Die Zeit der Geschäftsabschlüsse, die vielfach im 1. Halbjahr präsentiert werden, ist vorbei, und mancherorts wartet man schon auf die Halbjahresergebnisse.
Ich weiss nicht, wie viele Leute sich für Jahresberichte oder Geschäftsabschlüsse interessieren oder sich gar die Zeit nehmen, diese zu studieren. Ich nehme an, dass dies nur ein verschwindend kleiner Teil unserer Gesellschaft ist, obwohl sich daraus viel Lesenswertes nicht nur über die konkrete Unternehmung, sondern über die Beurteilung des Weltgeschehens und Folgerungen für unser Land im Allgemeinen entnehmen lässt.
Ein Jahresbericht ist mir diesbezüglich nicht nur wegen seiner unorthodoxen äusseren Präsentation, sondern vor allem inhaltlich aufgefallen. Es ist derjenige des Pharmaunternehmens Dottikon ES. Ich erlaube mir deshalb, hier einige wenige Erkenntnisse aus der allgemeinen Lagebeurteilung in diesem Bericht zu zitieren, die mich besonders angesprochen haben. Sie dürften, so meine ich, auch von allgemeinem Interesse für die Bevölkerung und die Politik sein.
Ausgangspunkt bildet die Feststellung, dass wir uns geopolitisch aufgrund falscher Sicherheit, der Annahme einer konfliktfreien Welt mit ewigem Wohlstand, machbar durch eine hohe Staatsverschuldung, in die falsche Richtung bewegen. Gefordert wird deshalb eine Fokussierung auf die staatlichen Kernaufgaben, was im Bericht wie folgt festgehalten wird:
«Mit dem vom Staat geförderten Anspruchsdenken resultiert eine toxische Mischung aus Egoismus und Passivität. Der Realitätsbezug geht verloren.» (…) «Bereitschaft und Mut politischer und wirtschaftlicher Führungsverantwortlicher zum Aufgreifen und Umsetzen von wichtigen und richtigen, aber auch unpopulären Massnahmen zum Erhalt und zur Sicherung des langfristigen Wohlstandes und der Unabhängigkeit in Freiheit für die Gesellschaft als Ganzes geht abhanden.» (…) «Offenheit, Verständnis für andere Bedürfnisse, Respekt und Toleranz gegenüber anderen Meinungen – das heisst echte Diversität – und der Wille zum gemeinsamen konstruktiven Diskurs über die beste Konsenslösung scheinen abhandengekommen.»
Und deshalb das Postulat: «Die westliche Gesellschaft hat wieder eine politische Führung mit der Forderung zu wählen, den strategischen Fokus auf die staatlichen Kernaufgaben zur Sicherung des nachhaltigen Gemeinwohls zu legen. Die staatlichen Kernaufgaben sind 1. Bildung: herkunftsunabhängige Chancengleichheit für Fähige durch fordernde öffentliche Bildung mit Schwergewicht auf Sprache (Wort und Schrift), Mathematik, Naturwissenschaft, Technik und Informatik sowie Förderung des kritischen Hinterfragens und der freien Meinungsäusserung. 2. Grundversorgung: Wasser, Grundnahrungsmittel, Gesundheitswesen, Energie (Brennstoff und Strom) sowie Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur. 3. Sicherheit: Personensicherheit und Eigentumsschutz. Im Kontext der sich geopolitisch rasch verändernden Machtverhältnisse in der Welt geht es umso mehr um das übergeordnete gesellschaftliche Ziel der langfristigen Sicherung von Wohlstand und Unabhängigkeit in Freiheit.»
Beizufügen ist dem aus meiner Sicht nicht viel, ausgenommen vielleicht die Feststellung, dass sich jede Regierung (bis auf Stufe Gemeinde), die sich an diesen Forderungen orientiert und darüber hinaus auch die Schwächeren und die besonders Schutzbedürftigen in unserer Gesellschaft nicht vergisst, auf gutem Wege ist, die in unserer Bundesverfassung verankerten grundlegenden Zweckbestimmungen und Ziele unseres Staates in die Tat umzusetzen.
Diese verlangen (wie aus Art. 2 der Bundesverfassung ersichtlich) unter anderem den Schutz der Freiheit, die Wahrung der Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes, die Förderung der Wohlfahrt und eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes, das Sorgen für eine möglichst grosse Chancengleichheit sowie die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und den Einsatz für eine friedliche, gerechte internationale Ordnung.
Wir tun gut daran, uns diese Wertvorstellungen der Verfassung immer wieder vor Augen zu halten und uns auch bei konkreten Gesetzesprojekten und bei deren praktischer Umsetzung daran zu orientieren.