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Energiesicherheit

Stromlücke im Winter: Bundesrat beschliesst rechtliche Leitplanken

Seit Monaten rüstet sich die Schweiz für die drohende Stromlücke. Nun legt der Bundesrat dar, wie er den Einsatz des Reservekraftwerkes im aargauischen Birr und die anderen Instrumente der Winterreserve rechtlich regelt. Klar ist: Die Kosten sind immens.

Eine Wasserkraftreserve soll die Schweiz vor einem Stromengpass bewahren.
Bild: Keystone

Um einer Strommangellage im kommenden Winter vorzubeugen, hat der Bundesrat bereits ein Bündel an Massnahmen ergriffen. Seien es der Rettungsschirm für taumelnde Stromunternehmen, der Bau eines Reservekraftwerkes im aargauischen Birr, Notstromaggregate oder die Wasserkraftreserve. Allen Unkenrufen zum Trotz geht im Bundesrat was. Etwas weniger im Fokus der Öffentlichkeit stand dabei die Frage der rechtlichen Grundlage.

Am Mittwoch hat der Bundesrat präsentiert, wie er den Einsatz dieser Instrumente rechtlich regelt. Die Basis bildet die Verordnung über die Errichtung einer Winterreserve, wie es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) heisst.

Weil es schnell gehen muss, verzichtet der Bundesrat auf ein eigenes Gesetz. Die Verordnung soll bereits Mitte Februar 2023 in Kraft treten und bis Ende 2026 befristet sein. Geht es nach dem Bundesrat, soll sie möglichst rasch von einer Regelung auf Gesetzesstufe abgelöst werden. Die Verordnung geht nun in die Vernehmlassung. Bis Mitte November können sich Parteien, Kantone und andere interessierte Kreise zu den Vorschlägen äussern.

Energiesicherheit führt zu Milliardenkosten

Konkret sieht der Bundesrat vor, dass die Reservekraftwerke eine Leistung von insgesamt bis zu 1000 Megawatt (MW) zur Verfügung stellen sollen. Sie dienen als Ergänzung zur Wasserkraftreserve, die er Anfang September beschlossen hatte . Die Kraftwerke produzieren dabei nur Strom für die Reserve und nicht für den Markt. Teilnehmen können Betreiber von Kraftwerken, die mit Gas oder anderen Energieträgern betrieben werden. Ihren Beitrag leisten können auch Notstromgruppen.

Für die fixen Kosten erhalten die Betreiber der Reservekraftwerke und der Notstromgruppen eine Vergütung. Wird die Reserve tatsächlich abgerufen, gibt es eine Entschädigung, die auch die Kosten der Betriebsbereitschaft umfasst. Auf diese Weise möchte der Bundesrat übermässige Gewinne begrenzen.

Aufgelistet hat er auch die Kosten für die verschiedenen Massnahmen. Und diese gehen ganz schön ins Geld. Die mittelfristigen Investitionskosten für die Reserve-Gaskraftwerke beziffert der Bund auf 700 bis 900 Millionen Franken. Bei der Wasserkraftreserve betragen die Kosten für die Zeit zwischen dem kommenden Winter und jenem von 2025/26 grob geschätzt 2,2 Milliarden Franken. Berappen wird das die Bevölkerung über höhere Stromkosten. Das Entgelt für die Netznutzung steigt zwischen 2024 und 2026 im Schnitt um 1,4 Rappen pro Kilowattstunde.

Einsprachen sind wohl zwecklos

Handlungsbedarf sieht der Bundesrat auch in umweltpolitischer Hinsicht: Er möchte die Reservekraftwerke so betreiben, dass sie die CO 2 -Bilanz gesamthaft nicht belasten. Für die Anlagen soll eine Teilnahme am Emissionshandelssystem Pflicht sein.

Damit die Anlagen rechtzeitig zur Verfügung stehen, möchte der Bundesrat die Vorschriften zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung temporär lockern. Gleiches sieht er auch für die Vorschriften vor, die den Bau und die Erschliessung der Anlagen betreffen.

Bereits Erfahrungen gemacht hat der Bund beim geplanten Reservekraftwerk in Birr. Seit einem Monat laufen auf dem GE-Gelände die Arbeiten. Gegen die Baubewilligung ist unterdessen eine Einsprache eingegangen – doch weil das Kraftwerk mit einer Verordnung unter Notrecht bewilligt wurde, hat diese keine Folgen. Die Einsprache hat – wie sonst üblich – keine aufschiebende Wirkung.