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Aussichten

Finanzbildung für junge Menschen

Gerade in wirtschaftlich und gesellschaftlich herausforderungsreichen Zeiten ist Finanzkompetenz wichtig.

Maurice Pedergnana.

In stabilen Zeiten mag es weniger notwendig erscheinen als in Krisenphasen, doch bleibe ich überzeugt: Junge Menschen müssen im Unterricht mehr über Wirtschaft und Finanzen lernen. Nehmen wir das Beispiel Inflation. Viele Schülerinnen und Schüler können mit diesem Begriff nichts anfangen. Sie wissen nicht wirklich, woher sie kommt und wie man sie in den Griff kriegt. Wie das vorrangige Ziel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) lautet, nämlich die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei die Konjunktur zu berücksichtigen, können nur wenige erklären. Dabei ist Preisstabilität der wichtigste Beitrag, den die SNB für unser Land leisten kann.

Wer nicht zwischen einer nominellen und einer realen Wirtschaftsentwicklung unterscheiden kann, vermag auch die Rolle der Zentralbanken und die vielfältigen Wechselwirkungen über den Geld- und Kreditkanal wie auch über die Wechselkurse nicht einzuordnen. Dabei spüren wir alltäglich den Einfluss der SNB, sei es beim Einkaufen, beim Bargeldbezug oder auch beim Finanzieren eines Eigenheims. Die Wirkungsweise der SNB zu verstehen, ist gar nicht so einfach. Aber zumindest wäre es wichtig, die vierteljährliche geldpolitische Lagebeurteilung und die damit verbundenen Inflationsprognosen und Entscheide in groben Zügen zu verstehen.

Auch das Beispiel der privaten Altersvorsorge erscheint mir wichtig, zumal die staatliche Altersvorsorge langfristig nach wie vor nicht auf gesunden Füssen steht. Deshalb muss man in der Schule praxisnah lernen, weshalb der sorgsame Umgang mit Geld wichtig ist und weshalb ein Teil des aufgeschobenen Konsums für die Vorsorge für das Alter eingesetzt werden sollte.

Dabei ist auch wichtig, die Mechanismen des Kapitalmarktes, des unternehmerischen Eigenkapitals (in Form von Aktien) und Fremdkapitals (in Form von Anleihen) zu verstehen. Es spielt eine Rolle, ob Vorsorgegelder über 40 Jahre in Anleihen oder vielmehr in Aktien investiert werden. Die Unterschiede sind immens, und das wiederum hat mit den langfristig unterschiedlichen Renditen und den Zinseszinsen zu tun. Diesen Effekt zu verstehen, scheint mir zentral. Motivierend wirkt gewiss, wenn man zudem «grüne» Finanzbildung inkludiert, die Vorteile einer Kreislaufwirtschaft versteht und die zukunftsorientierte, verantwortungsvolle Kapitalanlage erlernt.

Mit steigendem wirtschaftlichem Wissen steigt erfahrungsgemäss auch der Mut zur Innovation, zur Selbstständigkeit und zur Firmengründung. Eine unzureichende ökonomische Schulbildung mindert dagegen die politische Mündigkeit. Wer sich gegen die Finanzbildung für junge Menschen wehrt, tut der Demokratie keinen Gefallen. Denn das Zentrale bekommen dann wohl vor allem jene mit, die in einem ökonomisch sachkundigen Elternhaus aufwachsen. Wer wenig über unser Wirtschaftssystem weiss, ist umso mehr den Demagogen ausgeliefert.

Gerade in wirtschaftlich und gesellschaftlich herausforderungsreichen Zeiten erscheint mir Finanzkompetenz wichtig. Diese definiert die OECD als «eine Kombination aus Bewusstsein, Wissen, Fähigkeiten, Einstellung und Verhalten, die notwendig ist, um solide finanzielle Entscheidungen zu treffen und letztendlich individuelles Wohlbefinden zu erreichen.» Ist das nicht ein erstrebenswertes Ziel für einen attraktiven Schulunterricht?

Professor für Banking und Finance an der Hochschule Luzern und Studienleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ).