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Energiewende

Nach Wunschkonzert im Ständerat: Kommission bewahrt bei Solaroffensive kühlen Kopf

Solarenergie, koste es was es wolle: Das war das Motto, als der Ständerat letzte Woche Solar-Grossanlagen in den Alpen durchwinkte – und den Umweltschutz praktisch aushebelte. Der nationalrätlichen Kommission geht das jedoch zu weit. Sie hat nun nachgebessert.

Die Greina Ebene ist ein Biotop von nationaler Bedeutung. Hier wollte der Ständerat den Bau von Solaranlagen beispielsweise ermöglichen.
Bild: Keystone

Es sollte der grosse Wurf sein: Die Energiekrise entschärfen und die Abhängigkeit fossiler Energie reduzieren. Quasi zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Gelingen sollte der Plan des Ständerates dank einer beispiellosen Solaroffensive. Grosse Photovoltaik-Anlagen in den Bergen sollten in einem dringlichen Verfahren gebaut werden. Dafür wollte die kleine Kammer den Umweltschutz faktisch aushebeln.

Das Ansinnen sorgte nicht nur inhaltlich für eine Kontroverse. Auch das Vorgehen löste Kritik aus: Die kleine Kammer schmuggelte ihren Plan quasi in die Debatte zum indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. In dessen Schlepptau wollten die ständerätlichen Energieturbos ihre wichtigsten Begehrlichkeiten im Eiltempo durchs Parlament schleusen.

Kommission bessert nach

Ob das klappt, wird sich nächste Woche weisen. Falls Nein, ist dies der Umweltkommission des Nationalrates zu verdanken. Diese hat dem ständerätlichen Wunschkonzert eine Absage erteilt und sich nicht von dem Hyperaktivismus anstecken lassen. Nach mehreren Sitzungen in dieser Woche hat sie die Vorlage gleich in verschiedener Hinsicht nachjustiert. Das geht aus dem am Freitag publizierten Gesetzesentwurf hervor.

Dabei galt der Grundsatz: Dem Umweltschutz ist mehr Gewicht einzuräumen. Ihren Teil dazu beigetragen dürfte auch die Einschätzung des Bundesamtes für Justiz. Es erachtet die Solaroffensive als nicht verfassungskonform, wie die Bundesjuristen den Mitgliedern der nationalrätlichen Kommission in einem Schreiben mitteilten.

Fragt sich also: Lässt sich das Vorhaben verfassungsrechtlich sauber umsetzen? Glaubt man dem SP-Energiepolitiker Roger Nordmann, ist der nationalrätlichen Umweltkommission die Quadratur des Kreises gelungen: «Habemus lex solaris alpina», frohlockte der Waadtländer auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Biotop sind ein No-go

Für die Umweltkommission des Nationalrates ist klar: Die Energiewende darf nicht auf Kosten der Natur gehen. Anders als der Ständerat möchte sie Solaranlagen nicht von der Umweltverträglichkeitsprüfung befreien. Mögliche Investoren sollen auch eine Wirtschaftlichkeitsrechnung einreichen müssen. Entfallen soll einzig die Planungspflicht.

Handlungsbedarf ortet die nationalrätliche Kommission auch bei den Gebieten, in denen keine Anlagen gebaut werden dürfen. Der Ständerat hatte nur Moorlandschaften explizit von der Solaroffensive ausgeschlossen. Ein Verbot sieht die Kommission nun aber auch bei Biotopen von nationaler Bedeutung sowie Wasser- und Zugvogelreservaten vor.

«Grösstmögliche Schonung»

Einen differenzierteren Weg schlägt die Kommission derweil auch bei Landschaften des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler ein. Auf diesen Gebieten wird der Bau von Photovoltaikanlagen zwar erlaubt. Allerdings bleibt die Pflicht zur «grösstmöglichen Schonung». Auch müssen «Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen» getroffen werden.

Im Ständerat war dieser Antrag der Urner Mitte-Ständerätin Heidi Z'graggen noch mit 24 zu 17 Stimmen abgelehnt worden. Einig sind sich Kommission und Ständerat, dass die Solaranlagen vollständig zurückgebaut werden müssen, sobald sie ausser Betrieb genommen werden.

Die Erhöhung der Grimsel-Staumauer sorgt seit Jahren für politischen Zündstoff. Nun will sie der Nationalrat beschleunigt umsetzen.
Bild: Keystone

Ja zu höherer Grimsel-Staumauer – kommt das Referendum?

Die Kommission hat weiter entschieden, auch die Staumauererhöhung an der Grimsel in die Vorlage aufzunehmen. Dieses Projekt im Berner Oberland ist seit Jahren blockiert.

Laut dem dringlichen Gesetzesentwurf, der lediglich zwei Jahre in Kraft sein wird, soll es keinem obligatorisches Referendum unterstellt werden. Das Volk dürfte also nur das letzte Wort haben, sofern der Solaroffensive des Parlaments noch Widerstand erwächst. Am ehesten ist das von Umwelt- und Naturschutzverbänden zu erwarten.