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Schwups und weg!

Regelt die unsichtbare Hand des Marktes auch unser Gesundheitswesen? Dann spielen wir das mal durch. Starten wir mit der Realität: Zu Beginn des Jahres 2023 informierte man die Politik in drei Gemeinden des Kantons Sorglos, dass das regionale Alters- und Pflegeheim geschlossen wird. Schwups – 65 Heimplätze sind weg. Für die verbleibenden betagten Personen wurden Anschlusslösungen gesucht. Jetzt werfen wir einen Blick in die Glaskugel der Zukunft: Im September 2023 folgt ein zweites privates Heim mit der gleichen Begründung: Fachkräftemangel. Ende Jahr trifft es das dritte private Heim. Dort aber langt eine Luxusheimkette, die dem drittgrössten kommerziellen Liegenschaftsbesitzer der Schweiz gehört, zu. Jetzt ist es ein toprentables Topheim für Topvermögende.

Das gleiche Glück hat das kleinste Spital im Kanton Sorglos nicht: Im Frühling 2024 erklärt eine internationale Klinikkette, dass sie ab Mitte 2024 kein Interesse mehr habe, das Regionalspital zu betreiben. Schwups und weg. Die als Qualitätssicherung deklarierten Normen der grössten Spitalbetreiber verdrängen dann das zweite Regionalspital. Menge sei Qualität bei den Operateuren und klein sei eben unfein. Wenn man aus didaktischen Gründen die Geschichte zu Ende denkt, landen wir bei einer doch eher beängstigenden Situation.

Im Kanton Sorglos macht man sich Sorgen. Denn mit den Betten sind auch die Arbeits- und die Ausbildungsplätze sowie die volkswirtschaftliche Wertschöpfung weg. Die bundesrechtlich verankerten Finanzierungsverpflichtungen führen gleichzeitig dazu, dass jeder Heimplatz und jeder Spitalaufenthalt von den Prämien- und Steuerzahlenden im Kanton Sorglos dennoch mitfinanziert werden müssen. Das Geld fliesst in Strömen in die Volkswirtschaften der abnahmefreudigen Nachbarkantone.

Wollen wir also voll und ganz auf den Staat setzen? Schauen wir, was in drei Nachbarkantonen passiert ist. Das Kantonsspital Aarau brauchte diesen Frühling dringendst eine Finanzspritze aus der Staatskasse von 240 Mio. Franken, um den Konkurs zu verhindern. Offenbar hat da die bürokratische Eignerstrategie des Kantons nicht funktioniert. In Zürich sitzen die beiden Stadtspitäler auf derart hohen Schulden, dass man «ausserplanmässige» Abschreibungen von 175 Mio. Franken machen wollte. Mit dem Resultat, dass der Zürcher Regierungsrat die Jahresrechnung 2019 der Stadt nicht genehmigt hat. Im Kanton Uri sagten im Jahr 2017 über 85 Prozent der Abstimmenden Ja zum 115 Mio. schweren Um- und Neubau des Kantonsspitals für 37 000 Einwohner. Uri sagt damit demokratisch Ja zu seinem Regionalspital.

Nur Markt? Nur Staat? Von beidem das Beste! Den Bewohnerinnen und Bewohnern des Kantons Sorglos bleibt ein ganz langweiliger, aber erfolgreicher Weg offen. Der pragmatische Zickzack-Kurs zwischen Markt- und Staatselementen. Offenbar konnten die Regionalspitäler bisher die Investitionen in zeitgemässe Liegenschaften stemmen. Der Betrieb sollte – zumindest gemäss Gesetz – durch Krankenkassentarife und Kantonsbeiträge gewährleistet sein. Durch eine gute Vernetzung von ambulanten und stationären Diensten stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern die Grundleistungen regional zur Verfügung. Parallel zu den stationären Angeboten gibt es zum Glück ein breites Angebot von privat organisierten, aber eben nicht gewinnorientierten Dienstleistern. Rotes Kreuz, Spitex-Organisationen, Pro Senectute und weitere kantonal und kommunal verankerte Dienstleister. Sie werden durch eine Charta vereint, die Zusammenarbeit, Wirksamkeit und Kostengünstigkeit anstrebt. Ein grosser Vorteil dabei ist der tagtägliche Einbezug von äusserst wertvollen Freiwilligen. Die Dienstleister werden durch die Gemeinden und Bezirke unterstützt und werden auf kantonaler Ebene durch Leistungsvereinbarungen gesteuert. Denn nicht alle müssen alles machen. Arbeits- und Aufgabenteilung kann man verabreden und gut steuern. An diesem vorhandenen Netz im Kanton Sorglos gilt es zu stricken. Das gemeinsame Ziel ist ein gutes Grundangebot an Gesundheitsversorgung. Vor Ort, getragen durch die Bevölkerung. Das ist allemal besser als «Schwups und weg»!

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