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Stromkrise

Nach Axpo-Rettung: Parlament sagt Ja zum Rettungsschirm für die Strombranche 

Es braucht den Rettungsschirm, waren sich im Nationalrat alle Parteien ausser der SVP einig. Zu reden gab in der mehrstündigen Debatte, an welche Bedingungen der Staatskredit geknüpft sein soll. 

Der Nationalrat befürwortet den Rettungsschirm für die Strombranche, der letzte Woche vom Bundesrat per Notrecht bereits aktiviert wurde.
Bild: Keystone

Es ist ein klassischer Fall, in dem das Parlament von der Aktualität rechts überholt wird: Letzte Woche verkündete der Bundesrat, den Rettungsschirm für die Strombranche zu aktivieren und für die Axpo einen milliardenschweren Kredit bereitzustellen. Die Regierung tat dies angesichts der Dringlichkeit via Notrecht und somit am Parlament vorbei, wo das Geschäft zwischen den Räten hängig ist.

Nun durfte sich also nach dem bundesrätlichen Vorentscheid auch noch der Nationalrat zum Rettungsschirm äussern. Und der Entscheid fiel klar aus: Mit 137 zu 51 Stimmen bei 7 Enthaltungen sagt die grosse Kammer Ja zum dringlichen Gesetzesentwurf. Sie folgt damit dem Ständerat, der den Rettungsschirm für Stromunternehmen bereits in der Sommersession gutgeheissen hatte. Da es noch einige Differenzen gibt, geht das Geschäft noch diese Woche zurück in den Ständerat.

Auch den Verpflichtungskredit über 10 Milliarden Franken hat der Nationalrat auf ordentlichem Wege bewilligt. Der Bund kann dieses Geld als Darlehen an Stromfirmen geben, die aufgrund der horrenden Energiepreise an den Märkten in Liquiditätsengpässe geraten. Ziel ist es, drohende Stromengpässe im Winter zu verhindern.

Mehr Transparenz und Boniverbot für Axpo-Manager

Der Rettungsschirm an sich ist bei den Parteien mit Ausnahme der SVP unbestritten. Doch an welche Bedingungen er geknüpft sein soll und wie es mit der Axpo weitergeht, sorgte im Nationalrat für hitzige Debatten.

Zwei Begehrlichkeiten von linker Seite fanden eine deutliche Mehrheit: So etwa die Forderung nach mehr Transparenz, was die Gründe und Entscheidungsgrundlage für eine Kreditbereitstellung betrifft. Diese Informationen sollen laut der SP der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Ebenso stimmte eine Mehrheit für das Boni- und Prämienverbot für die Chefetage von Firmen, die Darlehen beziehen.

Abgelehnt wurde dagegen ein Antrag der Grünen: Demnach hätten Stromkonzerne, die Darlehen beziehen, in dieser Zeit erwirtschaftete Übergewinne in erneuerbare Energien investieren müssen. Dieser Vorschlag ging einer Mehrheit der grossen Kammer zu weit.

Wer den Kredit braucht, zahlt saftige Strafzinsen

Bei der Frage, welche Unternehmen dem Rettungsschirm überhaupt unterstellt sein sollen, folgte die grosse Kammer dem Ständerat. Der Bundesrat will nur die drei grössten Konzerne Axpo, Alpiq und BKW unter den Rettungsschirm stellen, der Ständerat aber auch kleinere Unternehmen. Das unterstützt der Nationalrat ohne Gegenantrag.

Ebenfalls einverstanden ist der Nationalrat mit der Höhe der Zinsen auf die vom Bund gewährten Darlehen. Der Bundesrat hat diese Strafzinsen für Axpo, Alpiq und BKW auf 4 bis 8 Prozent festgelegt. Bei Nichteinhalten von Auflagen kann er auf 5 bis 10 Prozent erhöht werden. Dem hat nach dem Ständerat nun auch der Nationalrat zugestimmt.

Umstrittener waren die Bedingungen, mit denen die Kreditbereitstellung verbunden sein soll. Für die Bereitstellung der Liquidität müssen die grossen Unternehmen eine jährliche Pauschale bezahlen. Doch während der Ständerat dies nur von den drei grossen Konzernen verlangen will, fordert der Nationalrat dies von allen Unternehmen, die dem Schirm unterstellt sind. Nach dem Willen der grossen Kammer soll sich der Anteil an der Pauschale nach der Kraftwerksleistung der Unternehmen berechnen.

Sind sich die Räte einig, kann das Gesetz sofort in Kraft treten

Das Gesetz über den Rettungsschirm ist vom Umweltdepartement von Simonetta Sommaruga als dringlich erklärt worden. Sofern in der Herbstsession alle Differenzen bereinigt werden und das Gesetz die Schlussabstimmung passiert, kann es mit sofortiger Wirkung in Kraft treten. Zwar untersteht das Gesetz dem fakultativen Referendum, doch dieses kommt erst nachträglich zum Zug. Dafür ist die Gültigkeit des Gesetzes bis Ende 2026 befristet.