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Goldau

Private Tablets an der Schule umstritten

An der Projektschule Goldau bringen die Schüler die eigenen IT-Geräte in den Unterricht mit. Vor dem Hintergrund eines neuen Bundesgerichtsentscheids ist das problematisch.
Selbstverständlichkeit oder sozialer Druck? Private IT-Geräte an Volksschulen einzusetzen, ist juristisch heikel.
Bild: Pius Amrein, Luzerner Zeitung

Carlo Schuler

«Brings mIT» heisst der aktuelle Slogan an der Projektschule Goldau. Mit «es» ist «das Gerät», der Kleincomputer gemeint. Das kann ein Smartphone, Notebook oder ein Tablet sein. Die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse in Arth-Goldau dürfen demnach ihre persönlichen Kleincomputer in die Schule mitnehmen und dort für schulische Zwecke benützten. «Bring dein eigenes Gerät mit» oder auf Englisch «Bring Your Own Device» (BYOD) heisst dieses Prinzip.

Die Projektschule Goldau ist ein gemeinsames Projekt der Pädagogischen Hochschule Schwyz (PHSZ) und der Gemeindeschule Arth-Goldau. Die Projektschule beschäftigt sich mit dem Einsatz und der Erprobung digitaler Medien. Beat Döbeli von der PHSZ ist wissenschaftlicher Leiter der Projektschule Goldau. Er bestätigt, dass die Projektschule Goldau für Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse auf das BYOD-Prinzip setzt. Anders die Projektschule Leutschen in Freienbach.

Diese arbeitet mit Geräten, die von der Schule finanziert und zur Verfügung gestellt werden. «Im Moment bringen rund drei Viertel der Kinder der 5. Klasse ein eigenes Gerät mit», sagt Beat ­Döbeli. In der 6. Klasse würden praktisch alle Kinder ein eigenes Gerät mitbringen. Für jene Kinder, die kein privates Gerät mitnehmen, stellt die Schule Geräte zur Verfügung. «BYOD funktioniert wunderbar», heisst es auf der Homepage der Projektschule Goldau. Und weiter: «Keine Kosten für Schule, Eltern und Kinder: Durch das Projekt entstehen weder der Schule, den Eltern noch den Kindern zusätzliche Kosten.»

Bundesgericht betont Unentgeltlichkeit

Befürworter des BYOD-Prinzips sehen mehrere Gründe, die für diesen Ansatz sprechen würden. Unter dem Strich dürfte das Kostenargument eine zentrale Rolle spielen. Wenn die Kinder die Geräte von zu Hause mitnehmen, so erwachsen den Schulträgern weniger Kosten. Auf der Homepage der Projektschule Goldau heisst es dazu: «Wenn die grosse Mehrheit der Schülerinnen und Schüler privat aktuelle persönliche Digitalgeräte besitzt, so gilt es diese Ressourcen sinnvoll zu nutzen und die Schule vor überflüssigen Kosten zu verschonen.»

Das Ganze ist aber heikel. Das Bundesgericht hat nämlich Ende des letzten Jahres in einem weitherum beachteten Leitentscheid (BGE 2C_206/2016) in aller Deutlichkeit betont, dass der Unterricht in der Volksschule für die Schülerinnen und Schüler ­unentgeltlich zu erfolgen hat. Klar ist: Wenn Kinder eigene Geräte in der Schule verwenden, so ersparen sich die Schulträger Kosten. Man kann es drehen, wie man will: Die entsprechenden ­Investitionen werden von den ­Eltern übernommen. Nicht von der Hand zu weisen ist auch, dass sich die Eltern so unter Umständen einem latenten Anschaffungs- oder Ersetzungsdruck ausgesetzt sehen können.

Beat Döbeli betont: «Ich stehe voll und ganz hinter dem von der Verfassung garantierten Anspruch auf Unentgeltlichkeit der Volksschule.» An der Projektschule Goldau werde allen Kindern, die kein Gerät in die Schule mitbringen können oder wollen, ein Gerät von der Schule zur Verfügung gestellt. Auch Kinder, die ein zu langsames Gerät mitbringen, könnten problemlos auf ein Schulgerät wechseln. «Damit scheint mir der verfassungsmässig garantierten Kostenlosigkeit Genüge getan», hält Döbeli fest.

Das sieht Benjamin Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Universität St. Gallen, anders. Er hält den «Bring Your Own Device»-Ansatz für problematisch, weil dieser den Grundsatz der Kostenlosigkeit des Grundschulunterrichtes subtil aufweiche. Schindler verweist auf den erwähnten Entscheid des Bundesgerichtes, in welchem das höchste Gericht des Landes in einem Fall aus dem Kanton Thurgau klipp und klar am durch die Verfassung garantierten Grundsatz der Kostenlosigkeit des Grundschulunterrichtes festhält. Schindler sieht den BYOD-Ansatz ganz klar auch vor dem Hintergrund der Kostenfrage. Für die meisten Schulen dürfte es seiner Ansicht nach nicht leicht sein, den Kindern die Geräte zur Verfügung zu stellen.

Dies, weil das entsprechende Budget zumeist fehlen dürfte. Wenn aber die ­Devise «Bring Your Own Device» gelte, so werde auf alle Kinder subtil Druck ausgeübt, ein solches Gerät anzuschaffen. Denn selbst wenn die Schule für Kinder ohne Gerät ein solches zur Verfügung stelle, bleibe das Ganze problematisch. Jene Kinder, die dieses Angebot in Anspruch nähmen, könnten sich nämlich dem Verdacht ausgesetzt sehen, ihre Eltern seien «armengenössig». «Faktisch läuft dies dann auf eine Anschaffungspflicht hinaus.»

Benjamin Schindler betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung des erwähnten Bundesgerichtsentscheides: «Ich bin sehr froh, dass das Bundesgericht mit seinem Entscheid unterstrichen hat, dass der grundrechtlich garantierte Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht von sehr begrenzten Ausnahmen abgesehen voraussetzungslos gilt.»

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