Jürg Auf der Maur
Nur auf den ersten Blick schien der Fall schon im Voraus klar. Die Fraktionen im Schwyzer Kantonsrat sprachen sich mehr oder weniger einhellig dafür aus, der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) eine Restschuld von rund 505000 Franken zu erlassen. Diese ist eh schon seit Jahren abgeschrieben, zudem hatten sich die Regierungen der anderen Zentralschweizer Kantone bereits für einen Schulderlass ausgesprochen.
Trotzdem kam in der gestrigen Kantonsratsdebatte dann von einzelnen Votanten heftige Kritik auf. Sie richtete sich nicht gegen die Regierung, sondern vielmehr gegen den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee. Anders als bei den Mitarbeitern, sei bei der Führungsriege kein Entgegenkommen zu sehen, hiess es.
So schrieb sich der Verwaltungsrat 2019 total 230000 Franken Entschädigungen gut und die fünfköpfige Geschäftsleitung erhielt sogar 1,18 Millionen Franken. Dass das 2020 anders aussehen soll, sei bisher nicht zu hören gewesen. Zwar wird, so Kommissionspräsident Markus Vogler (CVP, Illgau) das Unternehmen auf Dividendenzahlungen verzichten. Das allein reichte aber nicht allen Kantonsratsmitgliedern.
Ein Appell an die Teppichetage
Am deutlichsten wurde der Riemenstalder Willy Gisler, der die Meinung der SVP-Minderheit vorbrachte. Das Darlehen sei vor 30 Jahren gewährt worden. Trotz guter Geschäftsjahre sei aber «nie etwas Geld zurückbezahlt worden». Im Gegenteil. Der SGV jetzt noch die letzte Schuld zu erlassen, sei «ein finanzpolitischer Sündenfall». Das Ganze erinnere ihn an die Rotenfluebahn, wo vor kurzem die Bevölkerung an der Urne aber eine Bürgschaftsinitiative abgelehnt habe.
Es gehe nicht an, dass die «Teppichetage» keine Schritte zur Entlastung der schlechten Zahlen mache. Gisler:
«Ich höre oft, die SGV-Geschäftsleitung trete arrogant auf.»
Als Beleg führte er an, dass die Gemeinde Sisikon wegen der Schiffsstation Tellsplatte vor die Wahl gestellt wurde, via Bettelbriefe das Geld für die Reparatur zu beschaffen, oder die Station gehe zu. Gisler: «Genau für solche Arbeiten wurde das Darlehen vor Jahren aber gewährt».
Andere hatten zwar auch ein ungutes Gefühl, stellten sich am Schluss aber hinter den Schuldenerlass. Er sei von der SGV auch «etwas enttäuscht», erklärte etwa Samuel Lütolf (SVP, Küssnacht). Aber Schwyz könne da wohl nicht abseits stehen. Zudem gehe es um ein eigentliches «Kulturgut», respektive bei 7000 Aktionären um eine eigentliche «Volksaktie».
Antrag mit deutlicher Mehrheit gutgeheissen
Marcel Föllmi (CVP, Freienbach) appellierte an den Verwaltungsrat, «eine Solidaritätsgeste zu zeigen». Peter Nötzli (SP, Wollerau) erklärte, dass in seiner Fraktion das Geschäft nicht bestritten sei. Einstimmig dafür war gemäss Reto Keller (Einsiedeln) auch die FDP. Ein Nein aus Schwyz würde nicht verstanden, zeigte sich auch GLP-Fraktionschef Ruedi Bopp überzeugt.
Baudirektor André Rüegsegger konnte die «kritischen Stimmen nachvollziehen». Er warnte aber davor, hier ein Exempel zu statuieren. Corona treffe auch andere Firmen. Der Schulerlass sei vergleichbar wie der Härtefallhilfe bei anderen Betrieben. Es wäre deshalb nicht fair, gegen die SGV nun einfach eine harte Linie einzuschlagen, weil dieses Beispiel bekannt sei.
Mit 77 zu 12 Stimmen wurde dem Antrag der Regierung, der SGV eine Schuld in der Höhe von 505000 Franken zu erlassen, gutgeheissen.