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Iran-Proteste

Zweiter Demonstrant wegen «Kriegsführung gegen Gott» hingerichtet – EU plant neue Sanktionen

Mindestens 25 Demonstranten stehen auf der Todesliste der iranischen Justiz. Jetzt wurden zwei von ihnen bereits gehängt.

Im Iran ist nach Angaben der Staatsmedien ein zweiter Demonstrant im Zuge der systemkritischen Proteste hingerichtet worden. Der wegen «Kriegsführung gegen Gott» angeklagte Madschid-Resa R. wurde am Montag in der Stadt Maschad im Nordosten des Landes öffentlich gehängt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete.

Der Mann soll während der Proteste im November zwei Mitglieder der berüchtigten paramilitärischen Basidsch-Miliz mit einem Messer ermordet haben. Das Gericht hatte ihm «Kriegsführung gegen Gott» vorgeworfen und ihn gemäss islamischer Rechtsauffassung zum Tode verurteilt.

Die Proteste hielten auch nach der ersten Hinrichtung an.
Bild: Riccardo Antimiani / EPA

Bereits am vergangenen Donnerstag war der Rap-Musiker Mohsen S. hingerichtet worden. Er soll ein Basidsch-Mitglied mit einer Waffe angegriffen, Schrecken verbreitet und eine Strasse blockiert haben. Seine Hinrichtung wurde im In- und Ausland scharf verurteilt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete das Verfahren zum Todesurteil als «unfairen Scheinprozess». Insgesamt stehen Medienberichten zufolge mindestens 25 Demonstranten auf der Todesliste der iranischen Justiz - zwei von ihnen wurden bereits hingerichtet.

Harter Kurs gegen Protestteilnehmende

Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstosses gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.

Während inzwischen nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 475 Demonstranten getötet wurden, geht auch die Justiz mit hartem Kurs gegen Protestteilnehmende vor. Immer wieder werden sie von der Staatsführung als Terroristen oder Krawallmacher bezeichnet.

Sanktionen sollen Verantwortliche für Hinrichtungen treffen

Die EU arbeitet derweil an neuen Sanktionen gegen Iran. Diese sollen nach Angaben der deutschen Bundesaussenministerin Annalena Baerbock Verantwortliche für die jüngsten Hinrichtungen treffen. Das Sanktionspaket richte sich insbesondere gegen diejenigen, die für «diese unglaublichen Verbrechen» verantwortlich seien, sagte sie am Montag am Rande eines Treffens mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel. Das seien insbesondere die Revolutionsgarden, aber auch diejenigen, die versuchten, mit gewaltsam erzwungenen Videos Menschen einzuschüchtern oder weiter zu bestrafen.

Die Hinrichtungen bezeichnete Baerbock als unverhohlenen Einschüchterungsversuch gegen Menschen, die ihre Meinung auf die Strasse tragen. Sie seien ohne einen fairen Prozess erfolgt.

Das neue EU-Sanktionspaket soll im Laufe des Aussenministertreffens bis zum Abend beschlossen werden. Zudem ist eine Erklärung zu den aktuellen Ereignissen im Iran geplant. (dpa)