Roger Braun
Es ist seine Trumpfkarte, und er spielt sie oft. Der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki spricht gerne über seine Führungserfahrung in der Wirtschaft, um sich von seiner Konkurrentin Karin Keller-Sutter abzuheben. Sieben Jahre lang führte er die Schweizer Gesellschaften des deutschen Elektrotechnik-Konzerns Pfisterer. Auch ist er Verwal-tungsratspräsident der Titlis-Bahnen.
So gut das klingt, die Mandate brachten ihm auch Kritik ein. Wicki war von 2010 bis 2016 Baudirektor des Kantons Nidwalden. Im Juli 2013 fällte der Regierungsrat einen umstrittenen Entscheid zugunsten der Titlis-Bahnen. Das Unternehmen wollte seine veraltete 6er-Gondelbahn durch eine 8er-Gondelbahn ersetzen.
Das Problem: Die neue Bahn wäre im Jagdbanngebiet Trübsee zu liegen gekommen. Aus Rücksicht auf die Wildtiere verbot der Bundesrats deshalb den Ausbau. Die Nidwaldner Regierung beschloss daraufhin das Jagdbanngebiet zu verlegen: weg vom Areal der Titlis-Bahnen, hin zur Bannalp weiter nördlich im Kanton.
Umweltschützer protestierten, die Bannalp-Bahnen fühlten sich diskriminiert, eine Petition brachte 7800 Unterschriften zusammen. Doch der Regierungsrat blieb hart. Im November 2013 hiess der Bund die Verschiebung gut.
Umstrittene Wahl in den Verwaltungsrat
Eineinhalb Monate später wurde publik, dass Wicki Verwaltungsrat der Titlis-Bahnen werden soll. Sofort setzte eine Welle der Kritik ein. Dass ein Baudirektor, der Bauprojekte zu begutachten hatte, gleichzeitig eine Bergbahn führen soll, stiess vielen sauer auf.
Der ehemalige Chef der Titlis-Bahnen, Eugenio Rüegger, stellte sich gegen Wicki und lancierte einen Gegenkandidaten. «Exekutivpolitiker gehören nicht in den Verwaltungsrat von Unternehmungen», sagte er an der Generalversammlung. Kleinaktionär Conrad Engler bemängelte einen «offensichtlichen Interessenkonflikt».
«Hans Wicki darf Regierungsrat bleiben und Finanzminister werden, er kann später sogar Ständerat und Bundesrat werden, aber als Regierungsrat und Nidwaldner Baudirektor hat er im Verwaltungsrat der Titlis-Bahnen nichts verloren», sagte er. Wicki schaffte die Wahl trotzdem mit einer Zweidrittelmehrheit. Zwei Jahre später übernahm er das Präsidium.
Mangelndes Fingerspitzengefühl
Leidtragender der Verschiebung des Jagdbanngebiets war die Tourismusregion Bannalp. Seit dem Entscheid dürfen sich Skitourengänger und Schneeschuhwanderer im neuen Schutzgebiet nur noch in bestimmten Korridoren bewegen. Mit der Ankündigung des Bundes, die Jagdbannverordnung zu verschärfen, drohen weitere Nut-zungseinschränkungen im Sommer.
Der Verwaltungsratspräsident der Bannalp-Bahn, Hubert Annen, sagt, die Bannalp sei vom damaligen Entscheid überrumpelt worden. «Wir konnten uns nicht einbringen, obwohl wir hauptbetroffen waren von der Verschiebung.»
Dass jemand, der diesen Entscheid mitverursacht hat, kurz darauf in den Verwaltungsrat der profitierenden Firma wechselt, bezeichnet Annen als «ungeschickt»: «Die Entscheidung zeugt von wenig Fingerspitzengefühl.»
Ähnlich äussern sich andere Stimmen. Mit Namen hinstehen wollen sie hingegen nicht. Nidwalden ist klein – und mit dem Präsidenten einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region will es sich niemand verderben.
Wicki kann keinen Fehler erkennen
Wicki verteidigt sich. «Meine Wahl zum Verwaltungsrat der Titlis-Bahnen hat in keiner Art und Weise mit der Verschiebung des Jagdbanngebiets zu tun», sagt er. Die Wahl sei bereits viel früher aufgegleist worden. Überhaupt sei nicht er für das Dossier hauptverantwortlich gewesen, sondern sein Regierungskollege aus der Justizdirektion.
Doch ist es nicht generell problematisch, wenn ein Baudirektor im selben Kanton ein Bergbahnunternehmen leitet? Im Jahr 2008 zum Beispiel musste das Bundesgericht die kantonale Baudirektion zurückpfeifen, die den Bau einer neuen Skipiste, der Sulzlipiste, am Titlis bewilligt hatte.
Wicki sagt, dies seien Ausnahmefälle. «In meiner Amtszeit als Baudirektor waren die Titlis-Bahnen nicht einmal von einem Geschäft betroffen.» Als die Bahnen am Ende seiner Amtszeit die Mittelstation umbauen wollten, habe er das Geschäft seinem Stellvertreter übergeben.
Wicki weist darauf hin, dass das Regierungsamt in Nidwalden kein Vollamt zu 100 Prozent sei: «Werden wir abgewählt, kümmert sich auch niemand um uns. Es ist deshalb wichtig, ständig im Kontakt mit der Wirtschaft zu bleiben.»