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Australian Open

"Die DNA eines Spielers ändert sich nicht"

Roger Federer spielt im Halbfinal am Australian Open in Melbourne erstmals gegen Chung Hyeon. Gegen den 15 Jahre jüngeren Südkoreaner könnte der Baselbieter in seinen 30. Grand-Slam-Final einziehen.
Roger Federer spielt um den Einzug in seinen 30. Grand-Slam-Final
Bild: KEYSTONE/EPA AAP/LUKAS COCH

Chung Hyeon (ATP 58) war gerade einmal sieben Jahre alt, als Roger Federer 2003 in Wimbledon seinen ersten Grand-Slam-Halbfinal bestritt und zwei Tage später seine erste von 19 Major-Trophäen in die Höhe stemmte. 14 Jahre und 284 Tage älter ist Federer als sein Widersacher vom Freitag, auf den er erstmals trifft. "Ich freue mich auf die Partie. Sie wird sehr interessant für mich", sagte Federer.

Es ist ein Jahrzehnt her, dass der Schweizer zu diesem späten Zeitpunkt eines Grand-Slam-Turniers gegen einen so tief klassierten Spieler gespielt hat. 2008 traf er am French Open in Paris im Halbfinal auf Gaël Monfils, die damalige Nummer 59 der Welt.

Dass er Chung nicht gut kennt, ändert Federers Vorbereitung auf die Partie. Im Gegensatz zu einem ihm bekannten Gegner, bei dem die Taktik erst am Spieltag besprochen wird, begannen Federer und sein Team schon früher als üblich, sich über Chung und die mögliche Taktik zu unterhalten. "Nicht, dass eine Stunde vor der Partie noch Fragen auftauchen", so Federer.

Informationen zu sammeln ist die Aufgabe der Coaches Ivan Ljubicic und Severin Lüthi. Chung steht zwar erstmals in einem Halbfinal an einem Major-Turnier. "Aber aus dem Nichts ist er nicht aufgetaucht, er war schon da", sagt Lüthi. Der Berner hatte den Südkoreaner bereits einmal 2015 am US Open beobachtet, als dieser gegen Stan Wawrinka in der 2. Runde dreimal im Tiebreak unterlag. Danach verlor er den Südkoreaner etwas aus den Augen. "Aber die DNA eines Spielers verändert sich nicht komplett, auch wenn er einen Sprung nach vorne gemacht hat."

Dank dem Internet ist es einfach, an Videomaterial der Spieler heranzukommen. Chungs Partien gegen Djokovic und Sandgren sah Lüthi mehrheitlich selbst. Er lässt auch seine Kontakte spielen und tauscht sich mit anderen Trainern oder Spielern aus, die den kommenden Gegner Federers kennen. Im Fall von Chung sprach Lüthi mit dem Australier John Millman, der einst in der Schweiz Interclub spielte und mit Chung gelegentlich trainierte.

In Gesprächen zwischen Coach und Spieler werden dann die Informationen ausgetauscht und der Matchplan festgelegt. Lüthi hält sich bedeckt, wie dieser für den Halbfinal aussehen wird. Details zur Taktik will er nicht verraten. "Manchmal bin ich erstaunt darüber, wie offen Spieler und Trainer über die Taktik reden und denke dann jeweils 'danke vielmals'." Letztlich gehe es aber darum, auf alle Szenarien eine Antwort zu haben, falls diese in einer Partie eintreten sollten, sagt Lüthi.

Der mit einer Sehschwäche aufgewachsene Chung wurde in diesen Tagen oft mit Djokovic verglichen, seit er den sechsfachen Australian-Open-Champion am Montag in der Rod-Laver-Arena besiegte. Die Spielweise der beiden ähneln sich, beide bewegen sich in der Defensive sehr gut und sind stark im Konterspiel. Chung selbst betonte immer wieder, dass Djokovic sein grosses Vorbild sei. So habe er vor zehn Jahren den Final am Australian Open verfolgt, als der Serbe in seinem zweiten Grand-Slam-Final gegen Jo-Wilfried Tsonga siegte und seinen ersten von insgesamt zwölf Major-Titeln holte.

"Es gibt zwischen ihnen sicher Ähnlichkeiten, aber ihr Spiel ist nicht identisch", so Lüthi. Für den langjährigen Coach von Federer ist klar, dass dieser auch gegen Chung das Spiel an sich reissen muss. Die anderen müssten sich Roger anpassen und nicht umgekehrt." Mit seiner Offensive gewinne Federer die Spiele, weil er so viele Varianten habe. Bis jetzt ist für den Titelverteidiger und sein Umfeld alles nach Plan verlaufen. "Dass er noch keinen Satz abgegeben hat, zeigt, dass er noch etwas Reserven hat", sagt Lüthi. "Aber dies gibt dir keine Garantie, dass du auch den Halbfinal gewinnen wirst." (sda)

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