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Medienkolumne

Messis Mantel

Die Fussball-WM in Katar hat die Medien beflügelt. Der Höhepunkt: Der Final und die Pokalübergabe.

Das gab zu reden: Die Pokalübergabe mit Fifa-Präsident Gianni Infantino, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani (Emir von Katar) und Lionel Messi.
Bild: Freshfocus

Ohne blasphemisch zu sein: Die grösste Weihnachtsüberraschung war das Finale der Fussball-WM. Dass der Messias in Form von Messi erschien, war die Vollendung. Nur als ihm der Scheich einen Bischt umlegte, erfüllten sich alle Klischees der bösen Kataris. So nebenbei: Wäre Messi in Südafrika Weltmeister und anschliessend in ein traditionelles Kostüm gesteckt worden, wäre die Begeisterung grenzenlos gewesen. Eine Verweigerung hätte man als Rassismus ausgelegt.

Sogar im «10 vor 10» war der Katari-Mantel Aufmacher. Die Empörung war gross, als aber der als Experte geladene Ex-Fifa-Sprecher Guildo Tognoni betonte, dass es sich lediglich um ein Medienthema handle, zerstob die These der übergriffigen Araber. Medial gesehen bewies die WM: Je spektakulärer das Turnier wurde, desto kleiner die Kritik an Katar. Deswegen muss man dem schenkwilligen Emir fast schon dankbar sein: Was eigentlich als Geste des Respekts galt, bestätigte am Schluss nochmals alle westlichen Vorurteile. Trotzdem war die Boykottlust – wie dieTV-Zahlen zeigen – auch hierzulande sehr klein.

Wirklich konsequent war nur einer: der ehemalige Starjournalist Hanspeter Bürgin. «Ja, ich habe den Final bewusst verpasst», schrieb er 1986 in der «Schweizer Illustrierten». Und dies trotz reserviertem Platz im Stadion. Bürgin störte sich an der «Gurkentruppe» Deutschland, die es bis ins Final schaffte. Dieses Problem hat sich im Gegensatz zum Mantel längst gelöst.