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Waffenrecht

Kosten im Fall von Waffenrecht-Nein ungewiss

Die Kosten eines Neins am 19. Mai bei der Abstimmung zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie könnte ein Schlüsselargument sein. Die genannten Kosten sind sehr unterschiedlich. Der Bund hat sich mit elf Milliarden Franken zuerst für die höchste Zahl entschieden.
Die Kosten eines Neins zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie sind offenbar nur schwer abzuschätzen. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/ADRIEN PERRITAZ

Bei der Lancierung der Kampagne machte Bundesrätin Karin Keller-Sutter klar, dass es einen Preis zu zahlen gebe, falls die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie an der Urne scheitern würde: nämlich den automatischen Schengen-Austritt. Dieser wäre mit Milliardenkosten verbunden.

Deutlicher war der Bundesrat im vergangenen November, als er bei der Eröffnung der Vernehmlassung zur Waffenverordnung von einem Betrag von elf Milliarden Franken zum Nachteil der Schweizer Wirtschaft schrieb.

Riesige Bandbreite der Kosten

Grundlage dieser Zahlen bildet ein Bericht des Büros Ecoplan, bei dem es um die Vorteile ging, welche die Schweiz aus ihrer Schengen/Dublin-Mitgliedschaft zieht. Im Fall eines Austritts der Schweiz würde demnach der Schweizer Wirtschaft ein jährlicher Verlust zwischen 4,7 und 10,7 Milliarden Franken entstehen. Dies entspräche einer Verminderung des jährlichen Bruttoinlandprodukts um 1,6 bis 3,7 Prozent.

Die Autoren des Berichts räumen selber ein, dass es sich bei den genannten Zahlen um einfache Schätzungen handelt, die auf der Annahme von Hypothesen beruhen. Aber sie fügen hinzu: "Es ist wahrscheinlich, dass die wirtschaftlichen Konsequenzen in der Realität noch bedeutend grösser sind."

Für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ist die Studie nach wie vor kreditwürdig. "Es ist unmöglich festzustellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die verschiedenen Varianten eintreffen können. Sie sind alle realistisch und hängen stark von der Reaktion der Nachbarstaaten der Schweiz ab", hiess es beim EJPD.

Trotz der grossen Unsicherheiten hat der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse die Argumente der Ecoplan-Studie übernommen. "Wir teilen die Grössenordnung der von Ecoplan geschätzten Effekte. Sowohl Schengen wie auch Dublin sind für die Schweiz vorteilhaft - politisch wie gesellschaftlich", sagt Jan Atteslander, Mitglied der Direktion von economiesuisse.

Atteslander äussert sich überzeugt, dass es ein Ja zum Waffenrecht braucht, um bei Schengen/Dublin dabei zu bleiben. "Bei einem Nein ist eine automatische Kündigung vorgesehen. Dieser Automatismus kann nur unterbrochen werden, wenn alle EU-Staaten einstimmig gegen die Kündigung votieren", sagt er. Dies sei aber angesichts der weitgehenden Ausnahmen, welche der Schweiz bereits gewährt worden seien, nicht zu erwarten.

Hinter der Argumentation des Wirtschaftsdachverbandes steht auch der Schweizerische Gewerbeverband, vor allem wegen der Interessen der Tourismus- und Gastwirtschaft. Ausgeschert ist allerdings der Gewerbeverbandspräsident, der Freiburger SVP-Nationalrat Jean-François Rime. Als Co-Präsident der Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz hat er sich sogar an die Spitze der Referendumsführer gehievt.

Referendumskomitee verurteilt Taktik

Für das Referendumskomitee handelt es sich bei der Debatte um die Kosten um ein Ablenkungsmanöver, wie der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor, Co-Präsident des Referendumskomitees, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.

Für ihn ist es unwahrscheinlich, dass ein Nein zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie zu einer Aufhebung der Abkommen führen wird. Das Waffenrecht sei nur ein kleiner Aspekt, und die Schweiz verfüge bereits über ein effizientes Recht in diesem Bereich. "Die EU hat demzufolge kein Interesse, die Abkommen zu kündigen, von denen sie sogar noch mehr profitiert als die Schweiz", sagte der Walliser Nationalrat weiter.

Die Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz hätte nicht die Absicht, die Teilnahme der Schweiz an Schengen/Dublin infrage zu stellen, sagte Addor weiter. Da er den automatischen Austritt als kaum wahrscheinlich erachtet, will er auch nicht die Zahlen von Ecoplan kommentieren.

Diese dürften allerdings spätestens am 21. März wieder auf der politischen Traktandenliste stehen, wenn im Schatten der bevorstehenden Abstimmung im Nationalrat über den Ecoplan-Bericht debattiert wird. (sda)