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Paradise Papers

Sommaruga droht mit Regulierung

Justizministerin Simonetta Sommaruga droht der Rohstoffbranche nach den Enthüllungen aus den so genannten Paradise Papers mit neuen Regulierungen. Die freiwilligen Massnahmen der Rohstoffindustrie reichten offenbar nicht aus.
Justizministerin Simonetta Sommaruga erhöht nach den Enthüllungen der "Paradise Papers" den Druck auf die Rohstoffbranche. Sollten die freiwilligen Massnahmen der Rohstoffunternehmen zur Korruptionsbekämpfung zu wenig bringen, brauche es staatliche Regeln. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Bisher sei das Engagement der Rohstoffbranche bezüglich Korruption und Nachhaltigkeit "nicht wirklich überzeugend", sagte die Bundesrätin in Interviews mit der "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche".

"Wenn es die Wirtschaft nicht schafft, sich an ihre eigenen Vorgaben zu halten, dann braucht es staatliche Regeln". Es gehe nicht ausschliesslich um Moral, sondern um die Einhaltung von Standards, die sich viele Unternehmen selber gegeben hätten.

Eine Antikorruptionsbestimmung für die Rohstoffbranche wird derzeit im Rahmen der Aktienrechtsrevision im Parlament beraten. Diese würde Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, die Rohstoffe fördern, verpflichten, Zahlungen ab 100'000 Franken pro Geschäftsjahr an fremde Regierungen offenzulegen.

Transparenz als Voraussetzung

Die Regierungen der rohstoffreichen Länder müssten somit Rechenschaft darüber ablegen, "was mit dem vielen Geld aus dem Rohstoffhandel gemacht wurde", sagte Sommaruga gegenüber der "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche" weiter. Transparenz sei zwar kein Allheilmittel. "Aber es ist die Voraussetzung dafür, dass die Bevölkerung überhaupt eine Chance hat, ihre Rechte einzufordern".

Mit Blick auf die Transparenz-Direktiven der EU von 2013, welche die Rohstofffirmen zu einer umfassenden Berichterstattung verpflichten und die inzwischen in fast allen EU-Mitgliedsländern Gesetz sind, sagte Sommaruga, der Bundesrat prüfe nun genau, wie diese Regelungen umgesetzt würden. Danach beurteile er die Situation in der Schweiz nochmals.

Die Bestechung fremder Amtsträger und die Anstiftung dazu seien auch in der Schweiz ein Straftatbestand. "Zudem haben wir unsere Geldwäschereimeldestelle im Bundesamt für Polizei", sagte Sommaruga. Mehr als jede vierte Verdachtsmeldung, die die Meldestelle 2016 an die Strafverfolger weitergeleitet habe, beziehe sich auf einen Korruptionsverdacht im Ausland - insgesamt 472.

Reputationsrisiko für die Schweiz

Aufgrund von Recherchen wie jener der Paradise Papers erhöhe sich der Druck auf die Politik, betonte Sommaruga. Sie warnte zugleich vor einem grossen Reputationsrisiko für die Schweiz. "Es wäre sehr schlecht für unser Land, wenn wir wegen gewisser Geschäftspraktiken wieder unter Beschuss kommen."

Sie habe die Recherchen der Journalisten und deren Enthüllungen in den Paradise Papers "sehr genau gelesen" Und: "Ich war überrascht, wie detailreich eins zu eins gezeigt werden kann, wie gewisse Geschäfte ablaufen", sagte Sommaruga.

Die Basis der Paradise-Papers-Enthüllungen ist ein Datenleck. 13,4 Millionen Dokumente wurden der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt und von einem internationalen Journalistennetzwerk ausgewertet. Aus der Schweiz war ein Rechercheteam von Tamedia beteiligt. Die Paradise Papers geben Einblicke in die Arbeit hochspezialisierter Berater, die komplizierte Konstrukte zur Steuervermeidung schaffen.

Afrika über den Tisch gezogen

"Wir wissen, dass Afrikas Bevölkerung von internationalen Konzernen und korrupten Funktionären über den Tisch gezogen wird", sagte Sommaruga gegenüber der "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche" weiter.

Kofi Annan, der frühere UNO-Generalsekretär, habe es treffend ausgedrückt: Unter dem Strich sei Afrika immer noch Nettozahler für den Rest der Welt.

Es beschäftige sie, dass 70 Prozent der Menschen, die von extremer Armut betroffen sind, in rohstoffreichen Ländern leben, sagte Sommaruga. Rohstoffe und Migranten nähmen häufig den gleichen Weg nach Norden. (sda)