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«Der Notfall darf nicht zum Notfall werden»

Bild: silvan bucher

Seit mehr als einem Jahr ist die Notfallpraxis der Hausärztinnen und Hausärzte im Spital Schwyz geschlossen. Im Kern erfolgte diese Schliessung, weil eine Lücke im Tarmed-Gesetz einen Streit darüber auslöste, ob und wann die Praxis eine Notfallpauschale verrechnen darf und wann nicht. Nach Meinung der Krankenkassen wurde diese in der Notfallpraxis Schwyz zu häufig beansprucht.

Die Schliessung der im Spital Schwyz eingemieteten Notfallpraxis wurde von der Führung des Spitals Schwyz sehr bedauert, hatte die Zusammenarbeit seit deren Eröffnung 2014 doch hervorragend funktioniert und für beide Seiten viele Vorteile gebracht.

Die Zusammenarbeit wurde aber nicht nur vom Spital und von den Hausärzten geschätzt, sie war auch ein entscheidender Pfeiler im Notfallkonzept des Kantons Schwyz. Die Patientinnen und Patienten konnten auf eine gut erreichbare und hervorragend organisierte Notfall-Infrastruktur vertrauen. Nun müssen alle Hausärzte der Region den Wochenenddienst für ihre Patienten wieder in ihrer eigenen Praxis übernehmen.

Wie wichtig diese Notfalldienstinfrastruktur wäre, hat sich in der Pandemie in der ganzen Schweiz gezeigt. Und gerade wieder kommen die Notfallstationen der Kinderspitäler an den Anschlag, weil sich viele Kinder mit dem RS-Virus infizieren, das einen starken Schnupfen, hohes Fieber und Lungenentzündung auslösen kann. Kinder müssen in weiter entfernte Spitäler verlegt werden, weil etwa im Kinderspital Zürich nicht mehr genügend Betten vorhanden sind.

Hinter diesem Notstand auf dem Notfall verbirgt sich ein Problem, das viele Facetten hat. Zum einen fehlen immer mehr Hausärztinnen und Hausärzte, insbesondere auch in ländlichen Gebieten. Viele dieser Ärzte, die über viele Jahre eine enge Beziehung zu ihren Patienten aufgebaut haben, stehen kurz vor ihrer Pensionierung oder haben ihre Praxis schon aufgegeben. Im besten Fall übernimmt diese ein junger Arzt oder eine junge Ärztin und stellt damit die Versorgung auch im Notfall sicher. Dies ist aber eher die Ausnahme. Die jüngere Generation ist immer weniger bereit, jeden Tag und oft auch an Wochenenden rund um die Uhr ihren Patienten zur Verfügung zu stehen. Hinzu kommt der Wunsch nach Teilzeittätigkeiten, um die Work-Life-Balance mehr zu pflegen. Das bedeutet, dass für einen vollzeitig tätigen Hausarzt schon heute fast zwei Hausärzte ausgebildet werden müssen, um die Lücke zu füllen. Ambulante Strukturen können so wegen mangelnder Nachfolge nicht weitergeführt werden. Das wiederum führt dazu, dass es immer weniger Allgemeinpraktizierende gibt, die noch Notfalldienst leisten.

Nicht erst seit der Corona-Pandemie leidet unser Gesundheitswesen auch unter einem Mangel an Pflegepersonal, insbesondere gibt es zu wenige Intensivpflegerinnen und Intensivpfleger. Dieser Notstand lässt sich in absehbarer Zeit nicht beseitigen, da sind sich alle Beteiligten einig. Sind aber zu wenig qualifizierte Pflegende vorhanden, schränkt dies die Kapazität auf den Notfallstationen noch zusätzlich ein und das Personal kommt schnell an den Anschlag. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, weil viele Pflegende angesichts der permanenten Überlastung ihren Beruf verlassen und der Druck auf die zurückbleibenden Pflegefachkräfte noch mehr zunimmt.

Viele Patientinnen und Patienten kommen heute auch auf die Notfallstation wegen Bagatellen, weil eine hausärztliche Versorgung vor Ort nicht vorhanden ist oder überhaupt keine persönliche Beziehung zu einem Allgemeinpraktiker besteht. Die Überlastung der Notfallstationen könnte aber verhindert werden, wenn die erste Anlaufstation ein Vertrauensarzt in der Nähe ist, der seine Patientinnen und Patienten gut kennt und in vielen Fällen Entwarnung geben könnte.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieses für unsere Gesundheitsversorgung so wichtige Netz der Grundversorgerinnen wieder enger geknüpft wird, damit die Notfallstationen der Spitäler bald wieder Entlastung finden. Die Menschen möchten einerseits auf eine Hausärztin vertrauen können, andererseits kann es nicht sein, dass gut funktionierende hausärztliche Notfallpraxen an Spitälern wegen Tarifproblemen, die modernen Versorgungsgegebenheiten nicht gerecht werden, geschlossen werden müssen. Denn eines ist klar: Eine solche Schliessung führt weder zu tieferen Kosten noch zu einer besseren Versorgung. Eine gut funktionierende hausärztliche Notfallpraxis in oder bei einem Spital hilft, die Patientinnen und Patienten entsprechend ihrem medizinischen Problem der geeignetsten Stelle zuzuweisen und zu behandeln. Damit werden die Notfallstationen entlastet, was der Idee von ambulant vor stationär entspricht.

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