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Einsiedeln

Seit zwei Jahrzehnten ist sie hier am Weihnachtsmarkt

Ihre Produkte gibt es nur am grössten Weihnachtsmarkt der Zentralschweiz zu kaufen: Das ganze Jahr über arbeitet Lina Schnidrig mit ihrer Fellnähgruppe Einsiedeln an Kleidern und Accessoires aus Chüngelfell – geliefert von lokalen Züchtern.

Babyschuhe, Mützen, Schlüsselanhänger, Spielzeug, ja gar ein ganzer Veston. Das alles und noch viel mehr können Lina Schnidrig und die anderen Frauen der Fellnähgruppe Einsiedeln aus Kaninchen- oder – auf gut schweizerisch – aus Chüngelfellen nähen. Lina Schnidrig hat ihre Arbeiten auf dem Stubentisch zu Hause in ihrem Haus in Einsiedeln ausgebreitet. Seit gestern werden sie am Stand am Weihnachtsmarkt in Einsiedeln zum Verkauf angeboten.

Die Chüngelfelle sind schön weich. Wie sich die Pelze anfühlen, kommt laut Schnidrig auf die Rasse an. An Flauschigkeit kaum zu überbieten seien beispielsweise die Haare der Rasse «Rex». «Das ist mein Lieblingsfell. Die Haare sind kurz und richtig dick, ein perfektes Fell, das der Hand schmeichelt», sagt die 60-Jährige. Daraus sei beispielsweise der Veston, der aus insgesamt 25 Rex-Fellen besteht und ein Unikat ist. Er ist, wie alles bei der Nähgruppe, im wahrsten Sinne des Wortes in Handarbeit hergestellt. Selbstredend kommt auch keine Nähmaschine zum Einsatz.

Seit 39 Jahren gibt es die Fellnähgruppe Einsiedeln, die unter dem Dach des örtlichen Ornithologischen Vereins beheimatet ist. Damals kamen die Frauen von Chüngelzüchtern auf die Idee, dass man die Pelze der geschlachteten Tiere doch weiterverarbeiten könnte, anstatt diese einfach wegzuwerfen. Die Fellnähgruppe verarbeitet ausschliesslich Ware, die sie von lokalen Chüngelzüchtern geschenkt bekommt. «Wir lassen sie dann in der Gerberei hier in der Region verarbeiten», sagt Schnidrig. Nicht aus jedem Fell lässt sich ein Schlüsselanhänger oder ein Stirnband nähen. Schnidrig und die anderen Frauen verwenden nur das Winterkleid der Tiere, das im Gegensatz zum Sommerfell viel dichter ist.

Lina Schnidrig ist seit über 20 Jahren bei der Fellnähgruppe dabei und mittlerweile deren Leiterin. Das Handwerk lernte die Einsiedlerin in speziellen Kursen. Etwa zweimal im Monat treffen sich die sieben Frauen im örtlichen Schulhaus, um zusammen zu «büezen», wie Schnidrig sagt. Der Altersdurchschnitt der Gruppe liege dabei bei über 60 Jahren. Nur eine Frau sei mit 36 Jahren deutlich jünger. «Wir würden uns über Nachwuchs freuen. Manche Frauen mussten das Hobby leider aufgeben, da sie altershalber die Nadel nicht mehr richtig durch die dicken Felle stecken konnten», sagt Schnidrig. Bei allen sei das Fellnähen ein Hobby geblieben. Geld lasse sich damit nicht viel verdienen. «Ich habe schon immer gerne genäht. Für mich ist es entspannend, wenn ich abends zu Hause an meinen Fellen nähen kann», sagt Schnidrig.

Begehrt sind die Schlüsselanhänger

Am Weihnachtsstand in Einsiedeln können so etwa 80 verschiedene Produkte angeboten werden. Laut Schnidrig seien besonders die Schlüsselanhänger für fünf Franken ein Renner. Am Stand kämen viele Stammkunden vorbei, aber auch Erstbesucher aus der ganzen Schweiz. «Sie sind schon erstaunt, was wir aus Chüngelfellen so alles machen können», sagt Schnidrig. Selten würde sie wegen der echten Felle kritische Stimmen hören. Wenn dann doch mal ein Pelzgegner schockiert sei, sage Schnidrig immer, dass die Chüngel ja aus der Region stammen und das ganze Tier und nicht nur die Felle verarbeitet werden. Mit anderen Pelzen, beispielsweise von Nerzen, die oft leiden müssen, kann Schnidrig überhaupt nichts anfangen. «Unsere Chüngel hatten ein gutes Leben. Ist doch schön, dass ihre Felle nicht einfach verschwendet werden.»

 

Andreas Bättig

redaktion@zentralschweizamsonntag.ch

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