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Schwyz

Neue «Bote»-Chefredaktorin: «Langeweile kenne ich nicht»

Anfang Juni hat Flurina Valsecchi die Chefredaktion des «Boten» übernommen. Dass sie keine Einheimische ist, sieht sie als Chance.
Stabsübergabe in der Chefredaktion des «Boten der Urschweiz»: Flurina Valsecchi folgt auf Jürg Auf der Maur.
Bild: Erhard Gick

Mit Flurina Valsecchi sprach Erhard Gick

Sie haben den Posten der Chefredaktorin beim «Boten der Urschweiz» übernommen. Können Sie sich kurz vorstellen?

Ich bin 41 und habe ursprünglich in Graubünden das Lehrerseminar absolviert. Doch gleich danach hat es mich in den Journalismus gezogen, erst in Graubünden, dann in Luzern. Einige Jahre habe ich in Bern als Bundeshauskorrespondentin gearbeitet. Der Liebe wegen bin ich schliesslich in der Zentralschweiz gestrandet.

Sie sind die erste Frau beim «Boten» in der Stellung als Chefredaktorin. Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger Jürg Auf der Maur?

Das müssen Sie dann in ein paar Wochen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fragen. Jürg Auf der Maur und ich sind vom Typ her unterschiedlich, unsere Leidenschaft für den Journalismus aber verbindet uns. Ich bin froh und dankbar, dass er weiterhin mit im Team mitarbeitet und wir von seiner Erfahrung profitieren dürfen.

Wo kann der «Bote» noch zulegen?

Wir stecken nach wie vor viel Leidenschaft und Fleiss in unsere Print-Ausgabe. Gleichzeitig stellen wir uns aber auch die Frage: Wie und wo erreichen wir die jüngere Generation? Was interessiert sie? Und wie können wir in Zukunft auch im Digitalen die Erfolgsgeschichte des Boten fortsetzen?

Wie wichtig sind für Sie unsere App, Videos, Livestreams und die sozialen Medien?

Diese Themen gehören heute zum Medienkonsum vieler Menschen, übrigens nicht nur von Jugendlichen. In den letzten Jahren habe ich mich mit dem Journalismus im Digitalen stark auseinandergesetzt. Wir werden im Team gemeinsam entscheiden, was wir beim «Boten» anpacken werden.

Wie schaffen Sie es, dass auch die Jungen den «Boten» abonnieren?

Wir müssen Themen bringen, welche die jüngere Generation betreffen und bewegen. Und wir können sie mit neuen digitalen Erzählformaten zu uns locken.

Im Gegensatz zu anderen Redaktionen ist der Anteil der Frauen beim «Boten» ausgezeichnet, über die Hälfte des Teams ist weiblich. Haben es Frauen im Journalismus schwerer als Männer?

Ich persönlich habe beide Seiten erlebt: Manchmal wurde ich für meine Analysen und Kommentare wohl etwas schärfer angegriffen als meine männlichen Kollegen. Aber es hat durchaus auch Vorteile, wenn man in einer Männerdomäne auffällt und diese im richtigen Moment überraschen kann.

Sie kommen von einer gut etablierten städtischen Zeitung und wechseln jetzt zu uns aufs Land. Was wird hier anders sein als an Ihrer früheren Station in Luzern?

Auch der Kanton Luzern besteht aus ganz viel ländlichem Raum. Aber tatsächlich: Ich kenne das Leben auf grösseren «Tankern» wie die CH-Media-­Gruppe. Jetzt freue ich mich, mit einem kleineren Team zu rudern und da und dort vielleicht etwas spontaner etwas Neues auszuprobieren.

Für eine Lokalzeitung wie den «Boten» sind eine gute Kenntnis der Themen und ein Beziehungsnetz extrem wichtig. Das wird für Sie als Auswärtige sicher schwierig.

Das könnte ein grosses Handicap sein, ich sehe es aber viel mehr als Chance. Ich kann mit einem frischen Blick und etwas Distanz von Aussen die Themen angehen. Ausserdem bin ich neugierig und gesellig, ich werde mich schnell einleben.

Was sind Ihre Stärken?

Ich bin ein fröhlicher Mensch und kann Kolleginnen und Kollegen so motivieren und für eine Idee begeistern.

Und Schwächen?

Ich habe gerne eine gute Ordnung, da bin ich wohl pingelig. Und ich ärgere mich über Unpünktlichkeit. Deshalb bin ich meistens zehn Minuten zu früh.

Worüber können Sie herzlich lachen?

Über die Witze meiner Kinder.

Welcher Typ Chefin sind Sie?

Sicher bin ich keine, die den ganzen Tag die Leute herumkommandiert. Ich sehe mich mehr als Coach, der das ganze Team vorwärtsbringt.

Was tun Sie, wenn Sie nicht gerade für den «Boten» im Einsatz sind?

Langeweile kenne ich nicht. Meine Freizeit verbringe ich mit meinem Mann und unseren drei Kindern. Wir haben einen grossen Garten, den Vierwaldstättersee zum Schwimmen in der Nähe und eine Schar Kleintiere, die stets gut versorgt werden wollen.

Sie erwähnen es, Sie sind Mutter von drei Kindern. Dürfen wir fragen: Wie machen Sie das mit Job und Familie?

Ja, es ist wichtig, dass wir über dieses Thema reden. Interessant ist ja, dass diese Frage nur selten den Vätern gestellt wird, obwohl sie vor der gleichen Herausforderung stehen. Mein Mann und ich teilen uns die Betreuung der Kinder und die Hausarbeit. Unterstützt werden von einem Au-pair-Mädchen und durch den tollen Einsatz von Grosseltern und Grosstante. Das macht uns zu einer richtig grossen Familie.

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