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Peru

Machtkampf in Peru: Präsident abgesetzt

In Peru ist der Machtkampf zwischen Präsident Pedro Castillo und dem Parlament eskaliert. Der Kongress enthob Castillo am Mittwoch des Amtes, nachdem dieser zuvor die Auflösung des Parlaments verkündet hatte. Kurz darauf wurde Castillo festgenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Andina berichtete. Vizepräsidentin Dina Boluarte und die Opposition hatten Castillos Vorgehen als Staatsstreich gewertet.
Bild: Keystone/AP/Martin Mejia

101 Parlamentarier stimmten dafür, den Staatschef abzusetzen, 6 dagegen und 10 enthielten sich. Die Verfassung des südamerikanischen Landes sieht für diesen Fall vor, dass die Vizepräsidentin die Amtsgeschäfte übernimmt.

Castillo sei im Zentrum der Hauptstadt Lima festgesetzt worden, berichtete Andina. In der Präfektur werde er von der Generalstaatsanwältin Patricia Benavides und der leitenden Staatsanwältin für Korruptionsfälle vernommen.

Castillo hatte versucht, der Abstimmung über den Misstrauensantrag zuvorzukommen, und kurz vorher die Auflösung des Kongresses und eine Neuwahl des Parlaments angekündigt. Die Parlamentarier sollten dann innerhalb von neun Monaten eine neue Verfassung ausarbeiten. "Bis der neue Kongress seine Arbeit aufnimmt, werden wir mit Dekreten regieren", kündigte Castillo an.

Der Präsident verkündete in seiner Ansprache zudem eine landesweite Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 4 Uhr und kündigte eine Reform des Justizwesens an. "Der Kongress hat den Rechtsstaat, die Demokratie und das Gleichgewicht zwischen den Staatsgewalten zerstört", sagte Castillo. "Wir rufen alle Institutionen der Zivilgesellschaft und alle sozialen Gruppen dazu auf, die Entscheidung zu unterstützen."

Allerdings hatte sich Castillo offenbar verkalkuliert: Nachdem er die Auflösung des Kongresses angekündigt hatte, gingen ihm zahlreiche Kabinettsmitglieder von der Fahne, allen voran Vizepräsidentin Boluarte. "Ich lehne die Entscheidung von Pedro Castillo ab, durch die Auflösung des Kongresses den Zusammenbruch der verfassungsmässigen Ordnung herbeizuführen. Das ist ein Staatsstreich, der die politische und institutionelle Krise verschärft, die die peruanische Gesellschaft unter strikter Einhaltung der Gesetze überwinden muss", schrieb sie auf Twitter.

Zahlreiche Minister traten nach Castillos Ansprache zurück. "Weil der Rechtsstaat verletzt wurde und im Einklang mit meinen demokratischen Grundsätzen reiche ich hiermit meinen unwiderruflichen Rücktritt als Minister für Wirtschaft und Finanzen ein", schrieb Finanzminister Kurt Burneo auf Twitter. Auch Aussenminister César Landa und Justizminister Felix Chero stellten ihre Ämter zur Verfügung. Generalstaatsanwältin Benavides sagte: "Wir weisen den Bruch der verfassungsmässigen Ordnung auf das Schärfste zurück."

Auch die Opposition sprach von einem Staatsstreich. "Er darf nicht tun, was er gerade getan hat. Das ist illegal", sagte die Abgeordnete Martha Moyano von der rechten Partei Fuerza Popular im Radiosender RPP. Ihr Parteifreund Héctor Ventura sagte: "Die Streitkräfte müssen heute die demokratische Ordnung respektieren." Der Abgeordnete und frühere Admiral José Cueto schrieb auf Twitter: "Was Pedro Castillo getan hat, ist ein Staatsstreich. Die Streitkräfte werden die Verfassung unterstützen und nicht den Diktator."

Castillos Regierung stand seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli vergangenen Jahres unter Druck. Wegen verschiedener Vorwürfe oder Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst vor zwei Wochen ernannte Castillo eine neue Kabinettschefin - die fünfte in knapp eineinhalb Jahren. Seit seinem Amtsantritt hatte Castillo bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden.

Die Regierung des Linkspolitikers befand sich zudem in einem permanenten Machtkampf mit dem Parlament. Zuletzt verweigerte der Kongress dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen, und liess das Treffen damit platzen. Auch gegen zahlreiche Parlamentarier wird wegen verschiedener Vorwürfe ermittelt. Zwei von Castillos Vorgängern wurden in ähnlichen Verfahren ihres Amtes erhoben. (sda/dpa)