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USA

Gnadenloser Machtkampf: Das amerikanische Repräsentantenhaus muss die Speaker-Wahl erneut vertagen

Das Drama im amerikanischen Parlament dauert an. Der Republikaner McCarthy ist auch am Donnerstag in mehreren Wahlgängen gescheitert. Nun sieht es so aus, als veräussere er auch noch das letzte Tafelsilber, um seine Gegner umzustimmen.

Der Republikaner Kevin McCarthy hat auch im elften Anlauf die Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses verpasst.
Bild: Keystone

Trotz neuer Zugeständnisse an seine Gegner ist der Republikaner Kevin McCarthy im Machtkampf um das höchste Amt im US-Parlament wieder gescheitert. Der 57-Jährige bekam am Donnerstag auch im elften Wahlgang nicht genug Stimmen, um Vorsitzender der Parlamentskammer zu werden. Zuvor hatte es hinter den Kulissen intensive Verhandlungen gegeben - die aber noch keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis des Republikaners hatten. McCarthy schnitt am Donnerstag nicht besser ab als in den vorherigen Durchläufen am Dienstag und am Mittwoch. Gegen ihn stellen sich vor allem glühende Anhänger des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, obwohl dieser McCarthy unterstützt.

McCarthy war den republikanischen Rebellen am dritten Tag des Speaker-Dramas einen grossen Schritt entgegenkommen, um sich deren Stimmen zu sichern und die Blockade zu durchbrechen. Der Kalifornier soll sogar eingewilligt haben, die Hürden für die Abberufung eines Vorsitzenden im Repräsentantenhaus noch weiter zu senken. Damit bietet er seinen Gegnern ein Druckmittel, ihn nach Belieben wieder aus dem Amt zu jagen. Dies könnte schwerwiegende Folgen haben und zu noch mehr Instabilität führen, wenn im Kongress wichtige Entscheidungen anstehen. Die Rechtsaussen-Abgeordneten könnten die Kammer in Geiselhaft nehmen.

McCarthy war am Dienstag und Mittwoch in sechs Wahlgängen durchgefallen und wurde blamiert. Die Demütigung setzte sich am Donnerstag fort, in fünf weiteren mündlichen Abstimmungen. Immer und immer wieder stimmten 21 Mitglieder der republikanischen Fraktion nicht für McCarthy, der deshalb die notwendige absolute Mehrheit verfehlte. Einer seiner Widersacher stimmte sogar für Ex-Präsident Trump.

Da die Republikaner in der Parlamentskammer nur eine knappe Mehrheit haben, ist McCarthy fast auf jede Stimme in seiner Fraktion angewiesen, um zum Speaker gewählt zu werden. Wenn McCarthy sich nicht mit den Gegnern in seiner Partei einigen kann, könnte er womöglich versuchen, mit den Demokraten Verhandlungen aufzunehmen. Diese könnten ihm etwa durch Enthaltungen in ihren Reihen zu einem Wahlsieg verhelfen, weil das die Zahl der nötigen Stimmen senken würde. Möglich wäre auch, dass ein neuer Kandidat aufgestellt wird, auf den sich die Republikaner verständigen könnten. Denkbar wären aber auch Gespräche mit den Demokraten über einen Konsenskandidaten, den auch sie mittragen würden.

McCarthy sagt: Er mache «gute Fortschritte»

So weit ist es aber noch nicht. McCarthy scheint derzeit der Meinung zu sein, dass er mit Verhandlungen auch seine härtesten Kritiker umstimmen kann. Am Donnerstag, nachdem die Sitzung des Repräsentantenhauses auf den Freitag vertagt worden war, deutete der Republikaner an, dass er «gute Fortschritte» mache. Im Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten wollte er sich aber nicht auf die Äste rauslassen und eine Prognose über das Ende des Dramas wagen. «Das möchte ich auch gerne wissen», antwortete er auf die Frage, wie lange das Wahlprozedere noch andauern werde.

Auch ein Appell von Ex-Präsident Trump hatte nichts an der verfahrenen Situation geändert. Dieser hatte McCarthy bereits zuvor unterstützt - und ihm aber nach dem Abstimmungsdebakel noch einmal Rückendeckung gegeben. Doch die glühenden Trump-Fans blockierten McCarthy weiter. Für McCarthy sind die Niederlagen in Serie eine historische Schlappe und eine öffentliche Blossstellung. Es ist das erste Mal seit hundert Jahren, dass bei der Wahl mehr als ein Anlauf nötig ist und eine Fraktion ihren Kandidaten nicht im ersten Durchgang ins Amt wählt.

Der Machtkampf zeigt auch die Zerrissenheit der Republikaner. Sie hatten bei den Zwischenwahlen im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert und wollten eigentlich Präsident Joe Biden vor sich hertreiben. Nun fragen sich viele, ob die dysfunktionale Partei überhaupt in der Lage ist, die wichtigen Aufgaben in der Parlamentskammer zu bewältigen. (dpa/rr)