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Bundesratswahl

SP-Kandidatur: Parteirat kneift und verzichtet auf eine Empfehlung

Am Samstag fällt einer der wichtigen Entscheide über die neue Bundesratszusammensetzung. Die SP-Fraktion hievt zwei der drei Kandidatinnen auf das Ticket, das der Vereinigten Bundesversammlung als Auswahl präsentiert wird. Der Parteirat, der die SP-Basis vertritt, verhandelte am Freitagabend, wer für das Amt am besten geeignet wäre. Das Resultat: alle drei Frauen seien ausgezeichnet qualifiziert.

Die Bundesratskandidatinnen Eva Herzog, Evi Allemann und Elisabeth Baume-Schneider diskutieren vor dem Hearing des Parteirats der SP, am Freitag, 25. November 2022, in Bern.
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

Die drei Frauen haben bereits Routine: Es ist das fünfte Hearing in Folge, das sie diese Woche absolvieren. Nach Luzern, Lausanne, Zürich und Liestal präsentieren sie sich am Freitagabend im Hotel Kreuz in Bern. Doch es gilt ernst, ernster als vorher. Die Parteibasis in Form des SP-Parteirats soll eine Empfehlung abgeben, wer von den drei Kandidatinnen aufs Zweierticket soll. Nach einer kurzen persönlichen Präsentation, mussten sich Evi Allemann (44), Elisabeth Baume-Schneider (58) und Eva Herzog (60) den Fragen der Mitglieder der kantonalen Vertreter des Parteirats stellen, in alphabetischer Reihenfolge. Zwar sind die Genossinnen und Genossen alle per Du – und die Fragen meist freundlich und wohlwollend. Doch nicht alle überzeugten mit ihren Voten gleichermassen.

Die Bundesratskandidatin und Berner Regierungsrätin Evi Allemann will Vorbild sein - und Probleme lösen, am Freitag, 25. November 2022, in Bern. 
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

So schaffte es Evi Allemann als Erste nicht, ihre Nervosität abzustreifen. Die Antworten waren gut, aber sie verhaspelte sich beim sprechen oft. Ihre Rede hatte stark gouvernementalen Charakter. «Es ist jetzt und heute, das ich die Verantwortung übernehmen will», sagte sie. Es herrsche eine Zeit des Umbruchs, der Krisen. Sie wolle sich für Lösungen einsetzen. Dann betonte sie, wie die Frauen nach ihr auch, was sie in ihrer beachtlichen Karriere schon erreicht hat.

Sie setzte sich für eine nachhaltige Finanzierung der Bahninfrastruktur ein, half den Gripen zu bodigen und erhöhte im Kanton Bern als Regierungsrätin die Prämienverbilligungen um 30 Millionen Franken. Die Fragen schmerzten wenig. Ja, sie sehe sich als Vorbild für andere Frauen, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. «Es ist kein Grund, als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder gewählt zu werden. Aber es ist auch kein Grund, nicht gewählt zu werden.» Und ja, sie setze sich als Städterin auch für städtische Anliegen ein.

Die Bundesratskandidatin und Ständerätin des Kantons Jura, Elisabeth Baume-Schneider, heimste viele Lacher ein, am Freitag, 25. November 2022, in Bern.
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

Elisabeth Baume-Schneider zeigte hingegen Schwierigkeiten, sich an die vorgegebenen fünf Minuten zu halten, um sich vorzustellen. Sie musste so schnell reden, dass man ihr kaum folgen konnte. Sie holte weit aus, kam dann aber nicht wirklich zum Punkt. Doch dank ihrer sympathischen Art hatte sie viele Lacher auf ihrer Seite, gerade bei der Frage nach ihrer marxistischen Vergangenheit flogen ihr die Herzen zu. «Ich bin nicht rechts, auch nicht in der Mitte.» Punkt. Auch ihre Positionen konnte sie auf sympathische Weise erläutern - und bei den Genossinnen und Genossen punkten.

Die Bundesratskandidatin und Basler Ständerätin Eva Herzog musste sich den schärfsten Fragen stellen an der Parteiratssitzung der SP, am Freitag, 25. November 2022, in Bern.
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

Eva Herzog zeigte einen souveränen Auftritt, gelassen und konzis. Doch spürte sie wohl am meisten Widerstand aus dem heimischen Publikum. Sie musste zum wiederholten Mal kritische Fragen zur Besteuerung von Unternehmen beantworten. Einen gewissen genervten Ton konnte sie nicht unterdrücken, als sie sagte: «Gewisse Behauptungen werden nicht wahrer, wenn sie oft wiederholt werden.» Nein, Basel-Stadt heize den Steuer-Wettbewerb nicht an. «Wir haben die Steuern nie auf Vorrat gesenkt, in der Hoffnung neue Unternehmen anzulocken.»Sie erfolgten zudem immer in Kombinationen mit Sozialpaketen. Und: «In Basel zahlen die Firmen mehr Steuern als vor ein paar Jahren.»

An sie wurde zudem die einzige Frage auf italienisch adressiert, die sie souverän beantwortete.« Capisco italiano, ma non parlo.» Sie sage es darum auf Deutsch. Grundsätzlich hob sie hervor, was sie in Basel alles erreicht hatte: eine Verdoppelung der Sozialausgaben, steigende Prämienverbilligungen und Mindestlohn. Ihre Leitlinien seien soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung. «Ich will damit aufzeigen, was mich ausmacht, dass ich mehr bin als Frau Steuerreform.» Und dass sie nun bereit sei und «grosse Lust habe», Lösungen für die drängendsten Fragen wie Europa oder Klima zu lösen.

Rückkommen aufs Dreierticket?

Fraktionschef Roger Nordmann hat bereits bei seiner Einführungsrede angedeutet, dass die Diskussion zum Ticket und der Anzahl Kandidaturen nochmals aufflammen könnte. Der Entscheid der Fraktion für bloss zwei anstatt drei Kandidaturen fiel vor einer Woche eher knapp. Nordmann sprach von einer «kleinen Mehrheit». Das Vorgehen kritisierte auch Liliane Maury-Pasquier, Präsidentin der Findungskommission. Sie erklärte aber: Nach ausführlicher Prüfung aller möglichen Interessenskonflikten, Steuerauszügen und früherer Arbeitgeber, die Kommission habe keine «cadavre dans le placard» gefunden, keine Leichen im Keller der Kandidatinnen. Der Wahl der drei Frauen stünde deshalb nichts im Wege.

Auch der Parteirat diskutierte ein Dreierticket, stützte dann aber den Entscheid der Fraktion, nur zwei der drei Frauen zu nominieren. Welche es sein soll, diese politisch aufgeladene Frage, beantwortete das Gremium nicht. Alle drei Kandidaten seien super, so die verbreitete Meinung. In der offiziellen Mitteilung heisst es, alle drei Frauen seien ausgezeichnet qualifiziert. Der Rat überlässt den Entscheid also der Fraktion.

Wie diese an ihrer Sitzung diesen Samstag entscheidet, wen sie also für das Ticket nominieren will, ist nochmals eine ganz andere Frage. Denn da spielen Sympathien, verborgene oder offene Netzwerke - und nicht unbedingt nur Haltungen. Dass der Parteirat vor diesem Hintergrund keine Kandidatur ausgeschlossen hat, überrascht darum nicht wirklich.