Roger Rüegger
«Das richten wir ein. Uns gibt es sowieso nur im Pack», versichert uns Marlis Knüsel, als wir sie um einen Fototermin mit der ganzen Familie bitten. Wenn ein Termin mit sechs und mehr Personen in einem zweiminütigen Telefongespräch zustande kommt, ist davon auszugehen, dass man es mit zuverlässigen und unkomplizierten Leuten zu tun hat.
Was sich bei unserem Besuch an einem der vier Standorte der Firma Sepp Knüsel Landmaschinen in Küssnacht bestätigt. Marlis (58), Sepp (63) und ihre Töchter Theres (31), Ruth (27), Doris (29) und Edith (34) (mit dem vierjährigen Sohn Leano) stehen wie vereinbart bereit für das Bild. «Salü, i be d Marlis», grüsst die Geschäftsführerin.
Auch der Firmengründer stellt sich mit kräftigem Händedruck vor: Sepp Knüsel. Er, der sich bereits mit 20 selbstständig machte, ist stolz, dass neben seiner Frau heute alle vier Töchter im Unternehmen tätig sind. «Das kann man nicht erwarten. Zuerst waren sie auswärts tätig, aber irgendwann wollten alle heimkommen», erzählt Sepp, der ein begnadeter Mechaniker und Entwickler ist. Seine Vision, einen eigenen Traktor zu bauen, setzte er 2003 mit dem Rigitrac um. Es ist dies der einzige Traktor, der in der Schweiz hergestellt wird – in einer Auflage von nur rund 30 Stück pro Jahr.
Dass der Inhaber eines Unternehmens dieser Grösse zur Hauptsache in der Werkstatt an neuen Ideen tüfteln kann, ermöglichen ihm seine Frau und seine Töchter. Theres und Marlis teilen sich die Geschäftsleitung, wobei sich die Mutter inzwischen vermehrt auf den Verkauf konzentriert. Die Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung ist Aufgabe von Doris, Werbung und Personal übernimmt Edith, und die gelernte Automobilmechatronikerin Ruth hat die Montage der Rigitrac-Traktoren unter sich.
Selbstständig machte sich Sepp 1976 auf dem Hof seiner Eltern mit Reparaturen von Landmaschinen und dem Verkauf von Traktoren. Bald konstruierte er auch eigene Maschinen und Anhänger und baute den Betrieb weiter aus. Auf dem Zuger Stierenmarkt begegnete er eines Tages dieser Bauerntochter Marlis, die es einfach nicht lassen konnte, ihn immer wieder zu necken. Die Frau lacht und bestätigt: «Ja, den jungen Burschen am Stand musste ich etwas plagen. Ich fragte ihn zum Beispiel, ob er seine Traktoren wirklich auf jedem Gelände fahren könne.» Sepp erinnert sich: «Ich dachte: Aha, das ist eine, die Pfiff hat.»
Weil Marlis’ Vater dem jungen Sepp einige Zeit später einen Traktor abkaufte, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich die beiden jungen Leute wieder treffen würden. Als das Mädchen eines Tages mit besagtem Traktor in Sepps Werkstatt aufkreuzte, dauerte die Reparatur etwas länger – und endete mit einer Einladung zum Abendessen. 1983 heirateten die beiden. In der Firmenzeitung zum 40-Jahre-Jubiläum steht: «Ein gutes Team.
Diese harmonisierende Zusammenarbeit bildet einen grossen Teil des Erfolgs dieser Firma. Marlis ist eine ausgezeichnete Kennerin der landtechnischen Materie.» Sepp und Marlis rufen Geschichten ab, als ob diese erst vor kurzem geschehen wären. Dann aber wird der Mann unruhig. «In der Werkstatt warten Arbeiten, die ich jetzt erledigt haben will. Ruft mich, wenn der Fotograf eingetroffen ist.»
Technischer Sachverstand gehört hier zur Familienehre
In der Firma Sepp Knüsel werden ausschliesslich technische Geräte und Maschinen repariert, hergestellt und verkauft. Dies stellt in dieser Familie für niemanden eine spezielle Herausforderung dar. Marlis hat sich in den vielen Jahren, in denen sie im Betrieb mitwirkt, die notwendigen technischen Kenntnisse angeeignet und hat bei der Beratung der Kunden das Heft fest in der Hand. Und neben der Automobilmechatronikerin Ruth verfügt auch Theres über ein fundiertes Wissen im technischen Bereich.
Sie, die ursprünglich aus der Versicherungs- und Treuhandbranche kommt, hat in einem Pilotprojekt während dreier Jahre die Berufsschule der Landmaschinenmechaniker begleitet. «Wenn nötig, kann ich bei der Beratung von kleineren Maschinen gut aushelfen. Schon als Mädchen habe ich mich häufig im Betrieb aufgehalten. Wenn Papi besetzt war, habe ich schon damals versucht, Kunden zu beraten», sagt Theres. Und Marlis ergänzt: «Ja, die Mädchen sind öfters auf einen Stuhl gekraxelt und haben mit den Kunden geplappert, wenn wir Eltern gerade am Telefon waren oder anderweitig bedienen mussten.»
Eine gute Ausgangslage für die spätere Tätigkeit und die Kundenbindung. Die Leute würden heute Wert darauf legen, kompetent beraten zu werden. Ob ein Mann oder eine Frau als Fachkraft auftrete, sei dabei zweitrangig, ist Marlis überzeugt. «Von unseren rund 6000 Kunden besteht nur ein einziger darauf, von Sepp bedient zu werden», sagt sie. Einige würden aber auch ausschliesslich nach ihr verlangen.
Der inzwischen von der Werkstatt zurückgekehrte Sepp fügt hinzu: «Ich finde es auch gut, wenn bei uns eine Frau als Vertreterin eines Lieferanten auftritt, die Ahnung von der Materie hat. Was ich hingegen überhaupt nicht ausstehen kann, sind Männer in Anzügen, die sich als Vertreter ausgeben, dann aber keine Informationen zu technischen Details liefern können.»
Dass die Frauen der Familie Knüsel mit technischem Flair ausgestattet sind, kommt nicht von ungefähr. Jede Tochter absolvierte mit 14 die Traktorenprüfung. Als Belohnung durfte jede von ihnen einen Oldtimer aus Sepps Sammlung aussuchen. Die Maschinen waren teilweise rostig und mussten restauriert werden. Mit Sepps Hilfe hat heute jede Tochter ein Bijou von einem Oldtimer-Traktor. Auch Marlis besitzt ein solches Schmuckstück – es war Sepps Geschenk zum ihrem 40. Geburtstag.
Schon beim Einstellungsgespräch wird der Tarif durchgegeben
Wie hat die Frau es geschafft, eine Firma zu führen und gleichzeitig vier Töchter aufzuziehen? «Als die erste Tochter kam, bestand unser Betrieb nur aus vier Mitarbeitern. Ich schrieb damals die Rechnungen und bediente das Telefon. Später unterstützte mich meine Schwester, die selber auch eine junge Mutter war», erklärt Marlis.
Im Büro der Firma Knüsel war früher auch oft ein Laufgitter aufgebaut. «Das war nur möglich, weil wir einen Familienbetrieb führen.» Heute arbeiten in der Firma Knüsel 40 Leute. Bei den Einstellungsgesprächen werden Bewerber übrigens darauf hingewiesen, dass die Leitung der Firma fest in Frauenhand ist. «Bisher hat dies für künftige Mitarbeiter noch nie eine Rolle gespielt.»