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Umweltschutz

Keine «roten Linien»: Beim Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ist ein Mittelweg nicht undenkbar 

Die Initianten der Biodiversitätsinitiative setzen beim Gegenvorschlag auf Kompromissbereitschaft. Sie fordern mehr Fläche und finanzielle Mittel, wollen aber nicht auf einem fixen Flächenziel beharren. 

Über 210'000 Unterschriften brachten die Initiantinnen und Initianten der Biodiversitätsinitiative zusammen. (Archivbild)
Bild: Keystone

Ab Montag setzt sich die ständerätliche Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie mit dem Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative auseinander. Der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrates hatte zuvor bereits im Nationalrat Federn lassen müssen: Das Flächenziel von 17 Prozent wurde gestrichen.

Die Initianten wollen dennoch nicht ausschliessen, die Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückzuziehen. Ob dies geschieht, hänge nun auch davon ab, was der Ständerat aus der Vorlage macht, sagt Urs Leugger-Eggimann vom Initiativkomitee. Dem Nationalrat attestiert er, einen «interessanten und substanziellen Gegenvorschlag» aufgegleist zu haben.

Der Verzicht auf das Flächenziel stehe einem Rückzug der Initiative dabei nicht grundsätzlich im Wege, sagt Leugger-Eggimann. Es könne durchaus sinnvoll sein, stattdessen verstärkt auf die Qualität der ausgeschiedenen Gebiete zu achten. Auch konkrete Schutzmassnahmen will der Pro-Natura-Geschäftsleiter nicht nennen. «Das kann man so pauschal nicht festhalten», sagt er: So seien bei Fliessgewässern andere Kriterien wichtig als in Waldgebieten oder auf landwirtschaftlichen Flächen.

Unterstützung findet bei den Initianten auch der Ansatz des Nationalrates, wonach der Bundesrat Lage und Ziele zusätzlicher Biodiversitätsgebiete festlegen, die Umsetzung der nötigen Massnahmen aber bei den Kantonen liegen soll. Widerstand gegen ein solches Vorgehen angekündigt hat allerdings der Schweizer Bauernverband (SBV).

Bedenken der Landwirtschaft sind nicht zerstreut

Der Verband befürchtet, dass damit das Flächenziel durch die Hintertür doch verwirklicht werden soll. «Die Regierung hat in der Vergangenheit signalisiert, dass künftig 17 Prozent der Landesfläche als Kerngebiete gelten und insgesamt 30 Prozent für die Biodiversität zur Verfügung stehen sollen», kommentierte er den Nationalratsentscheid im September.

«Für die Kerngebiete müssten mindestens zusätzlich 150’000 Hektaren oder die Fläche des Kanton Luzerns reserviert werden.»

Auch ohne konkret benanntes Flächenziel bleibe die Auswirkung des Gegenvorschlags deshalb dieselbe, so der SBV: «Die Beschlüsse des Nationalrates würden den ländlichen Raum völlig ausbremsen.» Der Verband empfiehlt dem Ständerat deshalb, gar nicht erst auf den Gegenvorschlag einzutreten. Damit wäre das Hauptanliegen des Initiativkomitees zunichte gemacht. Dies besteht laut Leugger-Eggimann derzeit darin, «dass der Ständerat den Handlungsbedarf erkennt».

Die Interessen der Landwirtschaft seien im Gegenvorschlag durchaus berücksichtigt, sagt er:

«Die im Gegenvorschlag neu aufgenommenen Biodiversitätsgebiete von nationaler Bedeutung würden explizit auch Nutzung für Landwirtschaft oder Energiegewinnung zulassen.»

Biodiversität und funktionale Ökosysteme seien ausserdem Grundvoraussetzungen sind für die Produktion gesunder Nahrungsmittel und die Milderung des Klimawandels.

Finanzkommission des Ständerates lehnt den Gegenvorschlag ab

Ein erstes negatives Signal gibt es für die Initianten von der Finanzkommission des Ständerates. In einem Mitbericht empfiehlt sie, den Gegenvorschlag abzulehnen. «Angesichts der düsteren Finanzaussichten» des Bundes halte sie es «nicht für angemessen, zusätzliche Ausgabenpositionen zu schaffen», heisst es dazu in einer Mitteilung der Parlamentsdienste vom Freitag.

Die eidgenössische Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» war im Oktober 2020 mit 107’885 gültigen Unterschriften eingereicht worden. Das Begehren mehrerer Naturschutzorganisationen verlangt, dass Bund und Kantone die nötigen «Flächen, Mittel und Instrumente» bereitstellen, um die Biodiversität zu stärken.