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Ambulante Behandlungen

Die Schwyzer Tarifstruktur ist «völlig veraltet»

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Tarife für ambulante Behandlungen niedriger festgelegt, als von den Spitälern gefordert. Jürg Krummenacher, Präsident der Krankenhausgesellschaft Schwyz, kritisiert den Entscheid. Und ist gleichzeitig froh um das Urteil.
Einblick in einen Operationssaal am Spital Schwyz. (Bild: Irene Infanger, 4. Januar 2012)

Nadine Annen

Im Kanton Schwyz herrschte lange Uneinigkeit über den Taxwert für die ambulante Medizin: Die Krankenkassen wollten ihn von 90 auf 82 Rappen senken, die Spitäler auf 1,22 Franken erhöhen. Der Schwyzer Regierungsrat sprach 2017 ein Machtwort und setzte den Wert auf 86 Rappen fest – rückwirkend ab 2014. Das Bundesverwaltungsgericht stützt den Entscheid in einem aktuellen Urteil. Gemäss Jürg Krummenacher, Präsident der Krankenhausgesellschaft Schwyz, hat das Auswirkungen in Millionenhöhe.

Was bedeutet der vorliegende Bundesverwaltungsgerichtsentscheid für das Spital Schwyz?Jürg Krummenacher: Für unser Spital bedeutet dies für die letzten fünf Jahre eine Ertragseinbusse, die deutlich über einer Million Franken liegt. Das Gleiche trifft auch für die beiden Spitäler Einsiedeln und Lachen zu. Der nun festgesetzte Taxpunktwert ist in keiner Art und Weise kostendeckend.Sind Sie – obwohl der Ausgang nicht in Ihrem Sinn ist – auch froh, dass endlich ein Entscheid gefallen ist?Ja. Der Entscheid ist nicht nur für die Schwyzer Spitäler von Bedeutung, sondern für die Spitäler in der Schweiz insgesamt.Der Taxpunktwert wurde jetzt nach jahrelangen Verhandlungen rückwirkend ab Januar 2014 endgültig auf 86 Rappen festgelegt. Die Schwyzer Spitäler wollten 1,22 Franken. Wie viel Geld fehlt nun dadurch dem Spital Schwyz?Der von den drei Spitälern geforderte Taxpunktwert von 1,22 Franken basiert auf den im Jahr 2012 ausgewiesenen Kosten. Diese waren für die Tariffestsetzung im Jahr 2014 massgeblich. Das war das Kostenniveau nicht nur der Schwyzer Spitäler, sondern auch der Spitäler in der Schweiz. Die Kosten variieren aber von Jahr zu Jahr. Der Verlust kann also nicht beziffert werden. Er ist aber angesichts der grossen Differenz zwischen den effektiven Kosten und dem festgesetzten Taxpunktwert von 86 Rappen enorm.Ist das Spital Schwyz auf diesen «Fehlbetrag» vorbereitet? Wie kann es diesen kompensieren?Ja, wir haben im Spital Schwyz selbstverständlich vorsorglich Rückstellungen gebildet. Und auch die Liquidität ist in unserem Spital sichergestellt. Wir werden aber unsere Anstrengungen, die Kosten noch weiter zu reduzieren, fortführen müssen.Wie schon die Regierung wirft nun auch das Bundesverwaltungsgericht den Schwyzer Spitälern Intransparenz und Unklarheiten vor. Deshalb könnten die Taxpunktwerte nicht auf der Basis jener Daten festgelegt werden, welche die Spitäler präsentieren. Was sagen Sie dazu?Unsere Datengrundlage entspricht den branchenüblichen Normen, die 2012 gegolten haben. Von Intransparenz kann keine Rede sein. Inzwischen wurden die Regelungen weiter differenziert. Das Bundesverwaltungsgericht stellt nun aber in seinem Urteil so hohe Anforderungen an die Ausgestaltung der Kostendaten, dass das nur mit einem enorm hohen administrativen Aufwand bewältigt werden kann. Wir kommen um den Eindruck nicht herum, dass das Urteil letztlich angesichts der grossen Beträge, um die es sich hier schweizweit handelt, politisch gefärbt ist.Wie kommen Sie zu diesem Schluss?Darauf weist auch die Aussage im Urteil hin, dass ein Taxpunktwert auch bei Vorliegen perfekter Kostendaten auf keinen Fall höher als 1 Franken sein dürfte. Das Gericht hält zudem fest, dass die Taxpunktwerte Tarmed angesichts der grossen Differenzen in der Schweiz nicht das Ergebnis einer sachgerechten Kalkulation sind, sondern letztlich historisch bedingt.Heisst das demnach, man müsste das Tarmed-System als Ganzes hinterfragen?Die ganze Tarifstruktur Tarmed ist völlig veraltet. Bei der Einführung im Jahre 2004 wurde ein Taxpunktwert von 1 Franken als angemessen erachtet. Aus politischen Gründen, und um die Taxpunktwerte möglichst tief zu halten, wurden die Taxpunktwerte jedoch kantonal unterschiedlich festgelegt. Die heutigen Taxpunktwerte sind für die grosse Mehrheit der Schweizer Spitäler nicht mehr kostendeckend, was ein grosses Problem darstellt. Zudem: Mehrere Eingriffe des Bundesrates haben die Situation inzwischen zusätzlich verschärft. Die neue Regelung, wonach gewisse Eingriffe nur noch ambulant und nicht mehr stationär durchgeführt werden dürfen, hat für die Spitäler eine weitere, deutliche Verschlechterung der Ertragssituation zur Folge.In einem Punkt behalten die Schwyzer Spitäler recht: Die vom Regierungsrat festgelegte Mindestgeltungsdauer des Taxpunktwertes wird aufgehoben. Was bedeutet das für das Spital?Das begrüssen wir. Das Gericht unterstreicht damit, dass der Taxpunktwert in erster Linie zwischen den Spitälern und den Krankenkassen ausgehandelt werden sollte, zeitlich sogar rückwirkend.

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