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Kanton Schwyz

«Unfaire» Fischer ärgern Tierschützer

Kurz vor Beginn der Fischereisaison werden «fangreife» Forellen in verschiedene Schwyzer Gewässer eingesetzt, um die Fischer bei Laune zu halten und ihnen ein tolles Fangerlebnis zu ermöglichen. Längst kritisiert nicht nur der Tierschutz diese Praxis.
Forellen im Wasser.
Bild: Symbolbild

Ende März dieses Jahres: Ein Kantonsangestellter lässt am Ufer der Rigi-Aa in Goldau mit Hilfe einer langen Schnur einen mit Wasser gefüllten Behälter in Richtung Bachbett sinken. Kurz vor der Wasserfläche dreht er den Kübel um, und mehrere grosse Forellen plumpsen ins Wasser.

Kuno von Wattenwyl, Mitarbeiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons Schwyz, bestätigt, dass dies im Hinblick auf die neue Fischereisaison so gemacht worden sei. «Attraktivitätsbesatz», nennt man das in der Fachsprache. Von Wattenwyl spricht von «Mass­forellen». Es handelt sich um Fische, die das vorgeschriebene Fangmass von 24 Zentimetern erreichen.

Nach Angabe des Kantons werden sie auch in andern Schwyzer Gewässern eingesetzt – mehrere tausend Fische pro Jahr. Das bedeutet: In manchen Fällen fischt Fischers Fritz demnach einfach frisch eingesetzte Fische. Der Kanton ist gemäss von Wattenwyl gesetzlich verpflichtet, Geld für die Bewirtschaftung der Gewässer auszugeben. Dies müsste allerdings nicht zwingend durch das Einsetzen von Fischen geschehen. Das Geld könnte zum Beispiel auch dafür verwendet werden, eingedolte Bäche auszudolen und naturnah zu gestalten.

Besonders viele fangfertige Fische werden jeweils im Wägitalersee eingebracht. Dieser Besatz erfolgt aber nicht durch den Kanton, sondern durch einen privaten Pächter. Gemäss von Wattenwyl sind beim Einsetzen von Fischen gewisse Regeln vom Tierschutz her vorgegeben. So müssen die Fische mindestens 24 Stunden im Wasser gewesen sein, bevor sie wieder geangelt werden dürfen.

Damit ist klar, dass das Einsetzen im Kanton Schwyz einige Tage vor dem Beginn der Fischerei am 1. April zu geschehen hat. Ganz grundsätzlich erklärt von Wattenwyl, dass der Kanton Schwyz daran sei, seine Besatzstrategie zu überdenken.

Die gezüchteten Fische sind eine leichte Beute

Andreas Knutti vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) geht davon aus, dass fangfähige Fische in Fliessgewässer eingesetzt werden, um den Anglern so zu Beginn der Saison zu ersten Erfolgserlebnissen zu verhelfen. Manchmal werde auch argumentiert, dass damit der Druck in anderen natürlichen Fischereigewässern etwas reduziert werden könne, weil die Angler so gezielt an einfach zugänglichen Orten Fische fangen können.

Grundsätzlich aber stuft Knutti den Effekt der Massnahme als nicht sehr nachhaltig ein. Erfahrungsgemäss würden die eingesetzten Fische in den Fliessgewässern rasch verschwinden, weil sie nicht an die natürlichen Gewässer angepasst seien. So etwa würden sie oft zur einfachen Beute von Vögeln oder andern Tieren.

Eine Anfrage bei verschiedenen Deutschschweizer Kantonen ergibt ein unterschiedliches Bild. In Zürich, Graubünden, Basel-Stadt und Baselland werden keine fangreifen Fische ausgesetzt. Auch der Kanton St. Gallen handhabt dies so. Es gebe nur ganz wenige Ausnahmen, wenn, dann im Falle von Stauhaltungen, wo keine fischgängigen Zu- und Ableitungen bestehen, erklärt Michael Kugler von der Abteilung Fischerei des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons St. Gallen.

Kugler hält den Einsatz von fangreifen Fischen in offenen Gewässern für «schlicht nicht mehr zeitgemäss». Es gebe nur wenige Fälle, wo sich das vertreten lasse. Dies sei eigentlich nur noch dort der Fall, wo ein geschlossenes Gewässer – etwa ein Stausee – explizit der Angelfischerei diene. Aber auch dort müsse tierschutzgerecht gefischt werden.

Tierschutz gegen «Plausch des Wiederfangs»

Der Schweizer Tierschutz lehne das Aussetzen von Tieren zu Jagdzwecken grundsätzlich ab, sagt Sprecherin Sara Wehrli. Ob es sich dabei um Fasane oder Forellen handle, spiele keine Rolle: «Es ist aus Tierschutzsicht extrem störend, dass Tiere, die in menschlicher Obhut aufgezogen wurden, nur zum Plausch des Wiederfangs eingesetzt werden. Ihre Überlebenschancen dürften gering sein, selbst wenn kein Angler sie erwischt.»

Etwas anders verhalte es sich beim Einsetzen von Jung­fischen. Diese würden ab einem frühen Entwicklungsstadium in Bächen und Seen leben und hätten daher generell gute und langfristige Überlebenschancen. Extra zum Fang ausgesetzte Forellen hingegen erfüllen alle Kriterien für den Wiederfang, sodass der Fang bereits kurz nach dem Aussetzen erfolge.

Carlo Schuler

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