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Juragewässer

Seeländer Malaria-Sumpf trockengelegt

Heute ist das Seeland die Gemüsekammer der Schweiz. Bis vor 150 Jahren war es eine Sumpflandschaft, in der Menschen an Malaria erkrankten. Am 25. Juli 1867 - vor 150 Jahren - bewilligte die Bundesversammlung fünf Millionen Franken für die erste Juragewässerkorrektion.
Heute die Gemüsekammer der Schweiz, bis vor 150 Jahren ein Sumpf, in dem die Menschen an Malaria erkrankten: das Seeland. (Archiv)
Bild: Keystone/GAETAN BALLY

Für die betroffenen Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg, Solothurn und Waadt wäre ein Projekt in dieser Grössenordnung damals nicht zu stemmen gewesen. Dazu kam, dass die Freischärenzüge 1844/45 und der Sonderbundskrieg 1847 das politische Klima vergiftet hatten. Erst mit der Gründung des Bundesstaates 1848 bahnte sich eine Lösung an.

Treibende Kraft für den Kampf gegen den Sumpf war der Seeländer Politiker und Arzt Johann Rudolf Schneider (1804-1880). Bereits als Knabe hatte der spätere Berner Nationalrat das wild gewordene Wasser erlebt, wenn die Aare während den Hochwassern jeweils an den Mauern des elterlichen Hauses in Meienried westlich von Büren BE entlang strömte.

In seiner Berufslaufbahn als Arzt in Nidau BE erkannte Schneider den Zusammenhang zwischen den Überschwemmungen und dem schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung in den versumpften Gebieten zwischen Neuenburger-, Murten- und Bielersee. Seuchen und Malaria konnten sich ungehindert ausbreiten.

Bündner Oberingenieur mit kühner Idee

1839 beschloss die Berner Regierung, welcher Schneider inzwischen angehörte, die Arbeiten für den Hochwasserschutz einer privaten Gesellschaft zu übertragen. Die Berner holten dafür den Bündner Oberingenieur Richard La Nicca ins Boot.

La Nicca hatte die Rheinkorrektion im Domleschg realisiert und war massgeblich an der Linthkorrektion beteiligt gewesen. Sein 1841/42 entstandenes Projekt sah die kühne Idee vor, die Aare bei Aarberg in den Bielersee umzuleiten. Dafür musste der felsige Seerücken zwischen Hagneck und dem Bielersee durchbrochen werden.

La Niccas Pläne überdauerten das jahrelange Seilziehen zwischen den betroffenen Kantonen und wurden mit einigen Korrekturen schliesslich ein Vierteljahrhundert später umgesetzt. Schneiders Lobbyarbeit war es zu verdanken, dass aus der Juragewässerkorrektion eine Angelegenheit von nationalem Interesse wurde.

Wohlfahrtsartikel ermöglichte Subvention

Möglich wurde das Engagement des Bundes durch den sogenannten Wohlfahrtsartikel in der Bundesverfassung von 1848. Dieser gab den Bundesbehörden die Kompetenz, Bauwerke von nationalem Interesse zu unterstützen.

Mit der Übernahme der Oberaufsicht und der Finanzierung durch den Bund 1867 konnte das Projekt von Oberingenieur La Nicca schliesslich realisiert werden. Ab 1868 starteten die Arbeiten zum grössten Wasserbau-Unternehmen in der Geschichte der Schweiz.

Als erstes entstand der Nidau-Büren-Kanal als vergrösserter Abfluss aus dem Bielersee. Ab 1875 folgte der Bau des Kernstücks - dem Hagneckkanal -, mit dem die Aare von Aarberg in den Bielersee umgeleitet wurde.

Es folgten die Korrekturen der Zihl zwischen Neuenburger- und Bielersee (Zihlkanal) sowie der unteren Broye zwischen Murten- und Neuenburgersee (Broyekanal). Die Juragewässerkorrektion führte zu einer Absenkung der drei Seen um 2,5 Meter.

Zweite Korrektion nötig

Doch auch nach der ersten Juragewässerkorrektion kam es teilweise noch zu verheerenden Überschwemmungen. Grund war eine ungenügende Regulierung zwischen den drei Juraseen. Dies wurde mit der zweiten Juragewässerkorrektion ab 1962 nachgeholt, worauf die Seespiegel um einen weiteren Meter absanken.

In der Folge konnte sich das früher chronisch überschwemmte Seeland zum wichtigsten Gemüseanbaugebiet der Schweiz entwickeln. (sda)