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Kanada

Papst entschuldigt sich bei Ureinwohnern

Papst Franziskus hat die jungen Ureinwohner im Norden Kanadas aufgefordert, ihre Tradition und ihr Land zu bewahren.
Bild: Keystone/The Canadian Press/Nathan Denette

Die Jungen seien die Zukunft in den Gebieten, sagte der 85 Jahre alte Argentinier am Freitagabend (Ortszeit) im kleinen Küstenort Iqaluit. Es reiche nicht aus, von dem zu leben, was andere bereits geschaffen hätten. Man müsse auch das für sich selbst erobern, was man als Geschenk empfangen habe, erklärte das katholische Kirchenoberhaupt weiter. Die Welt, die die Menschen in diesen Gegenden bewohnten, sei der Reichtum, den sie geerbt hätten.

Grund für den Besuch des Papstes in Kanada war die Bitte um Vergebung bei den Ureinwohnern. In Iqaluit, wenige Hundert Kilometer südlich des Polarkreises, richtete er sich vor allem an die dort lebenden Inuit. Über Jahrzehnte hinweg erfuhren Zehntausende Ureinwohnerkinder im ganzen Land Gewalt und Missbrauch in von der katholischen Kirche geführten Internaten.

"Auch heute, auch hier, möchte ich euch sagen, dass ich sehr traurig bin und um Vergebung bitten möchte", fuhr Franziskus fort. Er wolle sich für das Böse entschuldigen, das von "nicht wenigen Katholiken" begangen wurde, die in diesen Schulen zu der Politik der kulturellen Assimilation und der Entrechtung beigetragen hätten.

Bei einigen Menschen flossen Tränen. Ehemalige Schüler von Internaten kamen an diesem Tag, um den Papst zu sehen und seine Bitte um Vergebung zu hören. Einige wenige hielten Schilder nach oben, auf denen sie konkretes Handeln statt Worten forderten und fragten, wo versprochene Entschädigungszahlungen in Höhe von 30 Millionen kanadischer Dollar für die Überlebenden der Internate geblieben seien.

Die Regierung Kanadas führte 1876 den sogenannten Indian Act ein, wonach die Kinder indigener Familien in den Internaten an die westliche Gesellschaft angeglichen und von ihrer Kultur entfremdet werden sollten. Die katholische Kirche trug das mit und leitete bis Ende der 1960er Jahre zahlreiche Einrichtungen in ganz Kanada, auch in Iqaluit.

In den Internaten herrschten Hunger, Krankheiten, Gewalt und sexueller Missbrauch. Hunderte Kinder – manche schätzen gar bis zu 6000 – starben dort und kehrten nie wieder nach Hause. Franziskus hatte bereits um Vergebung bei den Ureinwohnern gebeten, als Vertreter der First Nations, Métis und Inuit Ende März bei ihm im Vatikan waren.

Mit Iqaluit – übersetzt bedeutet das in etwa "Ort mit viel Fisch" - wählte Franziskus einen Ort in Kanada, der stark von den Folgen des Klimawandels betroffen ist. In der Hauptstadt und dem wichtigem Handelsknotenpunkt des Gebiets Nunavut berichteten die Inuit von dünneren, sich später formenden und früher schmelzenden Eisflächen. Umso überraschender war, dass Franziskus den Klimawandel nicht in seiner Rede erwähnte. Immerhin kommt er im Vatikan immer wieder auf das Thema zu sprechen. Und schrieb darüber in seiner Lehrschrift über Umwelt "Laudato sì".

In Iqaluit waren die knapp 8000 Einwohner im vergangenen Jahr erneut von einer Wasserkrise betroffen, als Treibstoff in das Trinkwasser geriet. Die Regierung musste Wasserflaschen einfliegen, weil das Wasser nicht mehr trinkbar war. Eine Untersuchung kam zu dem Schluss, dass das veraltete Leitungssystem aber auch der Klimawandel dafür verantwortlich waren.

Weil das Eis dünner wird und die Rohre nicht mehr in einer Permafrost-Schicht liegen, können sie sich verschieben, weil der Boden öfter zufriert und wieder auftaut, was Schäden verursacht. Die Ureinwohner beobachteten ausserdem weniger Schneefall. In den vergangenen Jahren wurden ausserdem neue Höchsttemperaturen gemessen und saisonal ungewöhnlich viel Regen verzeichnet.

Papst Franziskus reiste vor Iqaluit für seine Treffen mit den Indigenen Anfang der Woche zunächst nach Edmonton in der westkanadischen Provinz Alberta und besuchte dann das überwiegend katholische Québec in der gleichnamigen Provinz im französischsprachigen Teil Kanadas.

Im Anschluss an den rund vierstündigen Besuch in Iqaluit brach Franziskus wieder Richtung Rom auf. Seine sechstägige Reise in Kanada ging damit zu Ende. An diesem Samstagvormittag sollte er in Rom landen. Auf dem Rückflug gibt Franziskus in der Regel auch eine Pressekonferenz und antwortet auf Fragen von Journalisten. (sda/dpa)