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Ukraine-Krieg

Mit dem Wintereinbruch könnte nochmals eine grosse Flüchtlingswelle kommen

Bis Ende Jahr könnten 100'000 bis 120'000 Schutzsuchende aus der Ukraine in die Schweiz kommen. Das sagt der ehemalige oberste Migrationsbeamte der Kantone. Die Solidarität in der Bevölkerung sei nach wie vor gross.

Mit dem Wintereinbruch könnte sich die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge in der Schweiz nochmals deutlich erhöhen. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Aktuell sind knapp 68'000 Personen aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. In den nächsten Monaten könnten es mehr werden. Es sei am «wahrscheinlichsten, dass bis Ende Jahr 80'000 bis 85'000 Schutzsuchende in die Schweiz kommen». Das sagte Marcel Suter, der bis Mitte September Präsident der Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden war, am Donnerstag in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» . «Auf dieses Szenario haben sich die Kantone vorbereitet.»

Allerdings könne es mit dem Wintereinbruch «durchaus nochmals» zu einer grossen Flüchtlingswelle kommen. Denn in vielen ukrainischen Städten gebe es erhebliche Zerstörungen und die Energieversorgung sei bereits jetzt eine Herausforderung. «Unter diesen Bedingungen ist vorstellbar, dass bis Ende Jahr 100'000 oder 120'000 Schutzsuchende aus der Ukraine in die Schweiz kommen, wie es der Bund in seinen verschiedenen Szenarien prognostiziert», sagte der Bündner. Sein Kanton sei auf eine neue Flüchtlingswelle vorbereitet. «Aber es gibt Kantone, die rasch an ihre Grenzen kommen.»

Suter stellt fest, dass die Solidarität der Schweizer Bevölkerung mit den Schutzsuchenden noch immer gross ist. Er hätte erwartet, dass die Solidarität nach einigen Monaten abnehme und Schutzsuchende von Gastfamilien in Kollektivunterkünfte wechseln müssen. «Dies geschieht in einigen Fällen auch, aber wir stellen keine grossen Veränderungen fest.»

Schutzstatus S kann fünf Jahre bestehen

Aufgrund der aktuellen Entwicklung in der Ukraine geht Suter davon aus, dass die Schweiz den Schutzstatus S aufrechterhalten werde und die S-Ausweise um zwölf Monate verlängere. Für die Schutzsuchenden aus der Ukraine, die Kantone und Städte sei die Ungewissheit belastend. «Man weiss nie, wie lange der Schutzstatus noch gilt.» Man müsse damit rechnen, dass der Status S je nach Situatioin in der Ukraine plötzlich aufgehoben werde.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat bereits am Mittwoch in einem Interview mit der Zeitung «Le Temps» erklärt, dass eine Verlängerung nicht notwendig sei. In der Schweiz könne der Status S fünf Jahre lang bestehen und dann in eine B-Bewilligung umgewandelt werden – sofern ihn der Bundesrat nicht widerrufe, sagte sie. Widerrufen werde der Schutzstatus erst, wenn sich die Lage in der Ukraine normalisiere. Sie denkt dabei an einen Waffenstillstand oder eine Stationierung von Friedenstruppen, wie es sie in Bosnien oder im Kosovo gegeben habe. (abi)