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Ski-Weltcup

«Das muss ich nicht nochmals haben»: Mauro Caviezel kehrt nach 21 Monaten Pause in den Weltcup zurück 

Mauro Caviezel wusste nicht, ob er je wieder auf die Rennpiste zurückkehren würde. Bei den Speedrennen von Lake Louise nimmt der 34-Jährige nun einen neuen Anlauf. Vielleicht ist es der letzte. 

Mauro Caviezel bei der Besichtigung der Abfahrtspiste in Lake Louise. 
Bild: Bild: Sven Thomann/Freshfocus

Am Dienstag nahm Mauro Caviezel zum ersten Mal seit langer Zeit an einem Training für eine Weltcup-Abfahrt teil. Kurz danach sprach die Erleichterung aus ihm. Es sei ein spezieller Tag, sagte er. Er redete vom Kribbeln, von Vorfreude, von Ungewissheit auch. Ein Mix von Gefühlen, angetrieben vom immer noch hohen Adrenalinspiegel. Mit den Trainingspisten, auf denen er in letzter Zeit die Sicherheit zurückerlangen wollte, hatte dieser Testdurchlauf von Lake Louise nicht viel gemeinsam. Das Gelände war anspruchsvoller als alles, was er in den vergangenen Monaten erlebte. «Da geht die Post ab», sagte er.

Caviezel, 34, nimmt an diesem Wochenende beim Speedauftakt in den kanadischen Rocky Mountains einen neuen Anlauf im Ski-Weltcup. Es stehen eine Abfahrt (Freitag) und zwei Super-Gs (Samstag/Sonntag) auf dem Programm. Beim WM-Super-G von Cortina 2021 hatte er seinen letzten Einsatz. Nach vier Toren geriet er damals in Schwierigkeiten, beim ersten Sprung schied er aus. Anschliessend reiste er ab und legte eine Pause ein. Sie dauerte viel länger als erhofft. 21 Monate wurden es.

«Ich hatte keine Garantie, dass ich nochmals zurückkommen kann», sagte Caviezel kürzlich. Es war alles komplizierter als bei früheren Verletzungen. Und es gab viele davon in seiner Karriere: Unter anderem Knieverletzungen, Knochenbrüche, einen Achillessehnenriss. Doch in der jetzigen Zwangspause war die Genesung nicht planbar. Caviezel hatte mit Sehstörungen zu kämpfen, vor allem in der tiefen Hockeposition. Es war die Folge eines Schädel-Hirn-Traumas, das er bei einem üblen Trainingssturz in Garmisch im Januar 2021 erlitt.

Das Stresslevel steigt zu schnell

Sein grösster Erfolg: Mauro Caviezel feiert am Ende der Saison 2019/2020 den Disziplinensieg im Super-G.
Bild: Bild: Jonas Ericsson/Freshfocus

Die Ursache des Problems lag beim Gleichgewichtsorgan, welches mangelhafte Informationen an die Augenmuskeln weitergab. Die Abweichungen waren minimal, die Auswirkungen für Caviezel riesig. In der Hocke sah er unscharf und doppelt, das Bild flimmerte. Was die beeinträchtigte Sicht bei ihm auslöste, erklärte er vor der Saison so: «Der Stresslevel stieg schnell. Der Körper riegelte dann ab und ging in eine Schutzhaltung, weil nicht alle Systeme funktionierten.» Ans Limit zu gehen und schnell zu sein, wurde unmöglich.

Caviezel probierte viele Therapien aus. Es wird schnell abstrakt, wenn er sie aufzählt. Er spricht von Sportoptometrie oder Neuroathletik. Wenn ihm eine Therapie keine positiven Veränderungen brachte, beendete er sie sofort wieder. Den Manualtherapeuten Rolf Fischer aus Stansstad bezeichnet er als besonders wichtig. Doch auch der medizinische Staff von Swiss-Ski sowie andere Athleten halfen ihm. Sein Bruder Gino Caviezel und dessen Riesenslalom-Teamkollege Justin Murisier stellten den Kontakt zu MotoGP-Weltmeister Marc Márquez her, der mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte. Márquez empfahl dem Bündner einen Mediziner in Barcelona, mit dem Caviezel schliesslich zusammenarbeitete.

Die Hoffnung, dass es irgendwann «Klick» macht

Mauro Caviezel (rechts) zusammen mit seinem jüngeren Bruder Gino. 
Bild: Bild: Alain Amherd

«Ich musste aufpassen, dass ich nicht zu viele Therapien machte, man kann sich verlieren», sagte Caviezel. Er musste auch gegen die eigenen Wesenszüge ankämpfen, gegen seine Ungeduld, die rasch Fortschritte verlangt. Jetzt musste er vor allem Ruhe bewahren. Es gelang nur halbwegs. Immer wieder wollte er in der letzten Saison einen Versuch wagen und Rennen bestreiten. Obwohl er nicht an die Weltcupstationen reiste, lebte er die Saison mit, als würde er selbst fahren müssen. Die Ärzte hätten ihm Hoffnungen gemacht, dass es irgendwann «Klick» machen könnte und sich die Sehstörungen in Luft auflösen würden. «Daran habe ich mich geklammert», sagte er. Doch das Klicken blieb aus. Der Winter zog vorüber, ohne dass Caviezel an einem Weltcup teilnahm.

Vor den drei Rennen in Lake Louise mag es bei Mauro Caviezel einige Fragezeichen geben. Eines ist ihm aber jetzt schon klar: Nochmals einen Winter lang nur zuschauen, kommt nicht Frage. «Das muss ich nicht nochmals haben», sagt er.

Gut-Behrami startet in die Saison
Die Schweizer Technikerinnen reisten Anfang Woche vom finnischen Lappland via Lettland und Zürich in die USA. Dort stehen im Bundesstaat Vermont die nächsten Rennen auf dem Programm. In Killington bestreiten sie einen Riesenslalom (Samstag) und einen Slalom (Sonntag). Zu ihrem ersten Saisoneinsatz kommt Lara Gut-Behrami im Riesenslalom vom Samstag. Sie stand vor drei Jahren zum letzten Mal in Killington im Einsatz und landete auf Platz 19. Im Gegensatz zu den Slaloms von Levi tritt Swiss-Ski mit drei Athletinnen weniger an. Gute Erinnerungen an Killington hat Wendy Holdener: Vor einem Jahr wurde sie Dritte.

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