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Luftfahrt

Einigung erst um 05.30 Uhr! Streikdrohung ist vom Tisch – Swiss-Piloten erhalten neuen Vertrag

Aufatmen bei Crew, Management und Passagieren: Die Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag zwischen der Airline und den Piloten haben mit einer Einigung geendet - in letzter Minute. Nun äussert sich Swiss-Chef Dieter Vranckx dazu.

Kein Streik! Die Swiss-Piloten erhalten einen neuen Gesamtarbeitsvertrag. 
Bild: Christian Merz / KEYSTONE

Das nennt man ein Fotofinish! Bis um halb sechs Uhr morgens haben Swiss-Chef Dieter Vranckx und Clemens Kopetz, Präsident der Pilotenvereinigung Aeropers, um eine Einigung für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag gerungen und sie schliesslich erreicht. Aeropers-Sprecher Thomas Steffen bestätigt den Zeitpunkt der Schlichtung auf Anfrage von CH Media.

Bei der Swiss-Medienstelle heisst es, die Erleichterung sei gross. Auch ein Swiss-Pilot beschreibt den Gemütszustand gleich: «Niemand wollte, dass es zu einem Streik kommt.» Wie Aeropers in einer Mitteilung schreibt, hat man sich auf einen Teuerungsausgleich in der Höhe von 2 Prozent und eine Lohnerhöhung von 2,3 Prozent geeinigt.

«Ich bin froh, dass Aeropers und wir uns nach einem nahezu zwei Jahre andauernden, schwierigen Verhandlungsprozess auf die Eckpunkte für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag für das Cockpitpersonal verständigen konnten», lässt sich Swiss-Chef Vranckx in einer Mitteilung zitieren. «Das ist ein wichtiger Erfolg für alle Beteiligten, der uns als Unternehmung sowie auch unseren Kundinnen und Kunden wieder die gewohnte Ruhe bringt. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag sowohl eine gute Basis für die Zukunft unserer Pilotinnen und Piloten als auch die für Swiss wichtige Stabilität geschaffen haben.» Auch mit den Sozialpartnern des Bodenpersonals konnte die Airline sich vergangene Woche auf die Lohnrunde für 2023 einigen.

Ein Streik wäre seit April möglich gewesen

Die Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden vom Montag zeigen, wie schwierig die Situation war. Monatelang hatten sich die beiden Parteien auf keinen neuen Gesamtarbeitsvertrag einigen können. Mitten in der Pandemie, vor rund eineinhalb Jahren, hatte die Swiss das Vertragswerk der Cockpit-Crew auf April 2022 hin gekündigt, weil es ihr zu wenig krisenresistent war. Seither flogen die Swiss-Piloten ohne Vertrag durch die Welt - und wären streikberechtigt gewesen.

Tatsächlich hatten sie eine Arbeitsniederlegung bereits aufgegleist. Vor einer Woche stimmten rund 95 Prozent der Aeropers-Mitglieder für einen Streik, sollte es nicht doch noch zu einer Einigung kommen. Und zwar zwischen Aeropers-Präsident Kopetz und Swiss-Chef Vranckx in Spitzengesprächen, flankiert jeweils von einer weiteren Person. Ein erstes fand vor zweieinhalb Wochen statt - ohne Einigung, doch mit der Vereinbarung, dass zwei weitere Spitzentreffen angesetzt würden. Diese fanden am vergangenen Wochenende statt - bis um halb sechs Uhr morgens am Montag. Also in der Verlängerung. Nun braucht es noch eine Abstimmung bei den Aeropers-Mitgliedern, die angesichts der mühseligen Verhandlungen Formsache sein dürfte.

Mehr Lohn und bessere Einsatzpläne

Im Kern ging es Aeropers bei den Verhandlungen um eine bessere Vereinbarung von Privatem und Beruflichem. Denn die Pilotinnen und Piloten erhalten bis heute ihre Einsätze erst am 25. des Vormonats, was unter anderem die Planung der Kinderbetreuung, aber auch von anderen privaten Verpflichtungen und Ferien erschwert. Hier machte die Swiss deutliche Zugeständnisse. Künftig wird der der Einsatzplan eine Woche früher kommuniziert.

Ein weiterer Streitpunkt waren die Auslagerungen der Swiss an externe, günstigere Airlines. So führt seit vielen Jahren Helvetic Airways von Milliardär Martin Ebner Kurzstreckenflüge für die Lufthansa-Tochter durch. Und dieses Jahr kündigte die Swiss eine weitere so genannte Wet-Lease-Partnerschaft mit Air Baltic an, die sowohl von den Piloten als auch von den Flight Attendants scharf kritisiert wurde ( CH Media berichtete ). Laut Aeropers-Sprecher Thomas Steffen konnten bei diesem Thema allerdings keine Fortschritte erzielt werden.

Das Einstiegssalär eines Co-Piloten liegt heute bei rund 76’000 Franken pro Jahr. Laut Swiss-Sprecher Michael Pelzer steigt dieses jährlich um 4000 Franken. Das Basissalär eines Kurzstrecken-Kapitäns beträgt zu Beginn rund 140’000 Franken - mit einer jährlichen Lohnerhöhung von 3000 Franken. «Und das Basissalär eines Langstrecken-Kapitäns beträgt am Ende seiner Laufbahn potenziell mehr als 210’000 Franken», sagt Pelzer.

Hinzu kommen laut der Airline durchschnittlich 7000 Franken Spesen pro Jahr. Und bei einem guten Geschäftsverlauf gibt es einen variablen Gewinnanteil obendrauf, der im Schnitt bei 15 Prozent des Basissalärs liegt, im Maximum laut Pelzer aber auch 30 Prozent betragen kann. Die Pensionskasse der Pilotinnen und Piloten wird zu 100 Prozent durch die Swiss finanziert, und das ordentliche Pensionierungsalter liegt bei 61 Jahren.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hiess es, die Einigung sei um 04h30 Uhr zu Stande gekommen. Korrekt ist, dass dies erst um 05h30 der Fall war.