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Ukraine-Krieg

Erhält die Ukraine doch bald deutsche Leopard-Panzer? Die Entscheidung darüber ist wohl in Washington gefallen

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz versucht, die Verantwortung den USA zuzuschieben: Die Ausfuhr von Kampfpanzern in die Ukraine will er nur dann genehmigen, wenn auch die Amerikaner dorthin liefern. Danach sieht es vorerst aber nicht aus. 
Von ihm versprechen sich die Ukrainer eine Wende auf dem Schlachtfeld: ein Leopard-Panzer, hier bei einem Manöver im deutschen Munster. 
Bild: Morris Macmatzen /  Getty Images Europe

Der internationale Druck auf Deutschland ist in den vergangenen Wochen immer grösser geworden, doch in die Diskussion um eine mögliche Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine kommt allenfalls zaghaft Bewegung. Mehrere europäische Länder, darunter Polen, Finnland und Dänemark, wollen Kiew Panzer aus deutscher Produktion überlassen, doch bisher verweigert Berlin eine Ausfuhrgenehmigung.

Die Bedenken des deutschen Kanzlers Olaf Scholz sind bekannt: Würden die Ukrainer Geräte vom Typ Leopard 2 erhalten, könnte dies aus Scholz’ Sicht zu einer weiteren Eskalation führen. Kiew argumentiert, den Leopard zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete zu brauchen. Bei seinem Auftritt am Mittwoch am Weltwirtschaftsforum in Davos mochte Scholz die Frage, ob sich an der deutschen Haltung demnächst etwas ändern könnte, noch nicht beantworten.

Zaghafte Signale aus Washington

Obschon der Kanzler seine Meinung nicht geändert zu haben scheint, erscheint ein Umschwung in Berlin nicht ausgeschlossen. Wie schon einige Male seit Ausbruch des Krieges macht Scholz seine Haltung nämlich auch hier von jener der westlichen Verbündeten abhängig.

Im Fall der Kampfpanzer kommt Washington dabei die Schlüsselrolle zu. In Davos hat Scholz bei einem Gespräch mit amerikanischen Abgeordneten offenbar noch einmal deutlich erklärt, Deutschland könne nur dann Lieferungen zulassen, wenn auch die USA lieferten. Würde Washington Kiew also amerikanische Abrams-Panzer überlassen, könnten die Ukrainer auch deutsche Leopard-Panzer erhalten.

Vorerst scheint Washington die Berliner Bedingung aber nicht erfüllen zu wollen. «Ich glaube, wir sind noch nicht dort», sagte am Mittwoch Colin Kahl, ein hochrangiger politischer Berater des amerikanischen Verteidigungsministers Lloyd Austin, als er auf Scholz’ Gedankenspiele angesprochen wurde. Kahl, der sich am Montag in der ukrainischen Hauptstadt aufgehalten hatte, erklärte nach seiner Rückkehr über den Kampfpanzer, der mit einer Gasturbine angetrieben wird: «Der Abrams ist ein sehr kompliziertes Gerät.»

Am Freitag soll ein neues Milliardenpaket vorgestellt werden

So sei das System in der Wartung nicht einfach; das Pentagon aber wolle den Ukrainern keine Panzer liefern, die sie nicht reparieren, nicht in Betrieb halten und die sie sich langfristig auch nicht leisten könnten. Wenn Washington neue Waffenlieferungen bewillige, dann spielten Schlagzeilen und Symbolik keine zentrale Rolle, sagte Kahl. Entscheidend sei, was der Ukraine tatsächlich helfe.

Etwas diplomatischer hatte es zuvor Karine Jean-Pierre formuliert, die Sprecherin des Weissen Hauses. Sie verwies während einer Pressekonferenz darauf, dass jedes Land selbst entscheiden müsse, welche Rüstungsgüter es an die Ukraine liefern wolle. Diese Aussage kann auch als Aufforderung an Deutschland verstanden werden, Drittländern den Export zu erlauben. Am Donnerstag verbreitete das Pentagon eine Liste von Rüstungsgütern, die demnächst geliefert werden sollen. Abrams-Panzer finden sich darauf nicht.

Einige Stunden zuvor hatte Boris Pistorius, der neue deutsche Verteidigungsminister, seinen amerikanischen Amtskollegen in Berlin empfangen. Austin werde sich darum bemühen, die Blockade zu lösen, hatte es zuvor aus dem Pentagon geheissen. Was die beiden Minister besprachen, wurde nicht bekannt; zu Beginn des Treffens dankte der Gast aus Washington den Deutschen höflich für ihre «unschätzbare» Hilfe.

Am Rand der Geberkonferenz der Kiewer Verbündeten im deutschen Ramstein, die am Freitag stattfindet, soll auch das neue Hilfspaket der US-Regierung vorgestellt werden, das einen Wert von 2,5 Milliarden Dollar haben soll. Demnach will Washington der Ukraine rund 100 Radschützenpanzer des Typs Stryker liefern, die von den US-Streitkräften zum schnellen Transport von Infanterieeinheiten verwendet werden.

Weiterhin keine ballistischen Kurzstreckenraketen

Zudem soll die Ukraine zusätzliche Schützenpanzer des Typs Bradley bekommen, nachdem Washington vor zwei Wochen bereits die Lieferung 50 solcher Panzer angekündigt hatte. Die USA wollen zudem das Munitionsarsenal Kiews aufstocken, unter anderem mit kleinen präzisionsgelenkten Bomben (Small Diameter Bomb), die eine Reichweite von mehr als 100 Kilometern besitzen.

Obwohl sich das Weisse Haus damit abgefunden hat, dass die Ukraine eine Rückeroberung der Krim plant, wehrt sich das Pentagon weiterhin gegen die Lieferung von ballistischen Kurzstreckenraketen des Typus ATACMS. Kahl sagte am Mittwoch, die Ukraine sei auch ohne diese moderne Waffe in der Lage, die Dynamik auf dem Schlachtfeld zu drehen. «Die Sache lohnt sich nicht», sagte er zur angedachten Lieferung eines ATACMS-Systems. Allerdings könne sich diese Einschätzung auch ändern.