Nun, wenn man sich die heutigen Geldadeligen anschaut, käme man wohl nie spontan auf die Idee, dass Geld und Geist zwingend viel miteinander zu tun haben müssen.
Da gibt es russische Milliardäre, die kaufen sich einen Fussballklub, um sich darin zu benehmen wie Zar Idiotowitsch. Andere kaufen sich eine Kunstsammlung, um sich den Anschein eines Kunstverständigen zu geben.
Es gibt Multimillionäre (das ist heute schon fast ein Mitleidstitel), deren dumpfluxuriöses Leben von RTL 2 als Serie abgefilmt wird. Man kann zusehen, wie sie ihre zwei lumpigen Hirnzellen tarnen mit teuren Autos, Schmuck und luxuriösen Villen. Der Geist kann da höchstens mal als Gast vorkommen, wenn so ein Geldsack aus Versehen ein Schloss gekauft hat, in dem es spukt.
Geld und Geist – kein Konzept hinter der Konstellation
Die Gattinnen der Milliardäre, vor allem russische, sind oft überschminkte Botox-Deponien, mit geschwollenen Lippen und Silikonbergen auf dem welken Körper. Sie schleppen teure Designer-Kleider derart unappetitlich herum, dass ich, als betroffener Designer, sie auf Schadenersatz wegen Rufschädigung einklagen würde.
Gut, es gibt durchaus mal die Konstellation, dass Geld und Geist sich koppeln. Nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung muss es das auch geben, es ist aber kein Konzept dahinter.
Es soll jetzt keiner kommen und sagen, früher sei dies besser gewesen. Die früheren adeligen Geschlechter waren hirngeschädigt durch jahrhundertelange Inzucht. Sie haben scheinbaren Geist nur vorgegaukelt, indem sie Künstler am Hof malen, dichten oder singen liessen, während sie ihre Nichten und Neffen schwängerten. Gute Idee: Inzucht als Garantie, dass man der Gescheiteste in der Familie bleibt.
Charakter und Niveau kann man nirgends kaufen
Ich glaube, oft verhindert der Geist sogar das Anhäufen von Geld, denn bei einem geistreichen Reichen kommt ja irgendwann die Erkenntnis, dass überdimensional viel Geld nichts mehr bedeutet für das individuelle Leben. Es bringt langfristig weder mehr Lebensfreude noch Sicherheit. Kurzfristig schon, da kann man sich zuerst mal austoben, vier Mal am Tag «Rindsfilet mit Pommes de Dingsbüms» essen, in den teuersten Hotels absteigen, im Golf-Elektro-Rollator herumkurven, ein paar Fotomodels flachlegen. Neuerdings kann er sogar ins All fliegen, was man getrost auch als sinnlosen Transport von Menschenfleisch bezeichnen kann. Aber dann?
Dann stellt man fest, dass es einen guten Charakter und Niveau nirgends auf dem Weltmarkt zu kaufen gibt, wie auch eine Glatze nur notdürftig mit Toupet-Laminat zu kaschieren ist, trotz Millionen am Hintern.
Der also von Erkenntnis heimgesuchte Geistreiche wird in der Konsequenz hingehen, sein ganzes Geld verkaufen und sich an einem «selbst gebastelten Sandwich mit Gürkli» oder einem «Blüemli am Wegesrand» erfreuen.
Habe ich noch genug Lebenszeit?
Beim Geistlosen, bei dem erscheint, anstelle der Erkenntnis, einfach der Gevatter Langeweile. Die Folge davon ist immer mehr Konsum und dann, am Ende der Fahnenstange, die letzte, ultimative Befriedigung: Er kann es sich leisten, sich schlussendlich mit einer goldenen, diamantbesetzten Swarowski-Pistole «Unic VIP Edition» ins Jenseits zu befördern. Allerdings, die Sauerei am Boden sieht genau gleich aus wie nach einem Abgang mit einer billigen, rostigen Knarre. Das muss ihn aber nicht mehr interessieren. Wie ihn im Leben, ausser Geldvermehrung, nichts richtig interessiert hat.
Für mich war Geld eigentlich immer Zeit, das Sparkonto ein Zeitkonto. Ich wusste, wenn da dreitausend Franken drauf sind, kann ich irgendwann einen Monat Urlaub machen. Das ist auch heute noch so, allerdings muss man, wenn das Geschäft sehr gut läuft, auch mal Bilanz ziehen, seine Lebenserwartung abschätzen und sich fragen: Habe ich noch genug Lebenszeit, um das Konto vernünftig abzutragen, damit ich meine Erben nicht mit Geldballast überfordere?
Das kann ich all meinen Milliardärskollegen nur empfehlen.
Peach Weber ist Komiker und Autor.