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Fussball-WM

3:2 gegen Serbien: Die Schweiz zaubert sich in den Achtelfinal

Mit dem herzhaften 3:2 gegen Serbien übersteht das Nationalteam abermals die WM-Gruppenphase. Nun wartet am Dienstag Portugal.

Geschafft: Die Schweizer, hier im Jubel nach dem Siegtreffer durch Remo Freuler, stehen im Achtelfinal.
Bild: Toto Marti/Freshfocus / Blick

Mit jeder Minute, die ins Land zog, kamen die Schweizer ihrem Sehnsuchtsort näher. Wie sie sich in der zweiten Halbzeit präsentierten, mit diesem 3:2 im Rücken, das Remo Freuler in der 48. Minute nach einem zauberhaften Angriff über mehrere Stationen erzielt hatte, da spürte man: hier konnte nichts mehr schiefgehen. Ausgerechnet dem Mittelfeldspieler war dieses Tor der Erleichterung geglückt; Freuler hatte lange nicht ins Spiel gefunden und ihn hatte an beiden Gegentoren in der ersten Halbzeit grosse Schuld getroffen. Er sagte: «Nach den Fehlern war das ein wichtiges Tor für mich, eines der wichtigsten meiner Karriere. Ich bin sehr, sehr glücklich, dass ich das retten konnte.»

Doch dann gerieten sich in den Schlussminuten die Teams noch in die Haare, und an vorderster Front: Granit Xhaka nach einem provokativen Griff in den eigenen Schritt. Was die Serben in Aufruhr versetzte. Beim Schweizer Captain hatte Vergangenes offensichtlich noch immer Spuren hinterlassen. Später sagte Fabian Schär: «Es fing an mit Provokationen auf beiden Seiten, wir versuchten ruhig zu bleiben.» Derweil ging Kamerun gegen Brasilien in Führung – plötzlich war von Rang eins bis drei alles möglich.

Stress in den Schlussminuten: Milenkovic und Xhaka geraten aneinander.
Bild: Toto Marti/Freshfocus / Blick

Zum fünften Mal in Serie im Achtelfinal

Als dann der Schiedsrichter Fernando Rapallini endlich abpfiff, bildeten die Schweizer eine Traube, überschwänglich war ihr Jubel aber nicht – sie wollen mehr, und dürfen doch stolz sein. Sie überstanden zum fünften Mal in Serie eine Gruppenphase an einem Grossanlass. In dieser Zeitspanne gibt es in Europa genau eine Nation, der dies ebenfalls gelang: Frankreich. Das sagt so viel aus über die Konstanz dieser Mannschaft. Und am Dienstagabend trifft sie nun als Gruppenzweite auf Ronaldos Portugal.

Wieder Serbien, wieder in einem WM-Gruppenspiel, das fürs Weiterkommen entscheidet. Wieder wie damals bestanden die Schweizer als solidarisches Team dank Dynamik, Mut, Lust wie Leidenschaft, und prächtigen Toren nach perfekt ausgeführtem Umschaltspiel. Dieses Mal kam den Schweizern entgegen, dass die Atmosphäre nicht mehr derart aufgeladen war durch persönliche Angriffe unter die Gürtellinie wie 2018. Dennoch gab es zehnmal Gelb.

Aber die Spannung war greifbar, weil so viel auf dem Spiel stand. Eines, das auch das Wirken von Nationaltrainer Murat Yakin prägt und fürs Erste definiert. Die Schweiz kennt dieses Gefühl: In den entscheidenden Partien parat, noch mehr reif zu sein und dem immensen Druck standzuhalten. Diese Widerstandsfähigkeit hat sich diese Generation verinnerlicht. Und sie legt sie sogar an den Tag, wenn sie in Rücklage gerät. Gegen Serbien war es ein 1:2. So konnte diese Aufgabe auch als eine Art Reifezeugnis herhalten, sofern die Schweizer bestehen. Was sie taten.

Hier die Schweizer, die sich auf ihr schnelles Umschaltspiel fokussierten. Dort die Serben, die unbedingt gewinnen mussten, um eine Chance auf den WM-Achtelfinal zu haben. Begann die Mannschaft von Trainer Murat Yakin gut mit einer Doppelchance gleich zu Beginn, waren es danach die Serben, die dominierten und in der zehnten Minute den Pfosten trafen. Andrjia Zivkovic war der Schütze, Gregor Kobel machtlos. Er stand im Tor, weil Yann Sommer stark erkältet Forfait geben musste wie Nico Elvedi, den Schär gut ersetzte. Doch dann nahmen die Dinge ihren Lauf, der gut war für die Schweiz. Und Xherdan Shaqiri traf nach einem Pass von Djibril Sow aus dem Hinterhalt mittels abgefälschtem Schuss.

Bloss drei Spieler haben es geschafft, an den Weltmeisterschaften 2014, 2018 und 2022 zu treffen: Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Xherdan Shaqiri (Bild).
Bild: Toto Marti/Freshfocus / Blick

Damit ist Shaqiri, der noch rechtzeitig fit geworden war, mit Lionel Messi und Cristiano Ronaldo der dritte Spieler, der an den Weltmeisterschaften 2014, 2018 und 2022 traf. Der einzige Schweizer, der überhaupt an drei Weltmeisterschaften traf, ist der Zauberzwerg sowieso. Und mit Ricardo Rodriguez und Xhaka, der das Mittelfeld abgeklärt lenkte, bei elf WM-Auftritten Rekordspieler der Schweiz. Alles Paletti. Dachte man.

Doch es sollten die schlimmen Minuten der Schweizer folgen, die in der Defensive komplett versagten. Allen voran Freuler, der dafür sorgte, dass die Serben bis zur 35. Minute plötzlich in Führung lagen. Aleksandar Mitrovic und Dusan Vlahovic trafen – das Duo stand für die geballte Offensivwucht, die Trainer Dragan Stojkovic auf das Feld beorderte. 1:2 hiess es fortan, und wie sich die Schweizer kurzzeitig präsentierten, war nicht gut. Sollten sie tatsächlich an dieser Prüfung scheitern, ja geradezu verwelken?

Shaqiri liess sich bald zurückfallen, was immer auch bedeutet: Er hat Lust, grosse Lust. Und so war es auch, als er den nächsten Angriff lancierte. Und am Ende der wunderbaren Kombination, bei der die Serben die Seite und damit den aufgerückten Silvan Widmer völlig vernachlässigten, stand es dank Breel Embolo in der 44. Minute 2:2. Es war das erste Tor, das Brasilianer kaum schöner erzielen könnten. Freulers 3:2 kurz nach Wiederbeginn das zweite, Ruben Vargas, herrlich angespielt von Shaqiri, hatte ihn mit der Hacke bedient.

Die Serben verwelken

Die Serben offenbarten gerade bei den Gegentoren ihre Verwundbarkeit in der Defensive. Nun waren sie es, die verwelkten, platt wirkten und nicht mehr wirklich zu reagieren vermochten. Die Nebengeräusche, die im Vorfeld bei ihnen laut geworden waren, waren womöglich doch des Schlechten zuviel gewesen.

Der Live-Ticker zum Nachlesen:

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