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«News-Deprivation»

Uni Zürich erteilt Schweizer Medien gute Noten – und warnt vor steigender News-Abstinenz als Gefahr für die Demokratie

Nach Einschätzung der Universität Zürich hat sich die Qualität der Schweizer Medien verbessert. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die diese nicht mehr konsumieren wollen. Das sei eine Gefahr für die Demokratie.

Laut Forschenden der Universität Zürich ist die Qualität der Schweizer Medien in der Coronakrise besser geworden. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Die Coronakrise hat die Berichterstattung der Medien verändert. Nach Einschätzung des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich zum Positiven: «Die Medien ordnen seit Beginn der Coronapandemie stärker ein und berichten vermehrt über Hard News», sagte Linards Udris vom Fög am Montag bei der Präsentation des diesjährigen «Jahrbuch Qualität der Medien».

Allerdings gab der stellvertretende Forschungsleiter des Fög vor den Medien auch zu Bedenken, in der Pandemie hätten neun von zehn Journalistinnen und Journalisten Druckversuche erfahren. Dies umso stärker, je öfter sie über Coronathemen berichteten, wie Udris sagte.

Insgesamt kommen die Forschenden um Professor Mark Eisenegger zum Schluss, die Qualität der Schweizer Medien habe «insgesamt leicht zugenommen» und bleibe damit «insgesamt mehrheitlich hoch». Unter Druck sieht das Fög die Wirtschaftsberichterstattung, namentlich die Berichterstattung über grosse Wirtschaftsthemen und deren Zusammenhänge.

Neuer Rekord der News-Abstinenz

Generell eine offene, grosse Frage bleibe, wie journalistische Leistungen in Zukunft finanziert werden können. Dies erst Recht nach der Ablehnung des neuen Mediengesetzes Anfang Jahr, wie Linards Udris sagte. Und er gab zu Bedenken, dass die klassischen Informationsmedien die Bevölkerung immer weniger erreichen. Sprich: Es gibt in der Schweiz mehr Menschen mit unterdurchschnittlichem News-Konsum als je zuvor.

Der Anteil dieser «News-Deprivierten» ist laut Fög um zwei Prozentpunkte auf mittlerweile 38 Prozent der Bevölkerung gewachsen. Nur noch die Hälfte der Befragten interessiere sich «stark» oder «sehr stark» für Nachrichten. Und lediglich eine Minderheit von 18 Prozent sei noch bereit, für News Geld auszugeben. Das Fög erhebt den Anteil «News-Deprivierter» seit 2015. Fünf Jahre zuvor war das erste «Jahrbuch» erschienen. Nebst verschiedenen Verlagen finanziert die Stiftung des ehemaligen Fög-Direktors Kurt Imhof den Hauptteil der Forschung.

Medienabstinenz schadet Vertrauen in Regierung

Besonders stark sei das Desinteresse bei Jugendlichen, heisst es in der Fög-Mitteilung. So hat das Forschungszentrum die mobile Mediennutzung von über 300 jungen Teilnehmenden zwischen 19 und 24 Jahren verfolgt und dabei herausgefunden, dass diese im Durchschnitt nur sieben Minuten pro Tag für den News-Konsum aufbringen. Das sei kürzer als die «Tagesschau» oder ein Hintergrundartikel, sagte Linards Udris. Fazit der Forschenden: «Der Informationsjournalismus verliert an gesellschaftlicher Relevanz.»

Dies alles hat laut Fög negative Folgen für die Demokratie. Mark Eisenegger: «Welche Medien eine Person nutzt und wie oft, hat einen Einfluss auf ihre Teilnahme am politischen Geschehen.» Denn: Typisch für die Gruppe der «News-Deprivierten» ist laut Fög ein «tieferes Vertrauen in die Regierung». Der Medienwissenschaftler fordert deshalb «neue politische Vorlagen zur Finanzierung der Medien und angrenzender Institutionen» sowie «eine Offensive in den Schulen». Dort solle Jungen der Journalismus erklärt werden. (sat/chm)