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Credit Suisse

«Historischer Skandal» bis neue «Monster-Bank»: So reagieren die Medien in aller Welt auf die UBS-Übernahme

Die nationale und internationale Presse beurteilt die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ganz unterschiedlich. Zurück bleiben Fragen, Verlierer und Vorwürfe.

Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS macht international Schlagzeilen. Und die Medien kommen zu unterschiedlichen Schlüssen.
Bild: Keystone

«Historischer Skandal»: Der «Tages-Anzeiger» äussert sich in seinem Leitartikel vom Montag kritisch. «Bund, Finanzaufsicht und Nationalbank liessen sich von der UBS über den Tisch ziehen», schreibt die Zeitung. Die neue Mega-Bank habe die Vorteile, die Steuerzahlerinnen, Kunden und Mitarbeitenden die Nachteile.

«Eine Grossbank stirbt»: Titelseite des «Tages-Anzeigers» vom Montag.
Bild: Screenshot

So bürgen etwa die Steuerzahlenden mit insgesamt 109 Milliarden Franken. Dies sei fragwürdig, weil Bundesrat, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht der UBS «keinerlei Bedingungen» auferlegt hätten. Und da die Kunden künftig nur noch einer einzigen Grossbank ausgeliefert seien, werde der Wettbewerb im Schweizer Bankensektor geschwächt. Das Image der Schweiz als stabiler Finanzplatz habe nachhaltig Schaden genommen. Und der CS-Zusammenbruch treffe die Schweiz in ihrem Selbstbild.

Teil der Lösung oder des Problems?

Für den «Tages-Anzeiger» ist klar: Die «Too big to fail»-Regeln funktionieren nicht. Sie müssten neu geschrieben und verschärft werden. «Die neue UBS wird durch die Übernahme der Credit Suisse zu einem wahren Koloss. Alles, was bei der Credit Suisse schiefgegangen ist, kann – in noch grösserem Umfang – auch bei der neuen Mega-Bank passieren.»

Von der «bedeutendsten Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise vor 15 Jahren» schreibt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) . Zwar hätten Banken danach «nur noch Teil der Lösung sein» wollen, analysiert das deutsche Blatt in dem gleichzeitig erschienenen Kommentar mit dem Titel «Teil des Problems».

Doch: «Es ist anders gekommen. Wie gross der Schaden sein wird, ist noch nicht absehbar» , so das Urteil aus der deutschen Finanzmetropole. Besonders hart ins Gericht geht die FAZ denn auch vorab mit der hiesigen Bankenaufsicht Finma: «Die Aufseher in der Schweiz müssen in jedem Fall nachsitzen.»

SRF: «Ende einer Epoche»

Vom «Ende einer Epoche» spricht gar Radio SRF am Montag in der Sendung «Heute Morgen». Man müsse diese Übernahme jedoch in einem grösseren Zusammenhang sehen: Vor 30 Jahren expandierten die Schweizer Banken immer stärker in die USA, zu verlockend sei das Geschäft gewesen mit dem schnellen Geld im Investmentbanking.

Doch: «Zuerst ist die UBS daran gescheitert und jetzt die CS», kommt SRF in der Analyse zum Schluss. «Die Schweizer Banken müssen sich jetzt auf das fokussieren, was sie können: das klassische Bankengeschäft, das Verwalten von Vermögen und die Vergabe von Krediten für Firmen.»

Schweiz wacht mit «Monster-Bank UBS» auf

«Bund und Nationalbank retten die Credit Suisse» titelt die NZZ.
Bild: Screenshot

«Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht»: So titelt die «Neue Zürcher Zeitung» ihren Kommentar. Die neue UBS sei deshalb ein «Monster», weil ihre neue Bilanzsumme fast doppelt so gross sein werde wie die Schweizer Wirtschaftsleistung. Sie sei damit erst recht zu gross, um sie untergehen zu lassen. «Too big to fail» sei mit voller Wucht zurück.

Für die NZZ ist sicher, dass die jetzigen Beschlüsse «starke Kollateralschäden» haben, die nachwirken werden. «Denn wenn bestimmte Firmen nicht in Konkurs gehen können, unterminiert dies die Unterstützung für den Kapitalismus.» Die Zeitung spricht denn auch von einem schwarzen Tag für den Finanzplatz, für viele CS-Mitarbeitende und für das Vertrauen in die Marktwirtschaft.

Wirtschaftspresse uneins

Ähnlich analysiert das «Handelsblatt» den Entscheid, kommt aber zu einem ganz anderen Schluss: «Am Ende der Fusion könnte ein fragiles Monster stehen», analysiert die deutsche Wirtschafts- und Finanzzeitung. «Eine volle Verstaatlichung wäre wahrscheinlich besser gewesen.» Denn, so das simple Fazit aus Düsseldorf: «Eine Grossfusion wie die jetzt angekündigte Übernahme von Credit Suisse durch den grösseren Rivalen UBS vergrössert das Problem wahrscheinlich noch.»

Und auch für die Agentur Reuters ist «noch nicht klar», ob der Deal ausreiche, um das Vertrauen in Kreditgeber auf der ganzen Welt wieder herzustellen. Bloomberg betont derweil genau diese Absicht des «von der Regierung eingefädelten Deal». Nebst der Bankenrettung solle damit «die um sich greifende Vertrauenskrise auf den globalen Finanzmärkten» eingedämmt werden.

