieder der Alltag: Am Mittwoch holt es den 2.-Liga-Saisonstart gegen den FC Ägeri nach.

Die Littauer haben mit diesem hervorragend organisierten Cupfest Werbung in eigener Sache gemacht. Dem Verein wäre es zu gönnen, wenn er nicht wieder 39 Jahre bis zum nächsten Höhepunkt warten müsste.

Littau – Young Boys 1:4 (0:2)
Ruopigen. – 2100 Zuschauer (Stadionrekord). – SR Schärli.
Tore: 17. Kanga (Mambimbi) 0:1. 42. Sierro 0:2. 52. Aebischer (Mambimbi) 0:3. 57. Zesiger (Aebischer) 0:4. 90. Izzo 1:4.
Littau: Grüter; Cook, Gilli, Bächler (75. Nicola Baumann), Adiller (70. Milakovic); Simon Britschgi (75. Machado), Dominic Britschgi, Luca Baumann (70. Egloff), Wyss, Colatrella; De Jesus (46. Izzo).
Young Boys: Faivre; Hefti (46. Lopes), Bürgy, Zesiger, Maceiras; Spielmann, Sierro (46. Aebischer), Rieder (46. Jankewitz), Sulejmani; Kanga, Mambimbi.
Bemerkungen: Young Boys ohne Von Ballmoos, Nsame, Lefort, Lustenberger, Lauper, Monteiro (alle verletzt). Verwarnungen: 66. Mambimbi für Unsportlichkeit («Schwalbe»). 77. Cook (Foul).




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