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Biathletin Lena Häcki hat trotz Obwaldner Dialekt den Familienanschluss geschafft

Die 24-Jährige aus Engelberg spielt eine Schlüsselrolle beim wundersamen Aufstieg der Schweizer Biathletinnen zur Staffel-Grossmacht. An den Weltmeisterschaften in Antholz hat sie aber auch das Potenzial für eine Einzelmedaille.
Lena Häcki hat das Potenzial für eine WM-Medaille. (Bild: Sven Thomann/Freshfocus (Lenzerheide, 5.2.2020))

Rainer Sommerhalder

Es ist wahrlich ein Volltreffer, wenn Biathletin Lena Häcki das Schweizer Frauenteam als «eine Familie» bezeichnet. In der Staffel stimmt diese Formulierung hundertprozentig. Häcki ergänzt als Schlussläuferin das Familienunternehmen Gasparin mit Selina, Elisa und Aita. Die drei Engadinerinnen haben ihre «Stiefschwester» nicht nur aufgrund der hervorragenden Resultate ins Herz geschlossen. Man mag sich, ja man muss Strahlefrau Lena Häcki ganz einfach mögen. Sprüche der drei Engadinerinnen gibt es höchstens wegen des Innerschweizer Dialekts ihrer Schlussläuferin. «Da muss ich mir ab und zu etwas anhören, dabei gibt es doch wirklich schlimmere Dialekte in der Schweiz», sagt die 24-jährige Engelbergerin.

Punkten muss Häcki in diesem inzwischen bestens eingespielten Team aber nicht mit ihrer spitzen Zunge, sondern mit schnellen Beinen und gutem Auge. Derzeit ist die im Sommer nach Ruhpolding zu Freund Marco Gross gezogene Obwaldnerin aufgrund ihrer Resultate die klare Teamleaderin der Schweizer Frauen. Selbst wenn sie sagt, es gebe im Schweizer Team keine Hierarchie. «Wir unterstützen uns gegenseitig.» Aber als zuverlässigste Punktesammlerin im Weltcup trägt Häcki einen grossen Verdienst an der vorweltmeisterlichen Euphorie rund ums Schweizer Frauenteam.

Lena Häcki lief bereits viermal auf dem Podest

Dieses hat Benjamin Weger, dem Aushängeschild der Männer, in der aktuellen Saison den Rang abgelaufen. Lena Häcki feierte im Dezember in Grand-Bornand den eigentlich von Weger erwarteten Podestplatz in einem Einzelrennen (3. in der Verfolgung) und etablierte sich mit den Staffelkolleginnen konstant in der Weltspitze. Die Ränge 3, 5, 3 und 2 lassen auch für die am Donnerstag beginnende WM träumen.

«Es ist wie Magie», schwärmt Selina Gasparin über diesen Aufstieg. «Die Resultate geben extrem viel Selbstvertrauen», sagt die Olympiazweite 2014 in Sotschi. Sie betont, dass es derzeit für ein Schweizer Topergebnis nicht einmal einen Mega-Exploit braucht. «Es reicht, wenn wir in der Staffel konstante Leistungen bringen.» Und Schwester Aita ergänzt: «Wir haben in diesem Winter praktisch an jedem Weltcuport etwas erlebt, was positiv gewesen ist».

Man merkt im Gespräch mit den vier Staffelfrauen, dass die veränderte Ausgangslage mit der neuen (Mit-)Favoritenrolle mental aufgearbeitet wurde. Man hört von den Athletinnen die exakt gleiche Aussage zum Thema. Lena Häcki: «Wir haben längst nicht so einen grossen Druck wie die Topnationen. Wir können an der WM in Antholz aufs Podest laufen, wir müssen aber nicht. Sonst machen wir es dann halt im kommenden Winter oder vielleicht sogar bei den Olympischen Spielen in zwei Jahren in Peking.»

Lena Häcki verneint nicht, dass man nach Resultaten wie in dieser Saison die eigenen Erwartungen höher setzt. Druck erzeuge dies aber nicht, «denn es ist ein unglaublich gutes Gefühl, zu wissen, dass etwas drin liegt. Mit diesem Selbstvertrauen an die WM zu reisen beruhiget.» Und die 24-Jährige ist erfahren genug, um zu wissen, dass man gerade in der Sportart Biathlon nicht zuviel nachdenken sollte, was sein könnte, wenn... «Man darf sich im Vorfeld nicht zu viele Gedanken machen», sagt sie. Nervös wird Lena Häcki weder in der Loipe noch am Schiessstand. Einzig vor ihrem Live-Auftritt als Studiogast im Sportpanorama sei sie etwas angespannt gewesen.

Nerven hielten stets, wenn es um das Team ging

Im Wettkampf zeigte Häcki ausgerechnet in jener Situation, wo der Druck maximal sein kann, Coolness. Im allerletzten Schiessen des Staffelrennens hat schon so manche Kugel das Ziel verfehlt. Und auch wenn Lena Häcki solches bei ihren ultraschnellen Schiesseinlagen in den Einzelrennen noch immer ab und zu passiert – ging es ums Team, so traf sie mit bewundernswerter Konstanz ins Schwarze.

«Podestplätze in der Staffel haben einen besondern Reiz. Du kannst sie gemeinsam feiern und den Erfolg teilen», sagt Häcki. Deshalb folgt die Antwort auf die Frage, welche WM-Medaille sie wählen würde, wenn sie einen Wunsch offen hätte, auf den Fuss: «Die Staffelmedaille!». Womit wir wieder bei der Gemeinschaft wären, die das Schweizer Team derzeit so perfekt verkörpert. «Es gibt da auch eine emotionale Ebene. Wir helfen einander auch, wenn es einmal nicht läuft und versuchen, den Anderen ein gutes Gefühl zu geben». Lena Häcki fühlt sich pudelwohl als Fremdsprachige mit Familienanschluss.

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