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Nationalmannschaft

Die Schweiz und der Lausanne-Fluch

Am Montag nimmt die Schweiz gegen Frankreich den nächsten Anlauf, erstmals seit 67 Jahren bei einer WM- oder EM-Endrunde ein K.o.-Spiel zu gewinnen. Sie kämpft dabei auch gegen einen Fluch.
Alles Grätschen half nichts: Yvan Quentin im WM-Achtelfinal 1994 gegen den heutigen spanischen Nationaltrainer Luis Enrique
Bild: KEYSTONE/AP NY/DAMIAN DOVARGANES

Am 23. Juni 1954 hat die Schweiz zum letzten Mal an einer WM oder EM ein K.o.-Spiel gewonnen. An diesem Tag schlug sie an der WM im eigenen Land in einem Vorrunden-Entscheidungsspiel Italien in Basel 4:1. Sie qualifizierte sich damit für die Viertelfinals - auch dies hat es seither nie mehr gegeben.

Und was für ein Viertelfinal das war in Lausanne! Hitzeschlacht. 5:7 gegen Österreich. Torreichstes Spiel der WM-Geschichte. Und, und, und. Seither verlor die Schweiz an WM und EM fünf K.o.-Spiele in Folge. Fünfmal im Achtelfinal. Zweimal davon im Penaltyschiessen. Einmal davon in der Verlängerung. Sie schoss dabei in insgesamt 540 Minuten ein einziges Tor. Und jedes Mal begleiteten Pleiten, Pech und Pannen die Schweiz auf ihrem Weg ins Turnier-Out.

Kann das Zufall sein? Hat sich da ein Muster gebildet? Irgendwie scheint seit dem epischen WM-Duell von 1954 mit Österreich ein Fluch auf der SFV-Auswahl zu lasten. Ist mit einem Fluch belegt worden, wer nach 19 Minuten 3:0 führte und es schaffte, doch nicht zu gewinnen? Es wäre der Lausanne-Fluch.

WM 1994 in den USA

Das Pech begleitete die Schweizer schon in der Vorbereitung auf das 0:3 gegen Spanien. Sie mussten nach der Vorrunde von der West- an die Ostküste reisen. Sechs Stunden Flug, drei Zeitzonen. Von San Francisco nach Washington. Dann gab Alain Sutter wegen eines gebrochenen Zehs kurz vor Spielbeginn Forfait. Und im Spiel schlug sich auch noch der niederländische Schiedsrichter Mario Van der Ende auf die Seite des Gegners. Das frühe 0:1 durch Hierro war irregulär. Der Spanier hatte seinen im Offside stehenden Teamkollegen Sergi angespielt, doch dieser nahm den Ball nicht an, Van der Ende liess weiterlaufen, Hierro übernahm wieder und erzielte den Treffer. Der Anfang Van der Ende für die Schweiz.

WM 2006 in Deutschland

Bei der Niederlage gegen die Ukraine waren es mehr Pannen als Pech, welche zum Schweizer Ausscheiden führten. Eine Panne war das ganze Spiel - noch heute spricht man vom schlechtesten WM-Spiel der Geschichte. Eine Panne erfuhr aber auch das Coaching von Trainer Köbi Kuhn, als dieser drei Minuten vor dem Penaltyschiessen Alex Frei auswechselte, den besten Schützen. Die Strafe folgte auf dem Fuss. Die Schweizer blamierten sich in einer Weise, wie es zuvor an einer WM noch nie geschehen war. Kein Schuss ging rein. Marco Streller züngelte und schob den Ball dem Torhüter in die Hände. Tranquillo Barnetta schoss an die Latte, und Ricardo Cabanas zielte halbhoch und scheiterte am Keeper.

WM 2014 in Brasilien

Hier kommt beim 0:1 gegen Argentinien das Pech ins Spiel. Weniger beim Fehlpass von Stephan Lichtsteiner in der 118. Minute, welcher Lionel Messi und Torschütze Angel di Maria den Siegtreffer ermöglichte. Umso mehr dafür drei Minuten später als Blerim Dzemaili den Ball aus vier Metern mit dem Kopf an den Pfosten setzte, von wo der Ball zurücksprang an Dzemailis linkes Knie und von dort ins Out flog. Hätte es Dzemaili extra so machen müssen, er hätte es bestimmt in 1000 Versuchen nicht geschafft.

EM 2016 in Frankreich

Das fussballerisch beste Turnier einer Schweizer Mannschaft endete mit einem lapidaren Fehlschuss ihres besten Spielers. Mehr Ironie geht nicht. Granit Xhaka, der Mastermind und Metronom im Schweizer Team, traf im Penaltyschiessen gegen Polen als einziger von zehn Schützen nicht. Xhaka lief als zweiter Schweizer an - und drosch den Ball mit dem linken Vollrist einen halben Meter am linken Pfosten vorbei.

WM 2018 in Russland

Das 0:1 gegen Schweden hatte seinen Ursprung zehn Tag zuvor im Sieg gegen Serbien. Da hatten die Schweizer ihr emotionales Highlight. Sie waren danach nicht mehr auf den Punkt bereit. Pleiten, Pech und Pannen spielten in St. Petersburg nur eine untergeordnete Rolle. Und doch darf man sich die Frage stellen: Was wäre selbst an diesem so misslungenen Nachmittag möglich gewesen, hätte Manuel Akanji den unplatzierten, entscheidenden Schuss von Emil Forsberg für Torhüter Yann Sommer nicht unhaltbar abgelenkt? (sda)

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