«Blick»: Zurück bleiben fast nur Verlierer

«Licht aus!»: Die Schlagzeile im «Blick».
Bild: Screenshot

Der «Blick» hat derweil schlicht viele offene Fragen. Etwa, weshalb die Behörden nicht schon viel früher eingeschritten sind? Oder weshalb es von all den anderen Schweizer Banken keine Alarmsignale gab. Sie hätten spüren können, dass es der grossen Konkurrentin immer schlechter geht. «Die Kunden der CS haben sie gerne genommen, sich aber um den Ruf des Finanzplatzes zu wenig Gedanken gemacht.» Oder auch, warum es erst den Druck ausländischer Aufsichtsbehörden und Finanzministerien gebraucht habe, bis die Schweiz quasi über Nacht eine Notlösung gezimmert habe.

Die Fragen müssten dringend beantwortet werden. «Denn zurück bleiben fast nur Verlierer», schreibt der «Blick». Er denkt dabei etwa an die Aktionäre, «die gerade noch einen Brosamen für ihre Aktien bekommen». Oder die Kunden und Angestellten. Und an erster Stelle der Finanzplatz Schweiz. Über Nacht sei er zu einem «Finanzplätzli» geworden – «mit noch einer einzigen Grossbank, die wie ein Koloss über allem thront».

Romandie: Ein Schlag ins Gesicht

«24 Heures»: «Die Credit Suisse stirbt um das System zu retten»
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Unter dem Titel «Die Credit Suisse stirbt, um das System zu retten» sprechen «24 Heures» und «Tribune de Genève» im Kommentar gar von einer «Übernahme der Schande» und einem «unwürdigen Ende». Dies weil die zweitgrösste Bank der Schweiz ohne Zustimmung der Aktionäre für drei Milliarden Dollar liquidiert worden sei, obwohl die Credit Suisse wahrscheinlich viel mehr Wert sei.

Die Schweiz finde sich heute kleiner wieder und kehre zu einer Form von Bankennormalität zurück. «Das ist nicht das Ende der Geschichte, sondern ein Schlag ins Gesicht ihres Stolzes», so die Westschweizer Zeitungen.

«Credit Suisse durfte nicht fallen!» titelt am Tag danach «Le Temps».
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Das Undenkbare in Worte zu fassen, versucht am Tag danach auch «Le Temps» : «Die 1856 von Alfred Escher gegründete Bank konnte und durfte nicht untergehen», schreibt die Westschweizer Tageszeitung. Dennoch hätten Bundesrat, Nationalbank und Bankenaufsicht am Wochenende nur noch zusehen können, wie die Credit Suisse zu sterben drohte. Fazit von «Le Temps»: «Das Vertrauen ist ein wahrer Diktator der Finanzmärkte.»

Dass nicht versucht worden sei, das Schweizer Geschäft wie im «Too-big-to-fail»-Gesetz vorgesehen, aus dem Credit-Suisse-Konzern herauszulösen, sei dagegen eine «grosse, verpasste Chance». Denn das hätten zuvor auch Minderheits- und Kleinaktionäre schon lange gefordert, so «Le Temps».

Aufsicht über Banken stärken?

Auch der britische «Economist» bedauert die «bedeutsame, aber unglückliche Fusion» der beiden Schweizer Grossbanken. «Nach einem Wochenende des Feilschens und Jahren der schleichenden Verzweiflung» sei eine «Institution des internationalen Bankings» nun schlicht «tot».

«Der Fall der Credit Suisse zeigt, dass mehr Arbeit im Bereich der Bankrisiken nötig ist», überschreibt die «Financial Times» (FT) ihre Analyse. Es sei wichtig, dass nach der Krisenrettung nun auch die richtigen Lehren aus dem Fall gezogen würden. Habe doch im aktuellen Fall «eine peinliche Erklärung des grössten Aktionärs» der Bank zum Todesstoss gereicht.

Entsprechend kommt die US-Finanzzeitschrift in dem Text zum Schluss, die Schweizer Behörden hätten am Ende «nicht wirklich eine Wahl» gehabt als hart einzugreifen. Doch: «Letztlich entschieden die Kunden der Credit Suisse selbst über ihr Schicksal, nicht die Anleger», so die FT. Dies indem sie ihr Geld in Scharen von der Bank abgeholt haben.

«Am Grössenwahn hat es noch nie gefehlt»

Für die «Süddeutsche Zeitung» erzählt die «Misere» einiges über die Schweiz und ihre Banken. Die CS stehe für ein unrühmliches Kapitel der Schweizer Geschichte, für Grössenwahn und ein ruchloses Geschäftsmodell, das den eigenen Profit stets über die moralische Glaubwürdigkeit gestellt und dabei nicht selten das ganze Land in Geiselhaft genommen habe.

Auch jetzt mache sich der Schweizer Staat wieder für den Fall der Fälle bereit. Nicht einmal wettbewerbsrechtliche Gründe dürften der «helvetischen Bankenfusion des Jahrhunderts» laut der SZ noch im Wege stehen. «Am Ende bleibt die Erkenntnis: Am Grössenwahn hat es noch nie gefehlt.»