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Energie-Krise

Umstrittener Entscheid: Bundesrat kurbelt Stromproduktion auf Kosten der Fische an

Der Bundesrat lockert die Vorgaben, wie viel Restwasser in Wasserkraftwerken verbleiben muss. Dadurch soll die Stromproduktion um 150 Gigawattstunden erhöht werden. Bei Umweltverbänden dürfte das schlecht ankommen.

Die Wasserkraft ist das Rückgrat der Stromproduktion erneuerbarer Energien. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Jetzt geht es schnell: Bereits ab morgen Samstag dürfen einzelne Kraftwerke bis Ende April mehr Wasser für die Stromproduktion nutzen dürfen. Das hat der Bundesrat am Freitag entschieden. Dadurch soll die Stromproduktion um bis zu 150 Gigawattstunden gesteigert werden, wie es in einer Mitteilung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) heisst. Die Menge entspricht etwa der jährlichen Stromproduktion eines Aare-Flusskraftwerks.

Der Bundesrat legt damit ein weiteres Puzzleteil seiner Strategie vor, um das Risiko für einen Energieengpass in diesem Winter zu reduzieren. In den letzten Monaten hatte er bereits ein Bündel an Massnahmen eingeleitet. Dazu zählt etwa eine Wasserkraftreserve, der mögliche Einsatz von Reservekraftwerken, die Beschaffung zusätzlicher Gasreserven wie auch eine Sparkampagne.

Folgen für Umwelt «vertretbar»

Um die Stromproduktion der Wasserkraftwerke anzukurbeln, lockert der Bundesrat die Vorgaben über die Restwassermenge für 45 Kraftwerke. Diese hatten sich 1992 verpflichtet, aus ökologischen Gründen höhere Restwassermengen abzugeben als gesetzlich vorgeschrieben. Diese wird nun bei den betroffenen Kraftwerken auf diese Untergrenze gesenkt.

Der Bundesrat erachtet die Folgen für die Umwelt als vertretbar. Erst bei einer «langfristigen Anwendung» der Regelung wären« irreversible Auswirkungen auf Biodiversität, Wasserversorgung oder Wasserqualität zu erwarten», argumentiert er. Allerdings rechnet er damit, dass die Fischwanderung temporär eingeschränkt wird.

Der Schritt war erwartet worden. Noch Anfang September verteidigte Umweltministerin Simonetta Sommaruga ihre Pläne vor den Medien. Die befristete Massnahme sei auf wenige Kraftwerke beschränkt und die Mindestvorschriften beim Restwasser dürften nicht unterschritten werden, betonte sie damals. Widerstand dürfte es nun trotzdem von Umweltverbänden geben, bleibt doch weniger Wasser für die Fische und die Aquafauna.

Höhere Betriebsspannung

Der Bundesrat hat die Energieversorgung für den kommenden Winter auch in einem anderen Bereich gestärkt. Er hat am Freitag beschlossen, die Kapazitäten im Schweizer Strom-Übertragungsnetz per morgen Samstag zu erhöhen. Bei Bedarf kann die Betriebsspannung für die beiden Übertragungsleitungen zwischen Bickigen (BE) und Chippis (VS) sowie zwischen Bassecourt (JU) und Mühleberg (BE) von 220 auf 380 Kilovolt angehoben werden.

Die Massnahme erlaubt es der Schweiz, die Importkapazitäten um bis zu 850 Megawatt erhöht werden. Sie dient auch dazu, Netzengpässe im Inland zu verhindern. So kann etwa die Produktion aus den Walliser Kraftwerken ungehindert abtransportiert und das Pumpspeicherkraftwerk Nant-de-Drance optimal eingesetzt werden.